Neuer ÖBAG-Präsident legt Glücksspiel-Job zurück
Es dauerte nicht lange. Am Freitag wurde Helmut Kern zum Aufsichtsratschef der soeben neu gegründeten Staatsholding ÖBAG gewählt. Der Überraschungskandidat von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Hartwig Löger hat viel Expertise als internationaler Berater und leitet seit 2015 das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder.
Am Dienstag bereits gab Kern eine Funktion ab, die auf eben dieser Beratungstätigkeit basierte und für scharfe Kritik der Opposition und der Glücksspielbranche sorgte. Kern legte sein Mandat als Vize-Aufsichtsratspräsident von bwin.party services Austria zurück, wie er dem KURIER bestätigte.
bwin.party wurde vom an der Londoner Börse notierenden Gaming-Konzern GVC übernommen und ist ein technischer Dienstleister. Kern war im Aufsichtsrat der Vorgänger-Gesellschaft betandwin und übersiedelte nach der Fusion in das Board von GVC (rund 28.000 Mitarbeiter). Er ging 2015 raus, übernahm aber auf Ersuchen der Konzernleitung noch den Aufsichtsratsjob in Österreich.
„Unvereinbar“, wetterten SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda und Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. bwin sei im Online-Spiel ein direkter Konkurrent der Casinos Austria, an denen die Staatsholding ein Drittel hält. Obendrein bietet bwin in Österreich Online-Gambling an, was gesetzlich nur der Casinos-Tochter win2day erlaubt ist.
bwin als auch das Finanzministerium hatten die Causa geprüft und keine Unvereinbarkeiten festgestellt. Mit der Begründung, der Aufsichtsrat der Tochter bwin.party rangiere in der Konzernhierarchie zu weit unten und Kern habe als ÖBAG-Präsident auch keinen direkten Einfluss auf die Casinos.
Kern sieht selbst natürlich auch keine Unvereinbarkeit und nennt ausschließlich Zeitgründe für den Austritt bei bwin.party. „Die Aufgabe als Vorsitzender des ÖBAG-Aufsichtsrates und die Leitung eines großen Krankenhauses erfordern meine volle Kraft. Ich habe mein Engagement bei bwin.party inzwischen beendet, andere Aufgaben reduziere ich“, erklärt Kern gegenüber dem KURIER.
So werde er seine Lehrtätigkeit an der TU Wien für Strategy und Business Policy mit Ende März auslaufen lassen und für mindestens ein Jahr zurückstellen. Im Universitätsrat der Uni Wien bleibt der neue ÖBAG-Präsident jedoch. Die Leitung der familieneigenen Beratungsgesellschaft (entstanden aus der Tätigkeit für Deloitte) übernimmt jetzt Ehefrau Michaela Kern, eine Steuerberaterin.
Vorstandbestellung hat Priorität
Absolute Priorität als ÖBAG-Präsident hat für Kern derzeit die Bestellung eines Vorstandes. Der Nominierungsausschuss tagte bereits und beauftragte einen Headhunter, voraussichtlich am 21. Februar wird die Ausschreibung veröffentlicht. Die Bewerbungsfrist läuft ein Monat.
Die Zeit drängt. Am 30. April muss die Spitze des Verbund-Aufsichtsrates neu besetzt werden. Gerhard Roiss und Vize Michael Süß verabschieden sich bekanntlich vorzeitig. Die Regierung will, dass die Staatsholding wieder in den Aufsichtsräten der Beteiligungsunternehmen vertreten ist und verankerte das im ÖBAG-Gesetz.
Der Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, gilt als Favorit. Ob sich andere Kandidaten dann überhaupt noch eine Chance ausrechnen und sich bewerben? Dazu Kern: „Ich freue mich über gute Bewerbungen.“ andrea.hodoschek
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