OMV – Gazprom: Der "vergessene" Deal

Russischer Energiemulti Gazprom.
Insider vermuten massives Interesse an Technologien.

Es gebe keinen Deal im Hintergrund, ganz sicher nicht, schworen die Beteiligten, als vergangenen Freitag die Vereinbarung zwischen Gazprom und der OMV unterschrieben wurde. Tatsächlich nicht?

Beim Riesen-Aufmarsch in St. Petersburg – OMV-Chef Rainer Seele, Gazprom-Boss Alexey Miller, Finanzminister Hans Jörg Schelling, IPIC-Chef Suhail Mohamed Faraj Al Mazrouei, Energieminister der Emirate und dessen russischer Amtskollege Alexander Novak – wurde doch glatt auf ein Abkommen vergessen. Zwischen Gazprom und dem Chemiekonzern Borealis.

Diese Absichtserklärung war kurz zuvor unterschrieben worden und wurde lediglich in einer dürftigen Aussendung vermeldet, aber mit keinem Wort erwähnt. Inhalt der dreizeiligen Meldung: Borealis und Gazprom würden die "Potenziale für die Entwicklung gemeinsamer Gas- und Chemieprojekte in Russland evaluieren". Das war’s.

Borealis sah sich außerstande, gegenüber dem KURIER irgendwelche weiteren Erklärungen dazu abzugeben. Lediglich ein wenig aussagekräftiges Zitat von Borealis-Chef Mark Garrett wurde nachgeliefert. Der russische Gasmarkt biete "attraktive Optionen für Gas- und Chemieprojekte".

Stimmt schon, aber dass ausgerechnet dieses Thema beim Abfeiern in St. Petersburg unter den Tisch fiel, macht Insider hellhörig. Borealis ist die Cash-Cow der OMV und wurde immer wieder zum Spielball von Eigentümer-Begehrlichkeiten. 64 Prozent gehören der IPIC, dem Staatsfonds von Abu Dhabi, der gemeinsam mit der Republik Österreich die Mehrheit an der OMV hält. Diese ist Minderheitseigentümerin, hat aber bei den Stimmrechten das Sagen.

OMV – Gazprom: Der "vergessene" Deal
The production site of petrochemical group Borealis is pictured in Schwechat February 20, 2013. Borealis announced a net profit of 480 million euros ($ 636 million) in 2012, compared to EUR 507 million euros ($671 million) in 2011 on February 25, 2013. Picture taken February 20, 2013. REUTERS/Heinz-Peter Bader (AUSTRIA - Tags: BUSINESS)
Die Araber versuchten hartnäckig, Borealis einzukassieren. Der Chemiekonzern mit Head-Quarter in Wien fuhr im Vorjahr einen Rekordgewinn von 988 Millionen Euro ein und beschäftigt 6500 Mitarbeiter.

Für Borealis hätte eine Kooperation mit Gazprom den Vorteil, billig an den Rohstoff Gas zu kommen. Die mehrheitlich staatliche Gazprom, Russlands größter Konzern und direkt an der Leine von Präsident Wladimir Putin, ist noch nicht im Chemiegeschäft. Und bekäme einen weiteren Abnehmer fürs Gas.

Borealis Nummer eins bei Patenten

Was Borealis für Partner jedoch besonders interessant macht, ist die Technologie. Borealis ist Österreichs Nummer eins beim Europäischen Patentamt. 2014 wurden 139 Patente angemeldet, auch 2015 lag das Unternehmen auf dem Spitzenplatz.

Bei der OMV will man von Joint-Ventures zwischen Borealis und Gazprom noch lange nichts wissen. Die Absichtserklärung sei ein erster Schritt für eine mögliche langfristige Basis. Darüber hinaus gebe es nichts Konkreteres. Borealis sei kein Gegengeschäft für den Nordsee-Deal mit Gazprom, wird beteuert.

Bei der Suche nach einem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden für die OMV drängt die Zeit. Nach dem plötzlichen Rücktritt von Peter Oswald muss bei der Hauptversammlung am 18. Mai ein Nachfolger präsentiert werden. Das Nominierungskomitee diskutierte am Freitag eine Shortlist. Soviel ist fix: Siegfried Wolf steht nicht drauf.

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