OMV: Die Russland-Connection

Rainer Seele
Der neue Chef ist eng mit Gazprom vernetzt – kommt der Energieriese durch die Hintertüre?

Übernimmt mit dem Deutschen Rainer Seele ein Putin-Versteher bei der OMV das Steuerruder, der den Einstieg des russischen Energieriesen Gazprom beim heimischen Öl- und Gaskonzern ebnet?

An den Befürchtungen kritischer Beobachter, dass sich die Russen bei Österreichs wichtigstem Energieversorger einschleichen könnten, ist einiges dran. Die OMV ist ein attraktives Übernahmeziel für die Energie-Giganten im Reich Putins. Strategisch am interessantesten ist die Mehrheitsbeteiligung am rumänischen Öl- und Gaskonzern Petrom. Wer sich die OMV krallt, hätte auch einen Fuß im westlichen Teil der Nordsee.

Der neue OMV-Boss (ab 1. Juli ) ist seit 2009 Vorstandsvorsitzender des deutschen Öl- und Gasproduzenten Wintershall. Die Tochter des weltgrößten Chemiekonzerns BASF ist mit 2500 Mitarbeitern wesentlich kleiner als die 25.000 Beschäftigte zählende OMV, aber hochprofitabel. Und einer der engsten Partner von Gazprom. Zur Relation der Größenordnungen: Die mehrheitlich staatliche Gazprom ist mit einer Marktkapitalisierung von rund 100 Milliarden Euro und 400.000 Mitarbeitern der größte Player an der Moskauer Börse.

Klar, dass die Bestellung von Seele zum Nachfolger des mit üblen Methoden vorzeitig hinausgedrängten OMV-Chefs Gerhard Roiss in der Öl- und Gasbranche wilde Spekulationen beflügelt. Noch dazu, weil dem Staatsfonds von Abu Dhabi (IPIC) nachgesagt wird, aus der OMV aussteigen zu wollen. Die Araber halten 24,9 Prozent und sind mit der rot-weiß-roten Staatsholding (31,5 Prozent) syndiziert. Können aber laut Syndikatsvertrag ihre OMV-Aktien seit heuer auf den Markt werfen. Da kann Rudolf Kemler, Noch-Aufsichtsratschef der OMV und Übergangs-Geschäftsführer der neuen Staatsholding ÖBIB, einen Ausstieg der Abu Dhabis noch so oft "ins Reich der Fabeln" verweisen. Kemler, der sich im Mai auch als OMV-Aufsichtsratspräsident verabschieden muss, nimmt ohnehin keiner mehr ernst.

Alles Fragen, die auch an Finanzminister Hans Jörg Schelling zu richten sind. Die Politik hat sich die Staatsholding bekanntlich wieder zur Brust genommen und Schelling traf den neuen OMV-Boss am Donnerstag zum Gespräch. Als oberster Eigentümervertreter der Republik hat Schelling die Entscheidung mit den Abu Dhabis abgestimmt.

Der Grüne Peter Pilz kündigt im KURIER-Gespräch eine parlamentarische Anfrage an Schelling an. Pilz vermutet hinter dem Wechsel des Wintershall-Managers eine ganz gezielte Strategie: "Man muss sich Herrn Seele ganz genau anschauen – seine Verbindungen, seine Prioritäten. Die Republik muss extrem aufpassen, dass Gazprom nicht durch die Hintertüre herein kommt".

Kurzfristiges Ziel von Gazprom sei die Petrom, "langfristiges Ziel ist die OMV selbst". Pilz hatte im Vorjahr über Verhandlungen zwischen Gazprom und den Abu Dhabis berichtet, die Russen dementierten.

Bereits unmittelbar nach seiner Bestellung am Freitagabend sprach Seele von der Notwendigkeit, die Gaslieferungen der Gazprom über die Ukraine neu auszurichten. Gerade die OMV müsse sich "in diesen Prozess einbringen", um die Schlüsselrolle als Knotenpunkt für Gaslieferungen aus Russland nach Zentral- und Mitteleuropa zu behalten. Der studierte Chemiker pflegt nicht nur als Wintershall-Chef engste Connections zu Moskau, er ist seit 2012 Präsident der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer. Wintershall hat Joint Ventures mit Gazprom und ist mit 15,5 Prozent an der Ostsee-Pipeline Nord Stream beteiligt, Gazprom hält die Mehrheit. Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream ist der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder (im Bild links bei einer Podiumsdiskussion mit Seele).

Ein Milliardendeal zwischen Wintershall und Gazprom scheiterte im Dezember an der angespannten politischen Lage gegenüber Russland. Wintershall sollte das gemeinsame Gashandels- und Speichergeschäft vollständig und das Nordsee-Engagement zu 50 Prozent an Gazprom abgeben. Im Gegenzug war die gemeinsame Erschließung von Gasfeldern in Westsibirien geplant. Die 24 Jahre alte Zusammenarbeit stellte Seele trotz der EU-Sanktionen nicht infrage und schickte Liebesgrüße nach Moskau: „Alte Liebe rostet nicht“.

Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, dass Ex-OMV-Chef Wolfgangs Ruttenstorfer nicht neuer OMV-Aufsichtsratspräsident werden darf, sondern der im Energie-Business unbedarfte Papiermanager Peter Oswald. Die ÖVP hatte sich für Ruttenstorfer stark gemacht, aber seine roten Parteikollegen bremsten, der KURIER berichtete. Mit der Begründung, Ruttenstorfer sitze im Board einer serbischen Gazprom-Beteiligung.Und der wesentlich enger mit Gazprom vernetzte Seele darf OMV-Boss werden? Die Presse berichtete nun, VIG-Manager Günter Geyer habe sich im Nominierungskomitee der Staatsholding gegen Ruttenstorfer quergelegt, der bis 2014 Aufsichtsratschef des Versicherungskonzerns war. Geyer dementiert.

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