Neuer Pakt der EU: Briten sondern sich ab

Neuer Pakt der EU: Briten sondern sich ab
EU-Gipfel: Ein bilateraler Vertrag zwischen 26 Staaten soll Budgetdisziplin garantieren. Die Briten machen nicht mit, sie sind isoliert.

Nach elf Stunden Verhandlungen gab es den Offenbarungseid. Um den Euro zu retten und die Europäische Union dauerhaft zu stabilisieren, gehen die 17 Länder mit der gemeinsamen Euro-Währung plus neun weitere Staaten voran. Großbritannien bleibt draußen und ist nun innerhalb der EU völlig isoliert. „Der britische Premier David Cameron war nicht einmal bereit, mit uns zu reden. Das Agieren war nicht im Geiste Europas“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Bei den künftigen Entscheidungen der EU-26 wird Großbritannien nicht mehr am Verhandlungstisch sitzen. Die „Extrawurst“, die Cameron für den Finanzplatz London herausschlagen wollte, ist ihm im Hals stecken geblieben.

Sanktionen

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Auf diese Eckpunkte konnten sich die 26 Staaten einigen: Sie verpflichten sich in einem bilateralen Vertrag zu strenger Haushaltsdisziplin; verfassungsrechtliche Verankerung von Schuldenbremsen in den Euro-Ländern und auch in jenen Staaten, die noch nicht der Währungsunion angehören; Kontrolle der Einhaltung der Schuldenbremsen durch den Europäischen Gerichtshof, automatische Sanktionen, wenn ein Land das jährliche Defizit von drei Prozent des BIP überschreitet. Österreich werde das nicht treffen. 2012 will Österreich kein Defizit mehr vorweisen. Bis der Vertrag ratifiziert ist, werde es gut ein Jahr brauchen, sagte der Kanzler.

Zuerst sah es so aus, als würden diesem verschärften Pakt nur 23 Länder zustimmen. Die Regierungschefs von Schweden, Ungarn und der Tschechischen Republik konnten erst im Laufe des Freitag ihre Zustimmung erklären, nachdem sie Rücksprache mit ihren Parlamenten gehalten hatten.

Kanzlerin Angela Merkel verteidigte die mühsam erzielten Beschlüsse: „Wir schaffen eine neue Basis des Vertrauens, wir haben den Weg für einen dauerhaften stabilen Euro genommen. Das ist der Durchbruch zur Stabilitätsunion. “ 
Staatspräsident Nicolas Sarkozy betonte, dass ihm eine vertragliche Regelung mit allen 27 Staaten lieber gewesen wäre, aber Großbritannien habe zu hohe Forderungen gestellt und mit Veto gedroht. Dennoch: „Wir beginnen jetzt mit dem Aufbau der Fiskalunion.“
Auch Faymann hätte ein gemeinsames Handeln aller im Kampf gegen die Schuldenkrise favorisiert: „Diese Lösung war leider nicht möglich. Die Innenpolitik war wieder stärker als die Europapolitik. Cameron hatte offensichtlich keinen Spielraum.“ Der Kanzler betonte: „Was wir für richtig halten, haben wir erreicht.“

Ergebnisse

Schuldenbremse Der Haushaltsausgleich wäre erreicht bei einem strukturellen - also um Konjunktureffekte bereinigten - Defizit von nicht mehr als 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Kontrolle der Haushalte Die Kommission kann einen veränderten Haushaltsentwurf verlangen, wenn das Budget dem Stabilitätspakt zuwider läuft
Sanktionsverfahren Künftig soll auch die Einleitung des Sanktionsverfahrens bei Überschreiten der Drei-Prozent-Defizitgrenze nur mit einer qualifizierten Mehrheit der EU-Finanzminister zu stoppen sein.
Wirtschaftspolitische Zusammenarbeit Dies ermöglicht Regelungen im Kreis der Euro-Länder, doch soll der Binnenmarkt der 27 EU-Staaten nicht untergraben werden.
Eigener Vertrag Weil die nötige Einstimmigkeit für eine EU-Vertragsänderung nicht erreicht werden konnte, wollen die 17 Euro-Staaten noch vor März einen eigenen Vertrag schließen.
Krisenabwehr Der permanente Rettungsmechanismus ESM und der vorläufige Feuerwehrfonds EFSF sollen ab Mitte 2012 ein Jahr lang parallel existieren.
Rolle des IWF Die EU-Staaten wollen überlegen und innerhalb von zehn Tagen bestätigen, ob sie dem IWF über ihre nationalen Notenbanken zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 200 Mrd. Euro zur Verfügung stellen
Keine Eurobonds Der vom EU-Ratspräsidenten vorgelegte Entwurf der Erklärung sah zunächst auch vor, sich einen Fahrplan zur Einführung von Euro-Bonds vorzunehmen. Diese Passage wurde aber auf Druck Deutschlands gestrichen.

Klagsdrohung

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Auf Kritik stoßen die Beschlüsse im EU-Parlament. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, drohte mit einer Klage gegen den Rat, weil bilaterale Verträge möglicherweise gegen EU-Recht verstoßen.

Für Othmar Karas, den Vizechef der Europäischen Volkspartei, ist die Lösung nicht optimal. Er hätte sich eine „Koalition der Willigen“ gewünscht.

Keine Beschlüsse gab es über zusätzliche Kompetenzen für die Europäische Zentralbank (EZB), Eurobonds waren ebenso kein Thema mehr. Die EZB werde künftig allerdings den Rettungsfonds ESM verwalten.

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