Ölwechsel bei der OMV

OMV-Chef Gerhard Roiss (links) geht nach wüstem Hauen und Stechen vorzeitig zur Jahresmitte 2015 ab.
In der Branche wird der BP-Manager Helmut Schuster als Kandidat für den Chefposten kolportiert. Doch die Politik wird noch eifrig mitmischen. Die Staatsholding ÖIAG sucht derweil schnell zwei neue Aufsichtsräte.

Der heimische Öl- und Gaskonzern ist kein Sanierungsfall. Aber Österreichs größtes Unternehmen mit einem Börsenwert von aktuell rund 8,27 Milliarden Euro steht vor schwierigen Zeiten. Der niedrige Ölpreis und die hohen Produktionskosten setzen hart zu. Der Gewinn halbiert sich beinahe, das milliardenschwere Investitionsprogramm wird zurückgefahren und Noch-OMV-Chef Gerhard Roiss relativierte erstmals das Produktionsziel. Dass ausgerechnet jetzt ein neuer Chef gesucht werden muss, macht die Sache nicht einfacher. Roiss geht bekanntlich Mitte 2015.

Der ebenfalls mit vorzeitigem Ablaufdatum versehene ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler, in dieser Funktion auch Aufsichtsratschef der OMV, läuft seit Wochen herum und spricht potenzielle Kandidaten an. Der SPÖ-nahe ÖBB-Boss Christian Kern, vorher im Stromkonzern Verbund für das internationale Geschäft zuständig, dementiert glaubwürdig. Er vereinbarte mit seiner Aufsichtsratschefin Brigitte Ederer, dass er bei der ÖBB bleibt. Außerdem gilt er als Kanzler-Reserve der SPÖ.

Ebenfalls angesprochen wurde Georg Pölzl. Der Post-Chef dementierte bereits. Auch im Konzernvorstand von Siemens hat Kemler vorgefühlt.

Der OMV-Aufsichtsrat gab nun bei seiner Sitzung in Abu Dhabi dem Headhunter Korn Ferry das Anforderungsprofil vor. Internationale Erfahrung muss der neue OMV-Boss haben und in der Öl- und Gas-Branche zu Hause sein. "Wir brauchen einen erstklassigen, internationalen Manager aus der Öl- und Gasindustrie", heißt es aus OMV-Eigentümerkreisen. Hauptaktionäre der OMV sind Abu Dhabi und die Staatsholding ÖIAG.

Ölwechsel bei der OMV
Helmut Schuster
Ein erster Kandidat, auf den diese Job-Description perfekt passen würde, kursiert schon in der Ölwelt.Helmut Schuster (Bild), 52-jähriger Executive Vice President und weltweiter Personalchef des in 80 Ländern engagierten britischen Öl- und Gas-Riesen BP. Er jobbt seit 1989 bei BP, wo er alle wichtigen Bereiche durchlief. BP ist mit knapp 84.000 Mitarbeitern wesentlich größer, doch auch die OMV zahlt gut. Roiss war 2013 mit rund 3,2 Millionen Euro der am besten entlohnte Manager aller ATX-Unternehmen. Und der Aufstieg zum Einser ist schließlich auch was wert. Schuster, der für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, hat neben seiner Karriere noch einen großen Pluspunkt. Er ist Österreicher.Das spielt hier zu Lande politisch immer noch eine Rolle. Daher hätte auch der öltechnisch unbedarfte Pölzl Chancen. Selbst wenn er jetzt tatsächlich nicht in die OMV wechseln will, könnte ihn die Regierung "überreden". Die SPÖ will nach Austria Tabak, AUA und Telekom eine Integrationsfigur, die für die österreichischen Interessen steht. Pölzl kann gut mit Rot und Schwarz.

Wichtige Postenbesetzungen im Staatsumfeld entwickeln oft eine unvorhergesehene Eigendynamik. Eines ist jetzt schon klar. SPÖ und ÖVP wollen Kemler bei der Kür des OMV-Bosses nicht mehr die Regie überlassen, sondern dem neuen Chef der ÖIAG Neu. Das wird zeitlich knapp.

Der Personalberater Spencer Stuart bohrt übrigens nach einem Nachfolger für OMV-Explorationsvorstand Jaap Huijskes.

Seit dem Knalleffekt um den Abgang vom Roiss werden immer mehr Details bekannt, welche Skurrilitäten sich hinter den Kulissen abspielten. Für Rätselraten sorgte Kemlers Aussage über eine aktienrechtliche Notwendigkeit der Vertragsauflösung. Der in der Causa Roiss höchst unprofessionell agierende ÖIAG-Chef erhielt einen anonymen Brief, dessen Autoren in Teilen der Belegschaftsvertretung vermutet werden. In dem Schreiben ging es um Zahlungen der OMV über 1,5 Millionen an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly bei der Übernahme der rumänischen Petrom. Kemler glaubte offenbar, die "Smoking Gun" gegen Roiss zu haben. Die erwies sich freilich als Rohrkrepierer.

Roiss war damals stellvertretender Vorstandsvorsitzender unter Wolfgang Ruttenstorfer. Die Wiener Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen schon im Juni 2012 ein. OMV-intern war die Sache längst von der Revision geprüft, wurde aber wieder ausgegraben und Roiss musste sich einem peinlichen Interview des Aufsichtsratspräsidiums stellen.

Für breiten Unmut in Mitarbeiterkreisen sorgt allerdings die vorgezogene Auszahlung der Abfertigung (nicht für die vorzeitige Vertragsbeendigung), die Roiss sehr nachdrücklich vom Aufsichtsrat einforderte. Ab März wurde nämlich die sechsprozentige Steuerbegünstigung gesetzlich strichen – hat mit der Neuregelung zu tun, dass Arbeitgeber Bruttobezüge ihrer Manager von mehr als 500.000 Euro jährlich steuerlich nicht mehr absetzen können.

"Das war eine win-win-Situation für beide. Roiss sparte Steuer und die OMV ebenfalls", erklärt man im Aufsichtsrat. Das mag schon stimmen, ist aber für ein Unternehmen mit Staatsbeteiligung bemerkenswert. Ganz so sicher dürfte der Aufsichtsrat über die Steuer-Optimierung nicht gewesen sein, denn man ließ ein Gutachten dazu anfertigen. Es soll sich um rund ein Jahresgehalt handeln. Auch Finanzvorstand David C. Davies soll steuerschonend ausbezahlt worden sein.

Apropos Aufsichtsrat. Wenn sich Kemler 2015 bei der ÖIAG und damit auch bei der OMV verabschiedet, dürfte der Vize-Vorsitzende Wolfgang C. Berndt mitgehen. Er ist ein Freund des Auto-Industriellen Peter Mitterbauer (Miba), der lange Chef des sich selbst erneuernden Aufsichtsrates der ÖIAG war.

Die ÖIAG-Aufseher suchen derweil selbst nach einem Nachfolger für Brigitte Ederer und Andritz-Chef Wolfgang Leitner, der sein Mandat nach nur drei Monaten hinwarf. Die Aufsichtsräte unter Chef Siegfried Wolf werden demnächst ihre Vorschläge diskutieren und von Korn Ferry evaluieren lassen. Der Headhunter wurde ebenfalls beauftragt, zu suchen. Wird nicht leicht. Man darf gespannt sein, wer an Bord geht. Denn wer tut sich schon ein Aufsichtsratsmandat um 15.000 Euro Jahresgage an, wenn er weiß, dass er von der Regierung ohnehin bald ausgetauscht wird?

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