OMV droht ein Telekom-Schicksal

OMV-Debakel mit Auswirkungen
Wie mit dem Vermögen der Steuerzahler umgegangen wird. Der nächste Übernahmekandidat?

Es geht um das wertvollste Asset der Firma Österreich. Um eines der international bedeutendsten Unternehmen dieses Landes, Schwergewicht an der Wiener Börse. Die Dimensionen: Knapp 27.000 Mitarbeiter, mehr als 42 Milliarden Euro Jahresumsatz. Auch wenn der operative Gewinn im ersten Halbjahr 2014 um die Hälfte einbrach, fuhr der Öl- und Gaskonzern immer noch 908 Millionen Euro ein. Und ist gemessen am Kurs der Aktie 8,1 Milliarden Euro wert.

Cashcow

31,5 Prozent hält die ÖIAG für die Republik Österreich. Die OMV ist die Cashcow der Staatsholding. Zu den Beteiligungserträgen der ÖIAG von insgesamt 196 Millionen Euro steuerte die OMV zuletzt 128 Millionen Euro bei.

Ausgerechnet der beste Dividendenlieferant und wichtigste Energieversorger der Republik ist in eine Schlammschlacht geraten, die ihresgleichen sucht. Derzeit löst sich, wie ausführlich berichtet, gerade der Vorstand unter Noch-Chef Gerhard Roiss auf, über die Strategie wird gestritten, was das Zeug hält. Interimistischer Nachfolger von Roiss soll sein Vorstandskollege David C. Davies werden. Mittendrin im verbissenen Hauen und Stechen rudert der völlig überfordert wirkende ÖIAG-Chef Rudolf Kemler als Aufsichtsratsvorsitzender der OMV.

Das Zündeln kann sich zum Flächenbrand auswachsen. Die IPIC, der Staatsfonds von Abu Dhabi, hält 24,9 Prozent an der OMV und hat den Anteil mit der Staatsholding syndiziert. Die Abu Dhabis sind schon seit Längerem unzufrieden mit der Performance ihrer Beteiligung und der Strategie. In der IPIC fand ein Generationenwechsel statt. Die älteren Herren, die gerne zum Shoppen und zu Bar-Besuchen nach Wien flogen, wurden von einer jungen, top-ausgebildeten und entsprechend kritischen Manager-Riege abgelöst.

Bisher haben sich die Araber als zuverlässige Mitaktionäre gezeigt, aber das kann sich rasch ändern, meinen Analysten. Die Perspektive der OMV ist durchwachsen. Die Prognosen für die Öl- und Gas-Exploration sind zu optimistisch, attestierte jüngst eine Analyse des internationalen Beraters MTG. Der etliche interne und externe Risiken aufzeigte und das Risiko-Management bei neun von 15 Explorations-Projekten als "poor" einstufte. Im wichtigsten Herkunftsmarkt Libyen kam die Förderung praktisch zum Stillstand und wird so bald nicht wieder anlaufen. Der Gasabsatz ist rückläufig, die Preise verfallen und das Tankstellengeschäft bringt keine Gewinne.

Sollten die Aktionäre vom Golf tatsächlich aussteigen, ist die OMV der nächste Übernahmekandidat der Staatsholding. Der russischen Gazprom wurde bereits Appetit nachgesagt, der Energie-Gigant dementierte. Das heißt aber nur so viel, dass die Gazprom innerhalb der Frist von einem Jahr kein Übernahmeangebot stellen darf. Die ÖIAG hat ein Vorkaufsrecht, doch angesichts der knappen Staatskasse wird sich die Republik einen solchen Deal kaum leisten können.

Das Außenwirtschaftsgesetz soll zwar vor einer unfreundlichen Übernahme von außerhalb der EU schützen, aber das ist auch nur Theorie. Der Telekom-Riese America Movil des Milliardärs Carlos Slim hat heute die Mehrheit an der Telekom Austria, ohne dass dieses Gesetz strapaziert worden wäre.

Mexikaner haben Sagen

Bei der Telekom haben die Mexikaner das Sagen, die ÖIAG darf mit ihren 28,4 Prozent nur noch brav apportieren. Jahrelang schaute die Staatsholding zu, wie das Unternehmen immer schwächer wurde und holte trotzdem noch Dividenden heraus. Die SPÖ wetterte von Beginn an gegen den Deal, konnte ihn aber nicht verhindern. Der wirtschaftlich unbedarfte damalige ÖVP-Chef und für die ÖIAG zuständige Finanzminister Michael Spindelegger war zu blauäugig. Inzwischen bedauern selbst Spitzenvertreter der ÖVP die Übernahme der Telekom.Die Regierung will sich die Verfügungsgewalt über das in der ÖIAG geparkte Staatseigentum (neben OMV und Telekom noch die Mehrheit an der Post) zurückholen, will den sich selbst erneuernden ÖIAG-Aufsichtsrat unter Führung von Siegfried Wolf abschaffen und das Kontrollgremium wieder nach dem Aktienrecht besetzen. Hier geht es nicht um Parteipolitik, sondern darum, dass die Regierung, die auch die Verantwortung für die ÖIAG hat, nicht mehr tatenlos zuschauen will, wie mit dem Eigentum der Steuerzahler umgegangen wird.

Die Regierung ist empört über das Chaos bei der OMV, hat aber beim wichtigsten staatsnahen Großunternehmen keinerlei Handhabe. Im ersten Quartal 2015 soll die Änderung des ÖIAG-Gesetzes beschlossen werden. Das wollten schon Faymann/Spindelegger, doch mit VP-Chef Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling stehen die Chancen besser. Alle Beteiligten beteuern, dass keine Politgünstlinge in den Aufsichtsrat gehievt werden sollen. Warten wir’s ab.Auf ÖIAG-Chef Kemler, der Roiss vermutlich nicht "überleben" wird, könnte Ungemach zukommen. Muss der OMV-Boss tatsächlich Mitte 2015 gehen, stehen ihm etliche Millionen Abfindung zu. Er ist mit 3,4 Millionen Jahressalär der bestverdienende Vorstand aller im ATX gelisteten Unternehmen. Doch Roiss wurde erst im September 2013 bis zum Frühjahr 2017 verlängert. Das geht aufs Konto der ÖIAG, die Abu Dhabis wollten Roiss nur um ein Jahr verlängern. Daher könnten sich für Kemler Haftungsfragen stellen.

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