Die mehr als vier Milliarden Euro teure Mehrheitsübernahme der Petrochemie-Gruppe Borealis durch die OMV muss ein Erfolg werden, die Aktionäre haben hohe Erwartungen. Der Deal war die bisher größte Übernahme in der österreichischen Industriegeschichte. Die OMV ist gerade dabei, sich neu zu erfinden – vom traditionellen, nur wenig zukunftsträchtigen Öl- und Gaskonzern in Richtung Petrochemie.
Damit alles formalistisch seine Ordnung hat, wird der Präsidialausschuss des Aufsichtsrates einen Suchprozess aufsetzen. Experten sind freilich überzeugt, dass es unter den CEOs in der heimischen Chemiebranche nur zwei Manager gibt, die eine solche Herausforderung stemmen könnten. Neben Stern wird auch Stefan Doboczky genannt. Der Chef des Faserherstellers Lenzing sitzt seit dem Vorjahr im Aufsichtsrat der OMV und gilt wohl eher als theoretische Option.
Fragt sich, ob Thomas Gangl im OMV-Vorstand bleiben würde. Er ist für die Raffinerien und für Petrochemie zuständig und stieg als Wunschkandidat von OMV-Chef Rainer Seele in den Vorstand auf. Doch die OMV braucht dringend die Expertise von Stern. Ob man sich zwei Chemie-Vorstände leisten will, ist fraglich.
Künftig mehr Frauen
Gut möglich, dass mittelfristig weitere Frauen in den Konzernvorstand einziehen. Ganz oben im Management ist die Luft für Frauen bei der OMV sehr dünn. Elena Skvortsova ist die einzige Vorstandsdirektorin, und das auch erst seit dem Sommer.
Vorstandspotenzial wird Christina Verchere attestiert. Die Britin war für BP tätig und ist 2018 Chefin des rumänischen OMV-Tochterkonzerns Petrom. Aber auch in der zweiten Ebene von Borealis gebe es hervorragende Managerinnen, hört man.
Der Vertrag von Konzernboss Seele läuft im Juni 2022 aus, mit der Option auf ein Jahr Verlängerung. Noch ist offen, ob Seele bzw. die Eigentümer diese Option ziehen.
Auch im Aufsichtsrat dürfte es zu weiteren Veränderungen kommen. Vorsitzender Wolfgang Berndt wurde wie berichtet durch den ehemaligen Borealis-Chef und Vorgänger von Stern, Mark Garrett, ersetzt. Berndt gehörte noch zur Partie der „alten ÖIAG“, ihm wurde offenbar von den Eigentümern nicht mehr zugetraut, den Borealis-Deal zu steuern.
Mit Garrett steht jetzt zwar ein Top-Manager an der Spitze des Aufsichtsrats. Aber das Gremium könnte durchaus zusätzliche Expertise vertragen, meinen Insider, die auf den Verbund verweisen. Die Staatsholding ÖBAG hat den Aufsichtsrat des Stromkonzerns mit internationalen Top-Experten aufgewertet. Da müsste bei der wesentlich größeren und internationaleren OMV doch auch mehr möglich sein.
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