Nationalbank-Direktor wirbt für digitalen Euro: "Meine Daten bleiben bei mir"

Josef Meichenitsch, OeNB
KURIER: Sie sind seit 11. Juli neu im vierköpfigen Direktorium der Nationalbank, zuständig unter anderem für den Zahlungsverkehr. Wie bezahlen Sie privat? Bar, mit Karte oder Handy-App? Josef Meichenitsch: Bar und mit Karte, wie es sich ergibt. Mir ist die Wahlfreiheit wichtig.
Österreich ist ein sehr treues Bargeld-Land. Die Notenbank stellt Bankomaten auf, um die Bargeldversorgung sicher zu stellen. Wer braucht den digitalen Euro?
Der digitale Euro hat drei große Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger: Ich kann künftig überall im Euroraum damit bezahlen, er kostet mich nichts und meine Daten bleiben bei mir. Insofern bin ich überzeugt, dass sehr viele Menschen in Zukunft mit dem digitalen Euro bezahlen werden. Ich will aber die Wahlfreiheit gewährleisten. Ich werde in Frankfurt und Brüssel bei den Diskussionen zum digitalen Euro dabei sein, aber demnächst auch einen Bankomaten in einer kleinen niederösterreichischen Gemeinde – in Gaubitsch – eröffnen.
FPÖ-Wirtschaftssprecherin Barbara Kolm, die bis vor Kurzem im Generalrat der Nationalbank war, sagt, der digitale Euro sei nur ein weiterer Schritt zum gläsernen Bürger, zu mehr Überwachung und Kontrolle. Was entgegnen Sie?
Wir nehmen jede Kritik ernst und sind auch in einem guten Dialog mit der Kreditwirtschaft. Aber gerade die Datensicherheit ist ein schlagendes Argument für den digitalen Euro. Bei einem privaten Anbieter können sie nie sicher sein, ob ihre Daten nicht verkauft werden. Die EZB und die Nationalbank geben dieses Versprechen, dass ihre Daten bei Ihnen bleiben.
Wie sehen Sie den Höhenflug der Kryptos wie Bitcoin? Das bewegt sich ja völlig außerhalb der Kontrolle der Währungshüter ...
Das sind keine Kryptowährungen, wie es oft fälschlicherweise heißt, sondern Krypto-Assets. Die Bezahlfunktion mit Krypto-Assets hat sich nicht durchgesetzt. Mit Krypto-Assets wird nicht bezahlt, sondern spekuliert. Darüber hinaus bleibt es jedem unbenommen, in Kryptos zu investieren. Wichtig ist nur, dass man sich des Risikos bewusst ist, das damit einhergeht. Diese Kryptos haben sich in der Vergangenheit als äußerst schwankend gezeigt.
Sie waren 2015 bis 2017 bei der irischen Zentralbank tätig. Die irische Wirtschaft läuft klar besser. Was kann Österreich von Irland lernen?
In puncto Innovationskraft ist Irland wesentlich besser aufgestellt. Da spielen natürlich auch die US-IT-Konzerne eine Rolle, die sich in Irland angesiedelt haben. Aber in puncto Resilienz ist Österreich besser aufgestellt. Krisen schlagen in Irland viel intensiver durch als in Österreich.
Sie kennen die Seite der Politik, aber auch die Sicht von FMA und Notenbank. Wie beurteilen Sie den Streit über die strengeren Kreditvergaberegeln, Stichwort KIM Verordnung? Wer hat recht?
In dieser Debatte gab es zuletzt sehr viel Emotion. Ich würde versuchen, wieder Emotion heraus zu nehmen und auf die sachliche Ebene zu gehen. Wenn man sich die Daten ansieht, gibt es durch den privaten Immobilienbereich keine Gefahr mehr für die Stabilität des Finanzmarktes. Daher ist die Verordnung ausgelaufen. Außerdem war die Leistbarkeit der Kredite, sprich die Zinsentwicklung, der maßgebliche Faktor in der Kreditnachfrage, weniger die KIM Verordnung. Die Kreditinstitute haben ja selbst einen Anreiz, dass ihre Kredite nicht notleidend werden.
Sie kommen von den Grünen, waren 2019 Teil des Koalitionsverhandlungsteams von Werner Kogler. Was haben die Grünen falsch gemacht, dass sie aus der Bundesregierung und der Regierung in Wien geflogen sind?
Da kann ich keine Einschätzung geben. Für mich und natürlich auch alle anderen Direktoriumsmitglieder ist wichtig, die Unabhängigkeit der OeNB zu wahren und ihre Themen voranzutreiben.
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Sie sind den Wien-Marathon 2010 in 4:03 Stunden gelaufen, heuer, 15 Jahre später, in 2:59. Waren Sie gedopt? Jetzt könnten Sie ein Geständnis ablegen ...
Diese Entwicklung zeigt nur die große Freude, die ich am Laufen habe, und die Wirkung konsequenten Trainings.
Nur der zukünftige Gouverneur, Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher, könnte noch schneller sein ...
Es geht nicht darum, wer schneller ist. Sondern ich sehe das eher wie einen gemeinsamen Staffellauf für die Ziele der Nationalbank.
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