Bankchef: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ÖVP umfällt"

Der selten um ein offenes Wort verlegene Chef der oberösterreichischen Oberbank, Franz Gasselsberger, nimmt sich auch der Präsentation der Halbjahrszahlen seines Instituts kein Blatt vor dem Mund. Angesprochen auf die bisherige Leistung der Dreierkoalition, nennt er das staatliche Pensionssystem als Beispiel. "Es vertraut keiner mehr dem Pensionssystem. Das sieht man am Boom der privaten Altersvorsorge." Als er die Pensionsreform der Regierung vor einiger Zeit als "Reförmchen" bezeichnete, habe er sich den Unmut der Politik zugezogen.
Wäre er in der politischen Verantwortung, wäre er sofort zu Beginn der Legislaturperiode die heißen Eisen angegangen. Nun habe er aber die Sorge, dass die Regierung Preiseingriffe und eine Erbschafts- sowie Vermögenssteuer einführen möchte. Finanzminister Markus Marterbauer bereite bereits das Feld dafür vor. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ÖVP umfällt."
Apropos Steuern: Die Bankenabgabe seines Instituts stieg im Halbjahr von 2 auf 7 Millionen Euro. "Sie wurde überfallsartig eingeführt", beklagt sich Gasselsberger. Nach dem Motto "Die können's sich's eh leisten, die haben keine Lobby."
Zufrieden ist er hingegen mit den Halbjahreszahlen der Oberbank. Zwar fiel der Überschuss nach Steuern um 11 Prozent auf 179,2 Millionen Euro. Operativ habe sich das Geschäft jedoch stark entwickelt, getragen von Zuwächsen beim Provisionsergebnis. Das Zinsergebnis ging infolge sinkender Zinsen leicht zurück und beim Beteiligungsgeschäft gab es einen Einbruch um mehr als ein Drittel.
Das Kreditgeschäft ist Gasselsberger zufolge wieder angesprungen. Bei Konsumkrediten sei die Oberbank doppelt so stark gewachsen wie der Markt. Bei den Kreditausfällen gab es einen Rückgang von 3,64 auf 2,99 Prozent. Laut Gasselsberger liegt diese positive Entwicklung am sehr breit gestreuten Kreditportfolio. Bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen sei die Krise noch nicht ganz durch. "In der Oberbank wurde die Bremse rechtzeitig gezogen, somit ist das Thema bei uns kein Problem geworden."
Die Probleme bei gewerblichen Immobilienkrediten sei auf drei Faktoren zurückzuführen. Erstens auf die ab 2022 stark gestiegenen Zinsen. "Bis dahin habe es nur Aufwertungen bei Immobilien gegeben und Investoren hätten in der Goldgräberstimmung geglaubt, es würde ewig so weitergehen. Zweitens hätten einige Banken ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Und drittens habe sich die Diskussion zu einseitig um die KIM-Verordnung gedreht, die private Kreditnehmer betrifft. "Auch die Aufsicht hätte früher reagierren können", so Gasselsberger.
Unabhängig davon sieht der Banker hohes Potenzial im Ausland, insbesondere in Deutschland. Während Gasselsberger in Österreich bei den Filialen (91) nicht mehr expandieren, aber dennoch wachsen will, möchte er zehn weitere Standorte vorrangig im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen eröffnen. Aktuell gibt es in Deutschland 46 Filialen. "Wir sehen unsere große Chance in der Diskussion rund um die geplante Commerzbank-Übernahme durch die UniCredit, die zu großer Verunsicherung führt." Die Oberbank sei eine Alternative zu den Großbanken und der Sparkassen- und Genossenschaftssektor sei in Deutschland viel kleiner als in Österreich. Darüber hinaus seien auch Tschechien und Ungarn hochattraktiv. "Die beiden Märkte werden unterschätzt." Das Wirtschaftswachstum sei hoch, die Währungen zum Euro stabil und das Kreditrisko geringer.
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