Novomatic-Chef: "Lotterien sind ein gutes Investment"

Novomatic-Chef Harald Neumann: „Mit Verboten wird Glücksspiel in die Illegalität geschickt“.
In der Glücksspielszene spielt es sich heftig ab. Novomatic will sich weiter in die Lotterien einkaufen.

Zwischen einem Abstecher zur US-Tochter in Miami und auf dem Sprung zum International Economic Forum in St. Petersburg sprach Novomatic-Chef Harald Neumann mit dem KURIER über die Pläne des Konzerns.

KURIER: Sie erklärten in einem Presse-Interview, Novomatic werde kein Angebot für die Casinos Austria Gruppe, die Casag, legen. Dann kaufen Sie sich heimlich in die Lotterien ein, an denen die Casinos 68 Prozent halten. Was darf man eigentlich von Ihren öffentlichen Aussagen halten?

Harald Neumann: Casinos und Lotterien sind zwei unterschiedliche Unternehmen. Für die Casinos Austria werden wir kein Angebot gegen den Finanzminister legen. Dabei bleibe ich.

Das ist doch Wortklauberei. Sie sagen Nein und kommen über die Hintertüre bei der wichtigsten Beteiligung herein.

Das kommt auf die Fragestellung an. Wenn jemand gefragt hätte, ob wir Interesse an einer Lotterien-Beteiligung haben, hätte ich anders geantwortet.

Novomatic hat knapp acht Prozent an den Lotterien. Damit können Sie gar nichts bewirken.

Der Hintergrund ist relativ klar. Wir kauften vor einem Jahr Betware, einen Technologie-Marktführer, und sind in das Lotteriengeschäft eingestiegen. Wir haben schon zwei Projekte als Lotterien-Technologieprovider gewonnen, die israelischen Lotterien und eine spanische Lotterie. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, gerade im Heimatland eine Beteiligung zu bekommen, müssen wir handeln.

Ihr Einstieg sorgte für viel Aufregung. Wie wohl fühlen Sie sich als ungeliebter Miteigentümer?

Weltweit, nicht nur in Österreich, gibt es kaum eine vergleichbare Erfolgsgeschichte wie jene der Novomatic. Für die Lotterien kann es nur von Vorteil sein, einen derart kompetenten, finanzstarken Partner zu haben, der noch dazu aus Österreich kommt. Ich verstehe diese Aufregung nicht, das hat für mich eher emotionale Hintergründe als logische.

Trotzdem, als kleiner Mitspieler haben Sie keinen Einfluss.

Wir hoffen, dass das Management erkennt, dass es einen neuen Shareholder mit entsprechendem Know-how gibt. Wir sind ein global anerkannter Player im Gaming-Bereich und haben auch die nötige Finanzkraft, um Expansionen vorantreiben zu können.

Was kann Novomatic den Lotterien anbieten?

Wir haben die Technologie für die gesamte Lotterie-Abwicklung. Angefangen von den Terminals in den Trafiken bis zur Produktentwicklung, vom Rubbellos bis zu Online-Lotterie-Spielen.

Haben Sie mit anderen Lotto-Eigentümern schon Kontakt aufgenommen?

Ja, wir haben mit einigen Shareholdern Gespräche geführt.

Ist damit zu rechnen, dass Novomatic den Anteil in absehbarer Zeit erhöhen wird?

Das hängt nicht alleine von uns ab. Faktum ist, dass die meisten Shareholder ihre Beteiligung verkaufen wollen, und dass wir einer der möglichen Käufer sind. Mehr kann ich dazu derzeit nicht sagen.

Was ist Ihr Ziel bei Lotto?

Werden uns weitere Anteile zu einem fairen Preis angeboten, wollen wir diese kaufen. Wir glauben, das ist ein gutes Investment.

Der Finanzminister ist die oberste Glücksspielaufsicht. Warum haben Sie Minister Schelling nicht vorher über Ihren Lotto-Einstieg informiert?

Nachdem es sich um eine Minderheitsbeteiligung handelt, haben wir vorab keine Notwendigkeit gesehen. Es gibt auch keine rechtliche Grundlage, auf deren Basis wir das Finanzministerium vorher fragen müssten.

Sie meinen, unter den Lotto-Eigentümern gebe es im Gegensatz zu den Syndikatsverträgen bei der Casag keine Vorkaufsrechte.

Ja, es gibt in unserem Fall keinerlei vertragliche Vorkaufsrechte.

Lotto-Miteigentümer sind ganz anderer Meinung und haben sich das mit einem Gutachten bestätigen lassen.

Es bleibt natürlich jedem vorbehalten, das einer Prüfung zu unterziehen.

Was sagen Sie zu den Spekulationen, dass Ex-Bank-Austria-Chef Erich Hampel den Aufsichtsratsvorsitz der Novomatic übernehmen soll. Hampel ist Vize-Aufsichtsratsboss der Lotterien und Vorstand der B&C-Stiftung, die Ihnen jetzt ihren Lotto-Anteil verkaufte.

Senator Herbert Lugmayr wurde erst kürzlich in einer Hauptversammlung für die nächsten fünf Jahre zum Aufsichtsratspräsidenten der Novomatic bestellt. Darüber hinaus sind keine Änderungen im Aufsichtsrat geplant. Damit sollte das Thema erledigt sein.

Bei den Lotterien prüfen die Miteigentümer gerade, ob Hampel als Aufsichtsrat eine Pflichtverletzung begangen hat.

Den Verkauf eines Anteils an einen kompetenten Partner als Pflichtverletzung zu sehen, halte ich für eine interessante Perspektive.

Zu den Casinos. Warum soll man Ihnen jetzt noch glauben, dass Novomatic tatsächlich kein Interesse hat?

Wir sind in Österreich in fünf Ländern mit Landesausspielungen (Automatenspiel) präsent und hoffen, dass wir bald ein Voll-Casino in Wien und eines in Niederösterreich eröffnen können. Das ist für uns ausreichend.

Was halten Sie von den Verstaatlichungsplänen von Finanzminister Schelling für die Casinos Austria? Diese sind auch in seiner eigenen Partei, der ÖVP, höchst umstritten.

Das ist eine sehr grundsätzliche wirtschaftspolitische Frage. Eine Verstaatlichung im Glücksspielbereich entspricht jedenfalls nicht dem internationalen Trend, da der Staat meist keine ausreichenden Ressourcen und Möglichkeiten hat, einen Glücksspielbetrieb markttauglich zu führen. Die Rolle des Staates sollte sich auf die Aufsicht beschränken, um Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten und das illegale Glücksspiel zu bekämpfen.

Gleichzeitig ist der Staat Eigentümer. Vereinbar?

Das ist Ansichtssache. Doch für das Bild nach außen wäre die Schaffung einer unabhängigen Glücksspielbehörde, wie Novomatic seit langem fordert, besser. Beamte sind weisungsgebunden, Mitarbeiter einer unabhängigen Behörde nicht.

Im Berufungsverfahren über die neuen Konzessionen ist bis 20. Juli eine Entscheidung angekündigt. Welche Optionen hat Novomatic für die Standorte im Wiener Prater und in Bruck, NÖ?

Entweder die gesamte Ausschreibung wird zurückgeworfen, dann beginnt alles wieder von vorne und dauert zwei bis drei Jahre. Oder einzelne Punkte müssen nachgebessert werden, oder die Entscheidung wird bestätigt. In diesem Fall könnten wir unsere Casinos schnellstmöglich eröffnen.

Hoffen Sie, dass in Wien nach der Wahl das Automatenverbot wieder aufgehoben wird?

Alle Politiker, mit denen wir gesprochen haben, sagten ganz klar, dass sie kein illegales Glücksspiel wollen. Derzeit gibt es bereits einige Hundert illegale Automaten, langfristig dürften es mehrere Tausend werden. Das kann nur mit einer starken Regulierung und ganz klaren Regeln über Zutrittskontrollen verhindert werden. Und nur dann ist auch ein wirksamer Jugend- und Spielerschutz möglich. Ich bin zuversichtlich, dass sich die Politik dieses Thema nach der Wahl nochmals anschaut. Fünf Bundesländer haben dieses Problem schon erkannt. Ich würde mich wundern, wenn Wien als größter Markt nicht ebenfalls eine Regelung findet.

Karriere

Nach der WU startete Neumann bei Alcatel Austria und wechselte 2003 ins Bundesrechenzentrum. 2006 wurde er Chef von G4S, 2011 ging er zur Novomatic. Seit Oktober 2014 Vorstandsvorsitzender. Der Konzern des Industriellen Hans F. Graf spielte 2014 knapp zwei Milliarden Euro Umsatz und 363 Millionen Gewinn ein.

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