Peter Schröcksnadel: Der Alpenkönig

Kein anderer Österreicher vermarktet Skilauf, Schnee und Pisten so perfekt wie Peter Schröcksnadel.
Der machtbewusste ÖSV-Präsident hat rund um den Skisport einen erfolgreichen Konzern aufgebaut.

Ecclestone des Skisports", "Alpen-Napoleon" oder ganz einfach "da Präsident". Auf Peter Schröcksnadel passen diese Bezeichnungen irgendwie alle. Kein anderer Österreicher vermarktet Skilauf, Schnee und Pisten so perfekt. Für den Sport und für sich selbst. Der 73-jährige Tiroler ist als ÖSV-Präsident der mächtigste und erfolgreichste Sportfunktionär des Landes. Und er baute ein Firmenimperium auf, dessen Organigramm locker eine Doppel-Seite des KURIER füllen würde.

Wer eine derartige Karriere hinlegt, braucht viel Durchsetzungskraft. "Ein extremer Machtmensch, gewiefter Taktiker und brillanter Stratege", charakterisiert ihn ein Insider. Der lieber nicht genannt werden will. Denn mit Kritikern geht der Präsident nicht gerade zimperlich um. Zuletzt musste diese Erfahrung der ehemalige Planai-Chef Ernst Trummer machen, der sich mit Schröcksnadel bei der WM in Schladming anlegte. So schnell konnte der Bergbahnen-Manager gar nicht schauen, wie er von VP-Landeshauptmann-Vize und Schröcksnadel-Freund Hermann Schützenhöfer abmontiert wurde.

Im ÖSV, monieren kritische Beobachter, umgebe sich Schröcksnadel nur mit Ja-Sagern. Alle Macht dem Präsidenten – wer nicht bedingungslos für mich ist, ist gegen mich. "Stimmt nicht, ich bin nicht beratungsresistent. Wenn jemand seinen Standpunkt entsprechend vertreten kann, höre ich sehr genau zu", hält sich Schröcksnadel sehr wohl für kritik- und konsensfähig. Dass er den ÖSV mit harter Hand und absolut autoritär führt, würde er so nicht formulieren: "Sagen wir lieber, ich bin konsequent. Ich kann doch nicht dauernd die Linie verlassen". Klar habe er das Sagen, "ich bin ja schließlich der Präsident".

Als er 1990 antrat, befand sich der Verband in einem jämmerlichen Zustand. Heillos überschuldet, am Gängelband der Sportartikelfirmen und magere 38 Millionen Schilling Budget. Ähnlich wie Bernie Ecclestone im Formel-1-Zirkus konzentrierte Schröcksnadel die Marketingrechte, die an Agenturen vergeben waren, für alle inländischen Rennen auf den ÖSV. Dasselbe gilt auch für die heimischen Ski-Asse. Der Verband nimmt von den Athleten dafür zehn Prozent der Gagen, die für die Nachwuchsarbeit verwendet werden.

Heute hat der ÖSV ein Budget von 44 Millionen Euro und ist schuldenfrei. Nur fünf Prozent steuert die öffentliche Hand bei. "Der große Erfolg ist die Unabhängigkeit des ÖSV, der geführt wird wie eine private Firma", zieht Schröcksnadel stolz Bilanz. Er legt Wert darauf, dass er seine Spesen (Flüge, Hotels) als ÖSV-Boss aus der eigenen Tasche bezahlt.

Der ehemalige ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel war von Schröcksnadels Erfolgs-Slalom schwer beeindruckt und wollte ihn als Wirtschaftsminister in die schwarz-blaue Regierung holen. Doch für einen Politiker ist der leidenschaftliche Entrepreneur denkbar ungeeignet. Was Netzwerken betrifft, können die meisten Politiker freilich noch viel von ihm lernen. Schlitzohr Schröcksnadel kann mit allen gut, die ihm hilfreich sein könnten. Zum 70er heftete Norbert Darabos, SPÖ, dem "Alpha-Tier des österreichischen Sports" das Große Ehrenzeichen der Republik an die Brust.

Über seine Firmengruppe will Schröcksnadel lieber nicht sprechen. Er hat es satt, ständig Spekulationen über Zusammenhänge, die sogenannten Synergien, zwischen seinem privaten Königreich und der ÖSV-Tätigkeit zu dementieren. Direkte Verbindungen gibt es tatsächlich nicht, dafür ist Schröcksnadel viel zu klug. Doch ein Tür-Öffner ist die Position allemal. "Schwer, Nein zu sagen, wenn ein Unternehmen was will, das dem Präsidenten des ÖSV gehört", meint ein Kunde.

Als der Präsident in den ÖSV einzog, war seine 1964 gegründete Sitour bereits ein kleineres, mittelständisches Unternehmen. Schröcksnadel, der sein Jus-Studium schmiss, um sich als Unternehmer zu versuchen, hatte einem Schweizer die Lizenz für Pistenmarkierungen abgekauft. Die Sitour stellte Pistenleitsysteme und Panorama-Tafeln auf und sicherte sich dafür die Werberechte in den Skigebieten. Inzwischen ist das Unternehmen weltweiter Marktführer und in 1000 Skigebieten in Europa, den USA, Kanada und Japan mit 60.000 Werbeflächen präsent. Die anfänglich handgemalten Tafeln sind längst interaktiven Multi-Media-Systemen gewichen.

Das zweite Standbein ist die im Inland 180 Mitarbeiter große Feratel. Diese Story begann mit Webcams in Skigebieten. Feratel erfand das Panorama-Fernsehen. Von mehr als 440 Kamera-Standorten in zahlreichen Ländern werden Panoramabilder und Wetterdaten live an Fernsehstationen, ins Internet und auf Handys geliefert. Zudem kooperiert ein Reservierungssystem mit Tourismus-Portalen.

Beide Unternehmen haben eine Vielzahl von Tochtergesellschaften im In- und Ausland. Ein Überblick über das verschachtelte Firmenkonstrukt ist von außen unmöglich, Schröcksnadel nennt nicht einmal Umsatzzahlen.

Die zehn Skigebiete, die sich von der Schweiz über Südtirol bis Niederösterreich erstrecken, ergänzen den Konzern perfekt. Das Business-Modell: Man kauft sich billig in darniederliegende Regionen ein, installiert ein professionelles Management, investiert und modernisiert die Anlagen mithilfe von öffentlichen Subventionen und fährt nach einigen Jahren Gewinne ein. Ziemlich verzweifelt bat ihn beispielsweise Niederösterreich, am insolventen Hochkar einzusteigen. Inzwischen werden auch dort, wie in allen anderen Gebieten der Gruppe, operativ Gewinne erwirtschaftet. Das schnelle Geld ist so nicht zu machen, doch langfristig rechnet sich die Strategie. Am Patscherkofel allerdings riss Schröcksnadel einen Stern. Er übernahm die veralteten Liftanlagen am Hausberg der Innsbrucker vor fast 20 Jahren um drei Millionen Schilling. Nach heftigen Zerwürfnissen mit der Stadt – der Präsident kann sehr emotional werden – stieg Schröcksnadel im Vorjahr wieder aus. Die Stadt legte ihm zwar 10,7 Millionen Euro hin, doch Schröcksnadel hatte 30 Millionen Euro investiert.

Auch der Börsegang der Feratel war kein gutes Geschäft, zumindest nicht für die Aktionäre. Sie hatten in der Hoffnung auf das goldene Händchen des Präsidenten Aktien erstanden. Das Kapitalmarkt-Abenteuer kam die Anleger teuer. Sie erhielten nach dem Abkehrschwung der Feratel von der Börse 4,90 Euro je Aktie. Der Ausgabekurs lag bei 16,50 Euro.

Kein Geschäft für den Präsidenten war angeblich auch der Verkauf seines Hälfte-Anteils am Wettersender TW1 an den ORF. Die Nahebeziehung des ÖSV zum Staatsrundfunk stößt den privaten Sendern natürlich schwer auf. Bis 2017 sind alle Senderechte ausschließlich an den ORF vergeben. Die Privaten gingen bei der Ausschreibung 2012 allesamt leer aus. Der ORF habe nun einmal die höchste Reichweite und das beste Angebot gelegt, argumentiert Schröcksnadel.

Im Gegensatz zum ÖSV kümmert sich der Boss in seiner Unternehmensgruppe nicht mehr ums Tagesgeschäft, sondern präsidiert als Vorsitzender des Aufsichtsrates. Sohn Markus, 50, führt operativ die Geschäfte. Im Netzwerken soll der Junior, Vizepräsident des Tiroler Skiverbandes, dem Senior nicht mehr viel nachstehen.

Der ehrgeizige Vater hat dafür mehr Zeit zum Skifahren. Auf der Piste kennt der verhinderte Rennläufer keinen Spaß. Späte Genugtuung: Er gewann mehrmals die Senioren-WM. Seine zweite große Leidenschaft ist das Fischen, etwa am Okanagan Lake in Kanada. Schröcksnadel, der als einer der weltweit zehn besten Fliegenfischer gilt, besitzt in British Columbia ausgedehnte Latifundien. Nach dem idyllisch gelegenen See hat er übrigens seine 2001 gegründete Privatstiftung benannt.

Das Firmen-Imperium

1964 gründete der Tiroler die Sitour. Die Firma ist heute als Weltmarktführer in 1000 Skigebieten in Europa, den USA, Kanada und Japan mit 60.000 Werbeflächen präsent und bietet interaktive Multi-Media-Systeme an.

Die Feratel liefert von mehr als 440 Kamera-Standorten live Panoramabilder und Wetterdaten an Fernsehstationen, ins Internet und für Handys. Zur Gruppe gehören zehn Skigebiete von der Schweiz und Südtirol bis Niederösterreich.

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