Jährlich würden auf EU-Ebene rund 100 Patente auf Pflanzen aus herkömmlicher Zucht beantragt, kritisiert Dagmar Urban, Leiterin des Bereichs Politik bei Arche Noah. Sie sieht die Vielfalt „auf unseren Feldern, auf unseren Tellern und in unseren Gläsern bedroht“.
Ähnlich sieht das Nikolaus Riegler von der Kärntner Brauerei Hirter: „Multinationale Konzerne versuchen, sich Rohstoffe und dementsprechend auch die Früchte dieser Rohstoffe zu sichern. Das muss uns nachdenklich stimmen.“ Die unternehmerische Freiheit heimischer Brauereien könnten in Zukunft durch derartige Patente empfindlich eingeschränkt werden. Nicht nur die Stämme, sondern auch die daraus entwickelten Sorten sowie Mälzungsverfahren seien betroffen.
Zum Heineken-Konzern gehört in Österreich die Brau-Union mit Marken wie etwa Gösser, Schwechater, Zipfer, Puntigamer, Reininghaus, Wieselburger oder Villacher Bier. Daher die Vorbehalte der kleineren und mittleren Brauereien.
Die Arche Noah hat nun die Petition „Missbrauch des Patentrechts stoppen“ zur Unterschrift aufgelegt. 16.000 haben bisher unterzeichnet. „Patente auf Verfahren, die auf Kreuzung, Selektion oder zufälligen Mutationen beruhen“, sollen verboten werden. Schließlich geht es nicht nur um Braugerste, sondern auch um andere Lebensmittel. Daher müsse nun die Politik rasch eingreifen.
Eigentlich sollte es in der EU seit 2017 nur möglich sein, Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen anzumelden. Das gilt jedoch nicht für Anträge, die zuvor eingebracht worden sind. Daher ist es rechtlich unmöglich, gegen die Patente auf Braugerste vorzugehen.
Eine Klage gegen die drei Patente von Carlsberg und Heineken bleib ohne Erfolg. Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes hat im Juni 2021 die Löschung abgelehnt. Einen kleinen Erfolg gab es trotzdem. Im November 2021 wurde bekannt, dass die Braukonzerne auf eines ihrer Patente verzichten. Der Grund dafür ist nicht bekannt.
Die Arche Noah und die Privatbrauereien drängen darauf, die rechtlichen Schlupflöcher bald zu schließen. In Österreich ist man sich da weitgehend einig. Allerdings bedarf es für eine rechtliche Klarstellung Verbündete in der EU.
In der EU gilt bei natürlichen Züchtungen das sogenannte Züchterprivileg. Die Sorte darf nicht nachgezüchtet und verkauft werden. Es ist allerdings erlaubt, dass die geschützte Sorte uneingeschränkt und ohne Zustimmung des Züchters als Ausgangsmaterial für die Züchtung weiterer Sorten verwendet werden kann. Das ist bei einer patentrechtlich geschützten Sorte nicht möglich. Es drohen hohe Strafen.
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