Österreichs Konzerne: Liquidität steigt, Ratings werden schlechter

collection of report papers for business purposes, such as annual reports on a table.
Große Unternehmen stehen laut einer Studie zunehmend wirtschaftlich unter Druck. Zudem weisen sie in ihren Geschäftsberichten mögliche Probleme teilweise zu wenig aus.

Wie es um einen börsennotierten Konzern steht, kann aus dem jährlich erscheinenden Geschäftsbericht herausgelesen werden. Nicht alle Unternehmen halten Transparenz aber für gleich wichtig, wie eine Studie des Wiener Beratungshauses SLG Treasury GmbH zeigt. Dieses analysiert seit mehr als 20 Jahren die Berichte der größten Börsekonzernen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (exklusive Banken und Versicherungen). Und zwar, wie und was die Unternehmen über ihr Finanzrisiko-Management publizieren. Insgesamt sind es heuer 114 gelistete Unternehmen , davon 15 aus Österreich.

„Leider scheuen noch viele Unternehmen in ihren Geschäftsberichten konkretere Angaben zum finanziellen Risikomanagement“, sagen die Studienautoren Michael Juen und Bernhard Kastner im KURIER-Gespräch. „Wir sehen seit Jahren, dass die Informationen oft dürftig sind und hat sich auch in der aktuellsten Erhebung nicht geändert.“ Dabei werde in der Praxis „unserer Erfahrung nach mehr intern gemessen oder berichtet, als es nach außen hin kommuniziert wird“.

So etwa berichten 74 Prozent der untersuchten Unternehmen ihre Finanzstrategie. Ein Jahr zuvor waren es noch 78 Prozent. „Die Konkretheit der Zielvorgaben variiert dabei sehr stark““, so Juen. Formale Vorschriften würden erfüllt, aber man gehe nicht darüber hinaus. „Die Pflicht wird erfüllt, aber es fehlt oft die Kür.“

So geben nur 9 der untersuchten Konzerne eine Eigenkapitalquote als Ziel vor, hinsichtlich der Nettoverschuldung machen 12 Konzerne eine Angabe. Hingegen geben 81 Prozent der Mittel- und 98 Prozent der Großunternehmen Auskunft über Höhe der Gesamtkreditlinien.

Dabei stieg die verfügbare Liquidität (liquide Mittel und freie Kreditrahmen) im Vorjahr von 650 auf 674 Mrd. Euro (siehe Grafik). Das ist laut den Autoren auch auf ungenützte Kreditlinien zurückzuführen. Pro Unternehmen betrage die verfügbare Liquidität im Durchschnitt ca. 4 Monatsumsätze. „Eine solche Größenordnung an Reserven ist meist vernünftig, auch wenn es große Unterschiede nach Brachen gibt“, sagt Kastner.

Mehr verfügbare Liquidität ist also nicht zwingend ein gutes Zeichen für die Entwicklung der Gesamtwirtschaft. Denn in schwierigen Zeiten wie diesen sei der Aufbau eines finanziellen Puffers wichtig und die untersuchten Unternehmen haben daher in den letzten Jahren entsprechend gehandelt.

Ebenfalls nicht positiv entwickeln sich der Erhebung zufolge die Ratings. „Seit einigen Jahren beobachten wir innerhalb des Investment-Grade eine Verschiebung zu schwächeren Bonitätsstufen“, sagt Juen. 81 Prozent der Großunternehmen und 22 Prozent der Mittelunternehmen verfügen laut Studie über ein offizielles Rating. Dass einige namhafte Konzerne wie die voestalpine auf ein Rating verzichten, hänge auch damit zusammen, dass ein Rating mit hohen Kosten und Aufwand verbunden sei, das Ergebnis aber dazu führen könne, sich zu einer schlechteren Marge finanzieren zu müssen als ohne Rating. „Die Reputation eines bekannten Namens hat in einigen Fällen mehr Strahlkraft als eine externe Bewertung durch eine Rating-Agentur“, stellt Juen fest.

Die Ratings der untersuchten Konzerne würden mit vier Ausnahmen noch im Investment-Grade-Bereich (bis BBB-) liegen. Doch ist erkennbar, dass es kaum noch Top-Noten gibt (siehe Grafik). „Die Ratingverschlechterungen und gestiegene Liquiditätspolster lassen auf eine angespannte wirtschaftliche Lage schließen“, sind sich die Experten einig.

Währungen und Zinsen

Defizite ortet die Untersuchung auch, was Währungsrisiken betrifft. Sie werden meist nur mit Szenarien von Ab- bzw. Aufwertungen von 10 Prozent errechnet. Dies sei zu wenig, so Kastner, eine qualitativere Analyse mit Wahrscheinlichkeitsaussagen sei ebenso wichtig. Ähnliches gelte für das Zinsrisiko, bei dem die Mehrheit der untersuchten Unternehmen eine Zinsbewegung von plus/minus einem Prozentpunkt berechnet.

Juen und Kastner gehen davon aus, dass Unternehmen künftig verstärkt auf eine Weiterentwicklung ihres Finanzrisiko-Managements mittels Künstlicher Intelligenz setzen. „Hier gibt es noch viel Aufholbedarf.“ Insbesondere bei der Liquiditätsplanung sei der Nutzen sehr schnell erkennbar. Und Unternehmen, die Daten schon über viele Jahre sammeln und aufbereiten, seien dabei im Vorteil. In den Finanzabteilungen der Konzerne würden sich die Aufgabengebiete jedenfalls in den nächsten fünf Jahren ändern. „Datenanalysten werden stärker gefragt sein,“ so Juen und Kastner abschließend.

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