Penninger: "Wer mich nicht duzt, fliegt raus"

Penninger: "Wer mich nicht duzt, fliegt raus"
Die Serie zu Wirtschaft, Krise und alternativen Sichtweisen – mit Gästen, die nicht jeden Tag auf Wirtschaftsseiten zu Wort kommen.

Drei Milliarden Euro zur Rettung einer Bank oder in die Forschung investiert? Da muss Top-Wissenschaftler Josef Penninger nicht zwei Mal überlegen.

KURIER: Herr Penninger, Sie zählen als eines der heißesten österreichischen Nobelpreis-Eisen. Sind Ihnen Titel denn wichtig?
Josef Penninger: Sagen wir mal so: Jeder Student, der mich nicht duzt, fliegt aus meinem Büro. Das rührt aus meiner Zeit in Nordamerika. Denen sind Titel so was von egal. Da ist man nur so gut wie seine letzte Studie. Jemand hat einmal gesagt: Die beste Methode, einen Nobelpreis zu bekommen, ist, möglichst alt zu werden. Da sterben die Konkurrenten zwangsläufig weg (lacht).

Verfinstert sich Ihre Laune denn, wenn Sie sehen, wie schnell die öffentliche Hand Milliarden für Bankenrettungen auftreibt und bei Forschung und Entwicklung muss man um jeden Euro kämpfen?
Durchaus! Wir wissen ja alle, woher unser Wohlstand kommt: Aus Forschung und Innovation. Die Krise wäre eine Riesenchance, da was weiterzubringen. Österreich steht ja noch vernünftig da. Jetzt wäre die Zeit, ordentlich zu investieren.

Sie haben einmal von einer zusätzlichen Forschungsmilliarde gesprochen.
Ja, das wäre das Minimum. Budgets einzufrieren, das ist doch bitte keine vernünftige Forschungspolitik.

In Zeiten der Krise wird der Gürtel eben reflexartig enger geschnallt ...
Als Staatsgebilde, wo wollen wir da wirklich investieren? Wieder drei Milliarden in eine Bank stecken? Oder das Geld lieber in gute Unis investieren, wo man weiß, am Ende kommt was raus.

Wird allerorts gespart?
Ja, auch in den USA. Positiv hervorzuheben sind Deutschland und die Schweiz. Dort werden fleißig die Budgets erhöht. Und was passiert? US-Forscher oder Top-Leute aus Europa, die in den USA waren, kommen zurück. Diese Länder, die jetzt investieren, werden in 15 Jahren massiv eincashen.

Man sieht, Top-Forscher wie auch Spitzenmanager folgen dem Ruf des Geldes. Wie sehen Sie die Diskussion um Millionen-Boni in der Wirtschaft?
Wissenschaftler sind massiv unterbezahlt. Banken hingegen sollten sich schon zusammenreißen und gerade jetzt keine Boni zahlen. Das schaut schon sehr schlecht aus, was die da zurzeit machen. Um Staatsgeld fragen und dann trotzdem Milliardengewinne einstreifen – weil weitergespielt wird. Da müsste man schon die Leinen anziehen.

Sie gelten als Forscher mit unternehmerischem Gespür. Macht Sie das zu einem besseren Wissenschaftler?
Nein, das nicht unbedingt. Aber ich hab mein Geschäft in Kanada an der Universität von Toronto gelernt. Mein Gehalt wurde von Amgen bezahlt, das damals zum größten Biotech-Unternehmen der Welt aufgestiegen ist. Dort hab ich die Wechselwirkung Wirtschaft – Forschung hautnah miterlebt. In Nordamerika ist es ja gewünscht, dass Leute an den Unis
Firmen gründen.

Diesen Weg haben Sie auch eingeschlagen.
Als ich nach Wien gekommen bin, habe ich eine Firma gegründet, Apeiron, die hat sich super entwickelt. Ich hab mir gedacht, ich red’ nicht nur groß, was man alles tun kann, sondern nehme mein eigenes Geld in die Hand und gründe was. Mittlerweile hab ich ein super Investorenteam um mich. Aber am Anfang hatte ich ein paar schlaflose Wochen.

Mit Beteiligungskapital schaut es in Österreich ja nicht so rosig aus.
Das ist wirklich ein Problem. Einen guten Freund von mir, einen sehr reichen Chinesen, der einige Biotech-Firmen hält, habe ich immer versucht zu überzeugen, dass er auch bei uns investiert. Seine Antwort: Nur wenn ihr nach Boston, London oder Schanghai geht. Wien sei ein schöner Ort, wo er sich z.B. ein Hotel kauft. Aber Biotech? Uninteressant. Unter diesen Umständen hat sich Biotech in Wien ja wirklich gut entwickelt.

Aber woher kommt dann das nötige Startkapital?
Bei Apeiron hab ich es mit Freunden und Familie gemacht – ein sehr interessantes Beteiligungskonzept ... Aber ich hätte schon gerne Venture Capital (Risikokapital) gehabt. Dennoch, ich tendiere dazu, das Geld, das ich verdiene, zu reinvestieren. Ich glaube, das ist auch vernünftig – wer weiß, wo uns die Inflation hintreibt. Man könnte auch ein Haus in Wien kaufen. Aber das ist von der Rendite her nicht gerade interessant. Die Zeit wäre reif, dass die Leute aufhören, auf ihrem Geld zu sitzen, und stattdessen in Firmen investieren.

Zur Person: Josef Penninger

Genetiker Der 48-jährige Oberösterreicher ist einer der gefragtesten Immunologen der Welt. Nach seinem Medizinstudium in Innsbruck forschte Penninger 13 Jahre in Kanada. 2003 kehrte er nach Österreich zurück und leitet seither das damals neu gegründete Institut für Molekulare Biotechnologie an der Akademie der Wissenschaften in Wien. Penninger gilt als der Popstar unter den heimischen Wissenschaftlern. In seinen Forschungen widmet er sich Herz- und Lungenerkrankungen, Autoimmunkrankheiten, Störungen des Knochenstoffwechsels und Krebs. Er zeigte unter anderem, dass Osteoporose genetisch veranlagt ist.

Fußball-Fan Penninger ist mit einer chinesisch-stämmigen kanadischen Ärztin verheiratet und hat drei Kinder. In seiner Freizeit jagt der Genetiker ein Mal die Woche, unter anderem gemeinsam mit Alt-Kanzler Wolfgang Schüssel, dem Fußball hinterher.

Bisher erschienen in der KURIER-Sommerserie "Das andere Interview":

Hannes Jagerhofer

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