Österreich gibt Führung der Telekom aus der Hand

Österreich gibt Führung der Telekom aus der Hand
Der Vorstand soll verkleinert werden und die Mexikaner das Recht auf den CEO bekommen.

Verträge sind eine Sache, wie sie in der Praxis umgesetzt werden, eine ganz andere. Ein gutes Jahr, nachdem die heimische Staatsholding mit dem Telekom-Giganten America Movil den Syndikatsvertrag abschloss, zeigt sich, wie unbrauchbar dieser ohnehin heftig umstrittene Vertrag in der Realität ist.

Österreich gibt Führung der Telekom aus der Hand
ABD0042_20150305 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0347 VOM 5.3.2015 - Alejandro Plater auf einem undatierten Archivbild. Der Aufsichtsrat der Telekom Austria hat am Donnerstag, 05. März 2015, Alejandro Plater zum Chief Operating Officer (COO) ernannt. (UNDATIERTES ARCHIVBILD)- FOTO: APA/UDO TITZ - +++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND +++

Mit dem vorzeitigen Abgang von Telekom-Boss Hannes Ametsreiter per Ende Juli wurde das Problem evident. Ametsreiter war zwar CEO (Chief Executive Officer), hatte aber im dreiköpfigen Konzern-Vorstand kein Dirimierungsrecht (entscheidet bei Stimmengleichheit). Der starke Mann ist der von den Mexikanern delegierte COO (Chief Operating Officer) Alejandro Plater. Zwischen beiden gab es immer wieder Differenzen, was Ametsreiter ziemlich frustriert haben soll.

Die Unterzeichnung des Syndikatsvertrags hatten Rudolf Kemler, damals noch Chef der Staatsholding ÖIAG (heute ÖBIB), und der damalige ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger als Erfolg für Österreich bejubelt. Der Konzern des Milliardärs Carlos Slim sicherte sich die industrielle Führung der Telekom. Österreich erhielt lediglich das Nominierungsrecht für den CEO und darf den Aufsichtsratsvorsitzenden bestellen.

Österreich gibt Führung der Telekom aus der Hand
America Movil von Carlos Slim wird laut ÖIAG-Chef Rudolf Kemler die "industrielle Führerschaft" bei der Telekom Austria übernehmen.
America Movil hält mittlerweile knapp 60 Prozent, die Republik Österreich 28,42 Prozent. Was das Nominierungsrecht Österreichs tatsächlich wert ist, führten die Mexikaner mit der Degradierung von Ametsreiter zum besseren Frühstücksdirektor vor. Eh klar, wer die Mehrheit hat, schafft an.

America Movil hat die Beteiligung an der Telekom außerdem im Konzern konsolidiert. Nach den internationalen Bilanzierungsregeln IFRS ist dafür der volle Durchgriff Voraussetzung. Weshalb Ametsreiter kein Dirimierungsrecht hatte.

Tausche machtlosen CEO gegen Buchhalter

Österreich gibt Führung der Telekom aus der Hand
APA19787708-2_13082014 - WIEN - ÖSTERREICH: Telekom Austria-Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer am Mittwoch, 13. August 2014, anlässlich einer Pressekonferenz zum Thema "Ergebnis 1. Halbjahr" in Wien. FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
Seit Kurzem wird mit den Mexikanern neuerlich verhandelt. Der Holding-Vorstand der Telekom soll künftig von drei auf zwei Mitglieder verkleinert werden. Auf Plater und seinen derzeitigen FinanzkollegenSiegfried Mayrhofer(ebenfalls von America Movil besetzt).

Österreich ist bereit, hört man aus Eigentümerkreisen, auf das Nominierungsrecht für den CEO zu verzichten. Um sich stattdessen den Finanzvorstand (CFO) zu sichern. Nach dem Motto: Lieber einen Finanzchef mit klaren Kompetenzen, als einen Frühstücksdirektor als Boss. Und lieber einen von zwei Vorständen als einen von drei. Mit dem Finanzchef hätte die Republik wenigstens die Bereiche Accounting, Controlling, Treasury, Auditing und Investors Relations unter österreichischer Kontrolle. Klar ist auch, dass in dieser Konstellation der CEO künftig ein Dirimierungsrecht haben muss. Siehe Konsolidierung.

Toller Deal für Österreich: Tausche machtlosen CEO gegen Buchhalter.

Dafür soll der CEO der operativen Österreich-Tochter A1 mit einem Österreicher besetzt werden. Ametsreiter hatte auch diese Funktion. America Movil beabsichtigte bereits, die zwei Jobs zu trennen. Klar, dass Ametsreiter nicht begeistert war.

Chef der Tochter A1 soll Österreicher werden

Der künftige A1-Chef soll das Gesicht der Telekom nach außen sein. Er muss nicht nur bei Kunden, sondern auch bei Infrastruktur-Themen wie dem Breitband-Ausbau gegenüber den Landeshauptleuten auftreten. Und Plater, dessen Deutschkenntnisse sehr beschränkt sind, sitzt oben drüber und erklärt, wo’s langgeht.

Die Staatsholding ÖBIB und America Movil wollen spätestens bei der nächsten Aufsichtsratssitzung der Telekom in der zweiten Juli-Hälfte ein konkretes Verhandlungsergebnis vorlegen. Wenn möglich, schon früher.

Noch offen ist, ob der Syndikatsvertrag sofort geändert wird. Oder ob man die neue Lösung eine Zeitlang ausprobiert und erst dann vertraglich fixiert.

Wird alles eine große Herausforderung für die neue ÖBIB-Chefin Martha Oberndorfer (ÖVP), die mit solchen Themen null Erfahrung hat und, wie kolportiert wird, sehr unsicher agiert. Bei der Bestellung des neuen A1-Chefs wird sie jedenfalls nichts mitzureden haben.

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