Österreichische Investoren: Lust auf ukrainische Tankstellen

Lukoil will so rasch wie möglich 240 Ukraine-Tankstellen los werden.
Gruppe um Ex-OMV-Chef Ruttenstorfer verhandelt mit russischer Lukoil.

Es ist ein heikler Moment, aber wahrscheinlich eine einmalige Gelegenheit: Die österreichische Investorengruppe AMIC Energy Management GmbH , deren Aufsichtsratschef Ex-OMV-Boss Wolfgang Ruttenstorfer ist, verhandelt den Kauf der 240 Tankstellen und zwei Öllager, die Russlands zweitgrößter Ölkonzern Lukoil in der Ukraine besitzt.

Die Russen wollen sich so rasch wie möglich aus dem Land zurückziehen. Kein Wunder, sind doch einige ihrer Tankstellen schon Angriffsziele anti-russischer Aktivisten geworden. Erst zu Wochenbeginn haben militante Ukrainer mehrere Lukoil-Tankstellen besetzt und 2,5 bis drei Tonnen Treibstoff pro Monat für die Armee gefordert, berichten OSZE-Beobachter.

Die Österreicher sind sich der Risiken wohl bewusst. "Wir schauen uns das alles an und prüfen, ob das Tankstellen-Geschäft wirtschaftlich ist", erklärt Ruttenstorfer im Gespräch mit dem KURIER. Noch habe er selbst nicht in AMIC investiert. Das Unternehmen, das sich auf Beratung und Energieprojekte konzentriert, wurde erst im September vorigen Jahres gegründet. "Die Eigentümerstruktur steht noch nicht endgültig fest und wird sich im Zuge der Projekte entwickeln", erklärt der Ex-OMV-Chef.

Die Geschäfte der AMIC führt Günter Maier, der wie Ruttenstorfer aus der OMV kommt. Gründungsmitglied der AMIC Holding, Mutter der AMIC Energy, ist der frühere Vorstand der Raiffeisen Investment AG, Heinz Sernetz. Er hält einen Anteil von zehn Prozent. 40 Prozent gehören dem Finanzexperten Manfred Kunze, der mit dem Sanierer Erhard Grossnig 2002 um die Avanti-Tankstellen ritterte. Sie gingen schließlich aber an die OMV.

Jetzt könnte Kunze über die AMIC doch noch zum Tankstellen-Miteigentümer werden, falls der Deal mit Lukoil klappt. Der russische Privatkonzern, an dem Lukoil-Chef Vagit Alekperov selbst maßgeblich beteiligt ist, ist höchst besorgt, dass seine Geschäfte unter den Sanktionen gegen Russland stark leiden könnten. Der Zugang zu Finanzmittel werde wohl beschränkt, sagte Alekperov. Lukoil hatte sich für heuer ein 20 Milliarden Dollar (15 Milliarden Euro)-schweres Investitionsprogramm vorgenommen – unter anderem Ölexploration im Irak und im Kaspischen Meer. Verkäufe von Töchtern in Osteuropa könnten dem Konzern finanzielle Erleichterung bringen.

Leben voll Energie

Für Wolfgang Ruttenstorfer (63) wäre eine Beteiligung an den ukrainischen Tankstellen eine Rückkehr zu dem, was sein Leben über viele Jahre bestimmte: Öl, Gas, Tankstellen, Raffinerien. Bis auf drei Jahre, in denen er Finanz-Staatssekretär war, arbeitete der Sohn einer Raffinerieangestellten aus Korneuburg in der OMV. 2002 wurde er Chef des Konzerns, 2011 machte er Platz für Nachfolger Gerhard Roiss.

Dem Energiegeschäft blieb er dennoch treu: Im serbischen Ölkonzern Niz, der der russischen GazpromExport gehört, sitzt er im Aufsichtsrat. An der kleinen österreichischen Start-up Neovoltaic, das privaten Haushalten die Installation von Solaranlagen und Speicherbatterien anbietet, hat sich Ruttenstorfer beteiligt. Ob es der Ex-OMV-Chef mit all den Aktivitäten schafft, sein Ziel, "nur mehr 30 Stunden statt 60 und mehr pro Woche zu arbeiten", ist nicht ganz sicher.

Immerhin hat er auch den Aufsichtsratsvorsitz bei der CA Immobilien AG über und ist Mitglied des Kontrollgremiums des Flughafen Wien und der Volkstheater GmbH. Noch glaubt er, dass er Zeit für das haben wird, was er in seiner Berufslaufbahn zurückstellen musste: Familie, Sport und Klavier spielen.

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