RLB OÖ-Chef: "Wir arbeiten an der Schärfung der Strategie"

Seit Anfang Mai ist Reinhard Schwendtbauer Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Im KURIER-Interview skizziert er seine Pläne für die Bank und die Erwartungen an die neue Bundesregierung.
KURIER: Sie sind nun seit Mai neuer Chef der RLB Oberösterreich. Wie sehen Ihre Pläne aus?
Schwendtbauer: Wir sind in Oberösterreich sehr gut aufgestellt. Wir verfügen über ein starkes Dreieck, bestehend aus der Raiffeisenlandesbank, 66 Raiffeisenbanken und wir haben ein Portfolio mit rund 350 Beteiligungen – von der Großindustrie bis zum Start-up. Dieses Dreieck gilt es weiterzuentwickeln. Dazu brauchen wir keine großen Umbrüche, aber laufende Anpassung und Evolution. Aber keine Revolution.
Und was heißt das konkret?
Wir arbeiten an der Schärfung der Strategie mit einem internationalen Berater, der seit rund einem Monat bereits bei uns tätig ist. Persönlich ist es mir wichtig, dass wir die Mitarbeiter alle dabei mitnehmen. Dazu haben wir auch schon Informationsveranstaltungen für alle Mitarbeiter gemacht.
Wie soll die Schärfung aussehen?
Wir werden eine starke Kommerzbank bleiben, aber es steht am Prüfstand, mit welchen Produkten wir in den nächsten Jahren auf unsere Kunden zugehen. Das Schwierige derzeit ist, dass wir erahnen müssen, was die Kunden in fünf bis zehn Jahren wollen. Das ist aufgrund des unglaublich dynamischen Wandels schwierig. Das ist der Hauptfokus des Projekts.
Was bedeutet das für Filialen?
Ich bin davon überzeugt, dass wir auch künftig eine entsprechende Anzahl an Bankstellen haben, aber natürlich der digitale Bereich massiv wachsen wird. Wir werden aber in den Regionen bleiben, das ist mir wichtig. Wir hatten vor einigen Jahren noch 450 Filialen in Oberösterreich. Aktuell sind es rund 350 und wir kämpfen um jede. Es wird da und dort Veränderungen geben, aber keine Schließungswelle. Am Ende des Tages entscheiden die Kunden. Denn wenn keiner mehr hingeht, muss man sich etwas überlegen.
Und was?
Wir prüfen gerade, an Standorten auch andere Dienstleistungen anzubieten. Wir haben etwa ein Pilotprojekt, bei dem an zwei Tagen ein Reisebüro die Räumlichkeiten nutzt. So können wir als Bank vor Ort bleiben und Flagge zeigen.
Sind von den 350 Filialen alle kostendeckend?
Ja. Aber sie wurden bereits adaptiert, sprich sie wurden zum Teil auf SB-Bankstellen umgestellt. Kunden können aber Termine mit einem Berater vor Ort vereinbaren.
Thema am Land ist auch immer die Versorgung mit Bargeld, sprich die Dichte des Bankomatnetzes. Sehen Sie da Oberösterreich gut aufgestellt?
Ja. Die aktuelle Versorgung ist absolut ausreichend, ich habe auch noch nie Beschwerden dazu gehört. Es gibt in fast jedem Ort einen.

Der neue Vorstandschef der Raiffeisenlandesbank OÖ, Reinhard Schwendtbauer, im Gespräch mit KURIER-Wirtschaftsressortleiter Robert Kleedorfer.
Wie soll es bei den Beteiligungen der RLB OÖ weitergehen?
Wir haben seit fast 50 Jahren Beteiligungen, die erste war 1976 Efko. Wir gehen strategische Standortbeteiligungen ein – nicht auf Druck und wir gehen auch nicht auf Einkaufstour – aber besonders dann, wenn die Gefahr besteht, dass Unternehmen ins Ausland abwandern, wenn sie ausländische Eigentümer bekämen.
Wie glücklich sind Sie eigentlich angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Umstände mit den Beteiligungen?
Eigentlich sehr, weil wir sehr breit aufgestellt sind beziehungsweise die Unternehmen selbst auch.
Reinhard Schwendtbauer
Der 52-jährige gebürtige Oberösterreicher begann nach Ende des Studiums der Betriebswirtschaftslehre bei der RLB OÖ. Dort war er im Sekretariat des damaligen Vorstandschefs Ludwig Scharinger für Marketing zuständig. 1999 wechselte er für ein Jahr ins Kabinett von Landwirtschaftsminister Willi Molterer, anschließend war er Projektleiter bei Cap Gemini Ernst &Young. Ab 2001 leitete er für elf Jahre den Berater Finadvice, ehe er in den Vorstand der RLB OÖ kam, zuständig für Finanzen, Beteiligungen, Töchter und Immobilien. Im Mai 2025 trat er die Nachfolge von Heinrich Schaller an der Spitze der Bank an. Schwendtbauer ist verheirateter Vater von einer Tochter und einem Sohn.
Rund 350 Beteiligungen
hält die RLB OÖ, entweder direkt (an RBI oder Raiffeisen Tschechien) bzw. über Töchter wie die Raiffeisen Beteiligungsholding. Zu den prominentesten Beteiligungen zählen im Industriebereich Salinen, voestalpine, Rosenbauer, AMAG und Energie AG. Im Lebensmittelsektor sind es Vivatis, Machland oder Omami.
436,7 Millionen Euro
betrug im Vorjahr der Konzern-Jahresüberschuss nach Steuern, die Bilanzsumme lag bei 49,3 Mrd. Euro.
Worunter leidet die heimische Industrie derzeit?
Zum einen an den starken Reallohnsteigerungen. Das Problem ist, dass Österreich fast das einzige Land mit derart hohen Steigerungen ist. Damit haben wir uns einen massiven Wettbewerbsnachteil eingehandelt. Zum anderen die Energiekosten, aber da gibt es nun bald endlich Kompensationen wie in anderen europäischen Ländern. Und drittens die Bürokratie. Derzeit findet eine stille Abwanderung statt. Das heißt, es gehen nicht viele Unternehmen weg aus Österreich. Aber Neuinvestitionen gibt es derzeit auch nicht. Das sehen wir zum Teil auch bei unseren Beteiligungen. Das Gefährliche dabei ist, wenn die Industrie einmal weg ist, kommt sie nicht mehr wieder.
Sorgen Sie sich um die Industrie in Oberösterreich?
Sorgen ist der falsche Ausdruck, die mache ich mir kaum. Denn es gibt auch viele positive Dinge wie Investitionskraft und Anpassungsfähigkeit der Unternehmen an veränderte Bedingungen sowie die Qualität der Mitarbeiter.
Welche wirtschaftlichen Erwartungen haben Sie für das zweite Halbjahr?
Im Idealfall besteht eine gute Chance, dass die Wirtschaft wieder ins Positive dreht. Wenn die Zollthematik mit den USA sich etwas beruhigt, es zumindest einen provisorischen Frieden in der Ukraine gibt und in Deutschland die Konjunkturpakete greifen, sollte das unserer Wirtschaft auch helfen. Und dass mit der letzten Zinssenkung und einer weiteren im Herbst die Investitionen wieder anziehen. Da würde ein Investitionsfreibetrag – so wie in Deutschland jetzt – extrem helfen. Dann müssen nur noch wir unsere Hausaufgaben machen, etwa mit Entbürokratisierung oder die Lohnkosten in den Griff kriegen. Das sollte dann auch den Menschen Mut machen.
Apropos Entbürokratisierung: Die Kreditvergaberichtlinie KIM läuft jetzt zwar aus, wird aber in der Realität mehr oder weniger fortgeführt. Können Sie das angesichts der wirtschaftlichen Rahmenlage noch verstehen?
Nein, absolut nein! Gerade bei der Einführung hat sie schon antizyklisch gewirkt, weil sie den Abschwung noch verstärkt hat. Und jetzt wird sie für Banken sogar noch verschärft, weil wir noch mehr Reporting machen müssen. Das ist eine ganz klare Bitte an die Politik, sich das noch einmal anzuschauen. Es gibt zwar bei der Eigenheimfinanzierung einen leichten Silberstreif am Horizont, aber die Verordnung tut trotzdem sehr weh.
Wie stark trifft sie die Bankenabgabe?
Sehr. Sie trifft uns mit rund 31 Millionen Euro im Jahr und sie ist für mich so nicht nachvollziehbar. In der Blau-schwarzen-Koalition wäre die Steuer mit einer Entbürokratisierung verknüpft gewesen. Etwa in Hinblick auf die Intensität der Prüfungen von OeNB und FMA. Das wäre sicher sehr positiv gewesen.
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