ÖGB-Chef will "Wirtschaft zu ihrem Glück zwingen"

Gewerkschafter Erich Foglar will die Neuauflage der Pleiteholding und eine Fachkräftemilliarde.

ÖGB-Präsident Erich Foglar, selbst gelernter Werkzeugmacher und aus der Metallergewerkschaft stammend, macht sich für eine „neue, aktive Industriepolitik“ stark. Hintergrund ist, dass Österreich in Wettbewerbs-Rankings abrutscht und Betriebe abwandern bzw. im Ausland statt in Österreich investieren. Einer von mehreren Ansatzpunkten des Gewerkschaftschefs ist: Die bis vor einigen Jahren erfolgreich tätige „Pleiteholding“ GBI („Gesellschaft des Bundes für industriepolitische Maßnahmen“) gehöre neu installiert.

ÖGB-Chef will "Wirtschaft zu ihrem Glück zwingen"
Foglar
Solch eine Gesellschaft könnte Eingreifen, wenn Abwanderungen oder Pleiten und damit der Verlust von Arbeitsplätzen und Know-how drohten.

„Da geht es um temporäre Hilfe, nicht um eine dauerhafte Re-Verstaatlichung“, sagte Foglar im KURIER-Gespräch.

Eingebettet müsse diese neue Industriepolitik in eine europäische Gesamtstrategie sein, notwendigerweise verknüpft mit einer koordinierten EU-Energiepolitik. Sowie flankiert von massiven nationalen Anstrengungen bei Forschung, Entwicklung, Bildung und Innovation. Davon ist Foglar überzeugt: „Österreich ist bis dato ein Technologienehmer gewesen, jetzt muss der Switch zum Technologiegeber und -führer gelingen.“

"Solange aber europaweit die Kaputtsparökonomie betrieben wird, werden wir professionell die Rezession pflegen"

Für neues Wirtschaftswachstum und Beschäftigung verweist der ÖGB-Präsident zu allererst auf die EU-Ebene. Als kleine exportorientierte Volkswirtschaft und Zulieferland für den Exportweltmeister Deutschland sei Österreich sehr stark abhängig von der internationalen Nachfrage. „Solange aber europaweit die Kaputtsparökonomie betrieben wird, werden wir professionell die Rezession pflegen.“

Als Leitantrag zum ÖGB-Bundeskongress vom 18. bis 20. Juni hat die Gewerkschaft ein umfangreiches Papier mit Dutzenden Forderungen aufgelegt. Die Bandbreite reicht von der altbekannten Wertschöpfungsabgabe bis zur 6. Urlaubswoche für alle, die bereits 25 Jahre arbeiten. Der als „Belastungspapier“ von der Arbeitgeberseite kritisierte Forderungskatalog sei als „Investition in die Zukunft zu sehen und nicht als Kostenbelastung“, sagt Foglar.

Fachkräftemilliarde

Ein Beispiel: Der ÖGB fordert, dass die Arbeitgeberseite eine Fachkräftemilliarde für die Aus- und Weiterbildung aufstellen muss (ein Prozent der Lohnsumme). Foglar: „Das läuft postwendend in die Wirtschaft zurück. Manchmal muss man eben auch die Wirtschaft zum Glück zwingen. Das Teuerste ist die Arbeitslosigkeit.“

Um das Ziel „länger arbeiten“ und „altersgerechte Arbeitsplätze“ zu erreichen, müsste man an „1000 Schräubchen“ drehen. Foglar gefällt das Modell „Kürzere Arbeitszeit statt Lohnerhöhung“. Hier sei es möglich über Betriebsvereinbarungen maßgeschneiderte Lösungen zu finden. Aber wie das Beispiel ÖBB zeige, wo es Widerstand seitens der Privatbahnen gibt, sitzen „derzeit die Blockierer auf der Arbeitgeberseite“. Das Modell tauge durchaus für einen größeren Anwendungsbereich, außer in Niedriglohnbranchen. Foglar: „Die Supermarkt-Kassiererin kann auf keinen Lohn verzichten. Den braucht sie zum Leben.“

"Millionärssteuer"

Der momentan stärkste Kampfbegriff des ÖGB ist die „Millionärssteuer“. Foglar versichert, ganz im Sinne der neuen Industriepolitik, dass Betriebsvermögen ausgenommen bleibe. Es gehe um die zehn Prozent der reichsten Haushalte. Diese besitzen zwei Drittel des Gesamtvermögens und müssten ihren fairen Beitrag leisten.

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