ÖIAG: Der Wolf im Staatspelz

Am 26. Juni könnte Siegfried Wolf, einer der mächtigsten Manager Europas und nicht unumstritten, die Spitze der Staatsholding übernehmen.
Siegfried Wolf greift nach dem Vorsitz im ÖIAG-Aufsichtsrat, doch seine Wahl könnte noch knapp werden.

Eine außergewöhnliche Karriere. Der Sohn einer oststeirischen Bauernfamilie als einer der mächtigsten Manager Europas. Der gelernte Werkzeugmacher Siegfried Wolf, Top-Manager bei Magna, heute im Spitzenmanagement des russischen Oligarchen Oleg Deripaska und an zwei Unternehmen von dessen Mischkonzern Basic Element beteiligt, hat gute Chancen, bei der Hauptversammlung am 26. Juni vom Vize zum Aufsichtsratspräsidenten der Staatsholding ÖIAG aufzusteigen – der KURIER berichtete. Falls sich der Verein der Freunde im sich selbst erneuernden Aufsichtsrat, ein Relikt aus der Koalition Schüssel/Grasser, durchsetzt.

Rot und Schwarz schäumen, müssen aber tatenlos zusehen. Die Regierung vergeigte Aufwertung und Neu-Ausrichtung der ÖIAG zu einer großen Beteiligungsholding des Bundes. SPÖ und ÖVP blockieren einander in kleinlichen Macht-Scharmützeln und selbst innerhalb der Parteien gibt’s schwere Meinungsverschiedenheiten, sodass sich die ÖIAG neu vorerst erledigt hat. Daher bleibt auch das Aufsichtsratssystem wie gehabt.

Bis auf Ex-Siemens-Top-Managerin Brigitte Ederer und ÖVAG-Chef Stephan Koren sind alle anderen Kapitalvertreter geschäftlich miteinander verbandelt, befreundet und/oder haben ein Nahe-Verhältnis zur Auto- und Papier-Industrie.

Kritiker werfen Wolf ein etwas zu gutes Händchen fürs Business vor. Dass Wolf, der derzeit noch fünf Tage in der Woche in Moskau verbringt, obendrein gute Beziehungen zu Wladimir Putin pflegt, wird in österreichischen Regierungskreisen ebenfalls skeptisch gesehen: "Es geht schließlich um den Aufsichtsratsvorsitzenden. In der ÖIAG sind die Beteiligungen des Bundes an Post, OMV und Telekom drin. Da können wir gleich einen Oligarchen hineinsetzen", sorgt sich ein Insider.

ÖIAG: Der Wolf im Staatspelz
„In fünf Jahren muss die Steuer- und Abgabenquote auf vierzig Prozent sinken“: Claus Raidl
Wolf wird vorgeworfen, seine Position als ÖIAG-Aufsichtsrat mit privaten Geschäftsinteressen zu verquicken. Zuletzt hatte Nationalbank-PräsidentClaus Raidl(Bild), ÖVP, gegen die "Insiderclique" im Aufsichtsrat ausgeholt. Raidl war zwar einer der Erfinder der Selbsterneuerung, räumt aber längst ein, dass diese Idee, deren Ziel die Abwehr politischer Interventionen war, leider gescheitert sei.

Wolf hängt bis heute noch "Minerva" nach. Vor mehr als zehn Jahren wurde still und heimlich versucht, die Voest-Beteiligung der ÖIAG an Magna zu verkaufen. Öffentliche Empörung vereitelte das Projekt. Der damalige ÖIAG-Chef Peter Michaelis sondierte Interesse am Markt und sei von sich aus an Magna herangetreten, "ich war bei keinem der Vorsondierungsgespräche dabei", kontert Wolf. Auch dass er auf eigene Faust in Russland Investoren für die Telekom gesucht habe, "ist Unsinn". Vielmehr habe ihn Markus Beyrer, damals ÖIAG-Chef, gebeten, terminlich behilflich zu sein. Immerhin sei es Aufgabe eines Aufsichsrates, "Aufsicht auszuüben und Rat zu geben".

Zum Thema Aufsichtsratspräsident will er sich gegenüber dem KURIER nicht festlegen: "Zuerst muss ich vorgeschlagen werden, dann gewählt werden und wenn das Gesamtpaket passt, werde ich mich äußern." Nachsatz: "Sicher eine verantwortungsvolle Aufgabe."

"Wolf will unbedingt Vorsitzender werden. Wenn er nach Wien zurückkommt, will er ein großes Rad drehen", heißt es im Umfeld der ÖIAG. Weshalb Wolf auch versucht habe, Österreichs größten Grundeigentümer, die Bundesforste, unters Dach der ÖIAG zu bekommen. Wolf soll jedenfalls schon die fünf Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat kontaktiert haben. Auch wenn er betont, nicht auf Werbetour zu sein.

Mit der Hauptversammlung laufen neben dem Noch-Vorsitzenden und Auto-Industriellen Peter Mitterbauer auch die Mandate von Wolfgang Pfarl (Austropapier) und Alexander Riklin (Alcar Holding) aus. Seit wenigen Tagen ist der Medien-Unternehmer Michael Grabner an Bord, er ersetzt die deutsche Auto-Magnatin Maria-Elisabeth Schaeffler. Für die anderen Nachbesetzungen muss jeder der Kapitalvertreter drei Vorschläge machen. So soll Ederer den ehemaligen OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer und die Vize-Rektorin der WU, Regina Prehofer, nominiert haben. Ederer wollte dazu keinen Kommentar abgeben. Ebenfalls nominiert ist Rudolf Jettmar, Ex-Finanzchef der Post. Wolf wiederum hat Günther Geyer, Ex-Chef des VIG-Versicherungskonzerns, vorgeschlagen.

Die ÖIAG hat außerdem ein Problem mit der Frauenquote. Bis 2018 müssen vier Frauen im Aufsichtsrat vertreten sein. Derzeit sind’s nur zwei. Neben Ederer die Grazer Rechtsprofessorin Brigitta Zöchling-Jud. Deren Mann ist rein zufällig ein enger Mitarbeiter von Wolf in Russland.

Auch die neuen Aufsichtsräte werden – samt den Betriebsräten – bei der Wahl des Vorsitzenden mitstimmen. Dabei wird es darauf ankommen, wen das Freundes-Netzwerk in das Gremium hievt. Und wie sich die Betriebsräte entscheiden. Um zu obsiegen, braucht Wolf acht Stimmen. Könnte durchaus noch knapp werden.

VP-Finanzminister Michael Spindelegger könnte mit der Ankündigung, die faulen Assets der Hypo Alpe Adria würden unters Dach der ÖIAG kommen, etwas zu voreilig gewesen sein. Zwar ist der Rechtsträger für die Abbau-Einheit noch nicht definiert, doch der knapp 18 Milliarden große Abbau-Teil der Desaster-Bank dürfte nicht bei der Staatsholding angedockt werden. Sondern könnte über eine Holding-Konstruktion beim Finanzministerium angehängt werden. In die Banken-ÖIAG Fimbag darf die Abbau-Einheit nicht eingebracht werden, da sie nicht als Bank firmiert.

Wie zu hören ist, soll ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler sehr besorgt sein, dass die anderen Beteiligungen in der ÖIAG durch die Hypo-Abbau-Einheit beschädigt werden – durch Haftungen, Nachschusszahlungen oder eine Insolvenz. Nicht einmal die Spur eines Restrisikos oder einer Infektionsgefahr dürfe riskiert werden. Die 20 Berater von Strategy&, die schon bei der ÖIAG an Bord sind, prüfen alle Varianten.

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