Onlinehandel eröffnet die Preisschlacht bei Arzneien

Voraussichtlich Mitte 2015 fällt das Versandverbot für österreichische Apotheker.
Ab Mitte 2015 wollen auch 65 heimische Apotheken erstmals ins Netz gehen.

Voraussichtlich Mitte 2015 fällt das Versandverbot für österreichische Apotheker. Fast jeder dritte Österreicher hat schon einmal online Medikamente gekauft, sagt eine Studie des auf die Pharmaindustrie spezialisierten Beratungsunternehmens Sempora. Mehr als ein Dutzend Online-Apotheken sind in Österreich aktiv – allesamt mit Sitz außerhalb der Landesgrenzen, allen voran in Deutschland. Österreichischen Apothekern ist der Versandhandel dagegen noch untersagt. Voraussichtlich Mitte 2015 wird das Arzneimittelversandverbot aber auch in Österreich fallen.

"Robin Hood"

Rund 65 österreichische Apotheker scharren bereits in den Startlöchern, so die Sempora-Umfrage. Für Konsumenten wird der neue Konkurrenzkampf wohl günstigere Preise bringen. Knapp die Hälfte der befragten Apotheker erwarten innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre einen spürbaren Preisverfall bei Over-the-counter-Produkten (OTC), also rezeptfreien Medikamenten wie zum Beispiel Aspirin oder Bepanthen. Auch Studienautor Hagen Sexauer geht davon aus, dass „Pharmaindustrie und Apotheken Deckungsbeitrag abgeben werden“. Derzeit ist der OTC-Markt in Österreich 690 Millionen Euro schwer, im Vorjahr ist er um zehn Prozent gewachsen.

Harald Gutschi, Chef der zum deutschen Otto-Konzern gehörenden Unito-Gruppe (unter anderem Universal, Otto und Quelle Versand), sieht sich neuerdings gar als „Robin Hood der Konsumenten“.

Grund: Im Februar hat Unito eine Kooperation mit apotheke-österreich.at gestartet, die seitdem aus dem tschechischen Varnsdorf Onlinebestellungen aus Österreich entgegennimmt. „Im Durchschnitt kosten die Arzneimittel um zwanzig Prozent weniger als in der Apotheke“, betont Gutschi. Der Onlinehandel mit Medikamenten sei einer der letzten großen Wachstumsmärkte in Österreich, fügt er hinzu. Hinter apotheke-österreich.at steht die Innsbrucker Curator Holding, die bereits an eine Expansion nach Deutschland und in die Schweiz denkt. „Wir haben seit Februar eine halbe Million Umsatz gemacht“, sagt Dieter Duftner, Managing Partner der Curator Holding. Der Jahresumsatz soll bis 2019 auf 20 Millionen Euro steigen. Die Medikamente werden im österreichischen Großhandel bestellt und während der Nacht von DHL von Varnsdorf nach Österreich geliefert. Das soll sich laut Duftner auch nach dem Fall des Versandverbotes in Österreich nicht ändern.

Onlinehandel eröffnet die Preisschlacht bei Arzneien

Experten warnen, dass Arzneien zu Konsumgut werdenViele Experten sehen den Arzneiversand zwiespältig. Für informierte Patienten sei das ein begrüßenswerter Service, sagt ein Pharmakologe. Andererseits heiße rezeptfrei nicht automatisch harmlos: Denn diese Produkte können bei unsachgemäßer Verwendung gefährlich sein – auch der Missbrauch rezeptfreier Schmerzmittel könne zu schwerwiegenden Leber- und Nierenschäden führen. Befürworter wiederum argumentieren, dass es in der Apotheke nicht beim Kauf jeder Packung Schmerzmittel eine Beratung gebe.

Gegner des Versandhandels meinen wiederum, dass durch den Versandhandel die Hemmschwelle sinke, Arzneimittel einzunehmen, diese also zum Konsumgut verkommen und die Thematik verharmlost werde. Als Alternative hat der Apothekerverband (die Interessensvertretung der selbstständigen Apotheker) das Webportal apodirekt.at gestartet. Kunden können sich dort ihre Bestellung rezeptfreier Medikamente online zusammenstellen und diese dann in einer Apotheke ihrer Wahl abholen. So bleibe die Beratungsmöglichkeit erhalten.

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