OMV: Anzeige wegen Mittäterschaft bei Kriegsverbrechen
Die Menschenrechtsorganisation Centre for the Enforcement of Human Rights International (CEHRI) und die niederländischen Friedensorganisation PAX haben bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung gegen ehemalige Führungskräfte der OMV eingebracht. Dabei geht es um ein Ölförderprojekt im Sudan, an dem der Konzern von 1997 bis 2003 beteiligt war.
In dem von Bürgerkriegen geplagten Land kam es zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Die OMV war mit 26 an einem Konsortium unter Führung des schwedischen Unternehmens Lundin Oil (inzwischen in Lundin Energy umbenannt) beteiligt und soll davon profitiert haben. Die OMV bestreitet auf Anfrage des KURIER, für die Verbrechen mit verantwortlich zu sein.
Konkret gehe es um „systematische Bombardierung von Zivilisten, wahllose Bombardierung, Tötung und Verletzung von Zivilisten, Zerstörung von Privateigentum einschließlich lebensnotwendiger Güter, Entführung von Zivilisten, Brandstiftung, Plünderung und Vertreibung“ im Zeitraum von 1999 bis 2003, heißt es in einer Aussendung von CEHRI.
Das The Centre for the Enforcement of Human Rights International (CEHRI) ist eine Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Wien. Im Beirat sind unter anderem Manfred Nowak, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter und der ehemalige Diplomat und Bruno-Kreisky-Vertraute Wolfgang Petritsch.
Die Verbrechen werden nicht den Konzernen direkt angelastet. Lundin soll aber von der autoritären Regierung von Omar al-Bashir aber wiederholt verlangt haben, die Ölförderung mit Soldaten zu beschützen. Lundin und die OMV, so der Vorwurf, sollen von den Verstößen der Armee und mit dieser verbündeten Milizen gegen das Völkerrecht gewusst haben. Kritische Berichte zur Menschenrechtssituation und den Auswirkungen der Ölförderung im Sudan gab es bereits um die Jahrtausendwende.
Prozess in Stockholm
Die ehemaligen Lundin-Chefs Ian H. Lundin und Alex Schneiter stehen derzeit in Stockholm vor Gericht. Die OMV hat bereits in der Vergangenheit darauf verwiesen, dass die operative Leitung des Projekts bei Lundin lag. Auf Anfrage des KURIER sagte eine Sprecherin, die OMV habe keine Mitarbeiter vor Ort gehabt und verurteile "die behaupteten Menschenrechtsverletzungen".
"Allerdings hatte die OMV damals eine Politik, nach der alle ihre Investitionen, auch in Entwicklungsländern wie dem Sudan, ein hohes Maß an sozialer Verantwortung erforderten." Dementsprechend hätte das Unternehmen "einige humanitäre Projekte" unterstützt, die "der lokalen Bevölkerung in Gebieten rund um das Explorationsgebiet" zu Gute kommen sollten.
Aus unserer Sicht zeigen die Ermittlungen, dass das Militär und die mit ihm verbündeten Milizen systematisch Zivilisten angriffen oder wahllose Angriffe verübten. Zum Beispiel Luftangriffe von Transportflugzeugen, das Erschießen von Zivilisten aus Kampfhubschraubern, die Entführung und Plünderung von Zivilisten und das Niederbrennen ganzer Dörfer und ihrer Ernten, so dass die Menschen nichts mehr zum Leben hatten.
Von der schwedischen Staatsanwaltschaft vorgelegte Dokumente würden nun darauf hinweisen, dass die OMV sehr wohl mit verantwortlich sei, heißt es bei CEHRI auf Anfrage des KURIER. Zudem hätte sie mit einer Beteiligung von mehr als einem Viertel durchaus ein Mitbestimmungsrecht gehabt.
Die OMV verkaufte ihren Anteil an dem Projekt im Jahr 2003, unterm Strich entstand dem Konzern aus dem Engagement ein Profit von etwa 50 Millionen Euro, berichtete das Nachrichtenmagazin Profil. Die aktuelle Anzeige richtet sich gegen ehemalige Manager der OMV. Damit ist aber weder gesagt, dass die Staatsanwaltschaft Wien ein Ermittlungsverfahren einleitet, noch, dass die OMV als Unternehmen belangt wird.
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