„Nur jeder zweite Mann zwischen 60 und 64 Jahren arbeitet. In Österreich gibt es eine Tendenz früh in Pension zu gehen“, sagt Statistik Austria-Chef Tobias Thomas. Im Vergleich zu Deutschland gibt bei den 55 bis 64-Jährigen einen deutlichen Unterschied. Während in Österreich in dieser Altersklasse nur 57,3 Prozent arbeiten, sind es in Deutschland 74,6 Prozent. Im Europa-Schnitt sind 63,7 Prozent der Personen zwischen 55 und 64 Jahren erwerbstätig.
Auffällig ist auch, dass immer mehr Frauen und Männer in Teilzeit arbeiten. „Ein interessanter Trend ist auch die Zunahme der Teilzeitbeschäftigung. Die Teilzeitquoten wachsen“, sagt Thomas. „2023 haben 33,9 Prozent der Beschäftigen Teilzeit gearbeitet, davon 50,6 Prozent Frauen und 13,4 Prozent Männer.“ Der hohe Anteil der Frauen hat unter anderem mit der Kinderbetreuung zu tun.
Indes beträgt die Teilzeitquote in Deutschland 30,2 Prozent. „In beiden Ländern ist die Teilzeitquote relativ hoch“, sagt der Experte. Im europäischen Schnitt liegt die Teilzeitquote bei 18,8 Prozent, nur in den Niederlanden beträgt sie 43,7 Prozent, dort hat Teilzeit seit Jahrzehnten Tradition.
Österreich wächst nur durch Zuwanderung
Fakt ist: Die Bevölkerung in Österreich wird bis 2080 von 9,1 Millionen auf 10,2 Millionen Einwohner ansteigen. Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 64 Jahren sinkt aber, hier wurde im Vorjahr das Maximum erreicht, wie eine Prognose der Statistik Austria aufzeigt. Ein Plus gibt es nur im Segment ab 65 Jahren, das 2060 bereits 29 Prozent ausmachen wird. Insgesamt wächst Österreich nur durch Zuwanderung, sagte Thomas.
"Wir rechnen damit, dass bereits in den 2060er-Jahren Österreich die Zehn-Millionen-Marke bei den Einwohnern knacken wird", sagte er. "Gäbe es keine Zuwanderung nach Österreich, würde die Bevölkerungszahl nicht wachsen, sondern schrumpfen und im Jahr 2080 nur 6,9 Millionen Menschen ausmachen." Das wäre das Niveau von 1950. Der Saldo aus Geburten und Todesfällen falle nämlich in der Prognose konstant negativ aus. "Es sterben also mehr Leute als geboren werden", betonte Thomas.
Leichte Bevölkerungsverluste in Kärnten
Das für Österreich prognostizierte Bevölkerungswachstum von 11,5 Prozent bis 2080 verteilt sich regional sehr unterschiedlich. Migrationsbedingt sind überdurchschnittliche Zuwächse in Wien zu erwarten, denn auf die Bundeshauptstadt entfällt ein Drittel der internationalen Zuwanderung nach Österreich. Einzig in Kärnten werden von den Expertinnen und Experten leichte Bevölkerungsverluste erwartet.
Im Vorjahr gab es hierzulande 5,6 Millionen Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren, diese Zahl wird laut Thomas sinken, bis 2040 um rund 265.000 Personen und danach bis 2050 auf einem Niveau von rund 5,3 Millionen stagnieren. Bis 2063 dürfte sie auf ein Minimum von 5,2 Millionen absinken und bis 2080 wieder leicht auf 5,3 Millionen steigen. Das habe Auswirkungen "auf sämtliche umlagefinanzierte soziale Sicherungssysteme, also zum Beispiel Gesundheit, Pensionen oder auch Pflege". Die Ausgaben für Pensionen würden beispielsweise "immer weiter steigen", erläuterte Thomas.
Schnellere Abfolge von Wanderungsbewegungen
Die Erwerbspersonenzahl wird in Österreich jedenfalls zurückgehen. "Ohne Zuwanderung würde das noch stärker ausfallen", betonte Thomas. Dass die Bevölkerung insgesamt wächst, habe auch mit geopolitischen Krisen zu tun, die immer wieder Migrationsbewegungen auslösen. Seit dem Jahr 2000 habe die schnellere Abfolge von Wanderungsbewegungen deutlich zugenommen. Die größte Herausforderung bei der Erstellung der nun präsentierten Bevölkerungsprognose sei die Migration, berichtete Regina Fuchs, Leiterin der Direktion Bevölkerung in der Statistik Austria.
Es sei die Annahme von einer Zuwanderung von 147.000 Menschen pro Jahr getroffen worden. Diese kann jedoch auch um 30.000 Personen höher oder niedriger sein, erläuterte Fuchs. Hinzu zur Gesamtprognose kommen die Abwanderung sowie die Geburtenbilanz und die Sterblichkeit.
"Die Fertilität hat sich in den letzten zwei Jahren sehr stark nach unten bewegt". Das werde in wirtschaftlich unsicheren Zeiten auch international beobachtet. Derzeit liege Österreich bei 1,3 Kindern pro Frau. Im langen Zeitraum sei davon auszugehen, dass sich die Quote wieder erhöht. Auch die Lebenserwartung, die während der Corona-Pandemie erstmals seit Jahrzehnten zurückgegangen ist, wird wieder steigen. Die Frage sei, wie groß der Anstieg ausfallen wird. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Bevölkerungsprognose "eine der sichersten Prognosen", im deutlichen Unterschied zum Beispiel zu Konjunkturprognosen, sagte Thomas.
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