ÖIAG-Chef Kemler vor dem Abgang

Kritik an ÖIAG-Kemler wird immer schärfer: „Elefant im Porzellanladen“, „nicht sehr professionell“.
Hochspannung vor Aufsichtsratssitzung und Roiss-Abgang. Manager stehen hinter Gas-Chef Floren.

Bei seiner "Tour des Zuhörens" suchte Rudolf Kemler, Vorstand der ÖIAG, im Frühjahr 2013 zahlreiche Opinion-Leader auf, um gute Stimmung für die Staatsholding zu machen. In der "Gesprächsunterlage" war die Performance der ÖIAG-Beteiligungen mit einem Ampelsystem bewertet. Rot signalisierte Handlungsbedarf, grün eine positive Entwicklung. Während bei der Post und noch mehr bei der Telekom Austria Bereiche rot blinkten, war bei der OMV alles im grünen Bereich.

ÖIAG-Chef Kemler vor dem Abgang
APA20677294-2_09102014 - WIEN - ÖSTERREICH: OMV-Vorstand Hans-Peter Floren am Dienstag, 12. August 2014, anlässlich einer Pressekonferenz zum Thema "Ergebnis 1. Halbjahr" in Wien. (ARCHIVBILD VOM 12.08.2014) FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Am Dienstag entscheidet der Aufsichtsrat des Öl- und Gaskonzerns in einer außerordentlichen Sitzung ab 9 Uhr über denvorzeitigen Abgangvon KonzernchefGerhard Roissund Gas-VorstandHans-Peter Floren. Hundertprozentig fix ist noch gar nichts. Durchaus möglich, dass beide Manager nicht Mitte 2015, sondern erst später abgehen oder gar nicht vorzeitig abgelöst werden. Beide streiten seit Monaten heftig über die Gas-Strategie. Der für den wichtigsten Bereich (Exploration und Produktion) zuständige VorstandJaap Huijskes wirft bekanntlich von sich aus das Handtuch.

Die Kritik an Kemler, der in seiner Funktion als ÖIAG-Vorstand auch Aufsichtsratspräsident der OMV ist, wird immer heftiger. Sowohl Finanzminister Hans Jörg Schelling, ÖVP, als auch ÖIAG-Aufsichtsratschef Siegfried Wolf sind stinksauer auf Kemler, der die Situation nicht mehr im Griff hatte und ohne Rücksprachen wild fuhrwerkte.

Schelling warnte am Montag am Rande der Eurogruppe in Luxemburg vor einem Werteverlust der OMV. Es sei nicht "sehr professionell gewesen, über das größte österreichische Unternehmen in der Öffentlichkeit zu diskutieren". Die Gremien müssten solche Entscheidungen besser vorbereiten, er hoffe auf Ruhe nach dem Chaos. Die Ablöse von Roiss und Floren stehe nicht fest.

Soll Kemler bis November 2017 im Amt bleiben, müsste dies der ÖIAG-Aufsichtsrat demnächst beschließen. Von einer Verlängerung ist allerdings nicht mehr auszugehen. Der 2012 unter dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Peter Mitterbauer bestellte Kemler dürfte bereits 2015 die ÖIAG verlassen. Beim von der Regierung neu geplanten ÖIAG-Aufsichtsrat, der erst in einigen Monaten aufgestellt wird, hätte Kemler ohnehin keine Chance, hört man aus Regierungskreisen.

"Wie kann man mit einem börsenotierten Unternehmen so umgehen und gleich drei Vorstände schmeißen?", empört sich AK-Direktor Werner Muhm. Kemler wirft er vor, wie ein "Elefant im Porzellanladen" zu agieren. Die neue ÖIAG, die die Regierung derzeit formiert, "wird das alles aufarbeiten müssen". Und sich die Vorgangsweise "auf die rechtlich Sauberkeit anschauen müssen. Das gilt für Kemler und auch für Wolf".

Roiss, der noch im September des Vorjahres bis 2017 verlängert wurde, stehen etliche Millionen Abfindung zu. Teuer würde auch ein vorzeitiger Abgang von Floren. In seinem Fall hat Kemler besonders patschert agiert. Erst mit 31. März 2014 wurde Florens Vorstandsvertrag ohne Einschränkung bis Ende Februar 2017 verlängert. Drei Tage vorher schlug Kemler Floren eine Zusatzvereinbarung zu dessen Vertrag vor, dass er jederzeit aus seiner Funktion entfernt werden könne. Wohl klar, dass Floren nicht zustimmte. Ihm ist fachlich schließlich nichts vorzuwerfen.

Am Montag stellte sich eine Reihe von leitenden Mitarbeitern der OMV hinter Floren. Er sei "eine der wenigen Führungspersönlichkeiten in Europa mit der notwendigen Erfahren in der Gaswirtschaft, um die OMV erfolgreich und nachhaltig zu positionieren", protestierten sie in einem Brief an Kemler. Sie fordern den Fortbestand des Geschäftsbereiches "Gas & Power" – den Roiss aufteilen wollte.

Der Industrielle und ehemalige SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch hält es für überfällig, ein "Einsparungssymbol" zu setzen und die ÖIAG als Abteilung ins Finanzministerium zu integrieren: "Dort würde nicht so ein Blödsinn passieren." Die Performance der ÖIAG findet Androsch "entsetzlich". Claus Raidl, Präsident der Nationalbank (ÖVP) und ehemals Verstaatlichten-Manager, war einmal ein Fan der Staatsholding und des sich selbst erneuernden Aufsichtsrates. Jetzt sagt er: "Diese ÖIAG braucht niemand mehr".

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