Neue Zuwanderer: Gut gebildet, falsch eingesetzt

Die Qualifikation der Zuwanderer in Österreich hat in den vergangenen zehn Jahren viel stärker zugenommen als jene im EU-Durchschnitt.
Österreich hat laut OECD besser gebildete Migranten als die übrigen EU-Länder.

Die weitverbreitete Meinung, dass Österreich nur schlecht qualifizierte Ausländer anziehe, ist schlichtweg falsch. "Österreichs Zuwanderer sind besser ausgebildet als jene im Durchschnitt der EU und auch besser als jene in den USA", zieht Thomas Liebig ein Resümee seiner Untersuchung bei der Tagung zum Thema "Mitgebrachte Qualifikationen: Zeit für Anerkennung" in Wien.

Liebig ist Migrations-Experte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der die erste OECD-weite Studie über Arbeitsmarkterfolge und Qualifikation von Zuwanderern erstellt hat. Laut Studie haben mehr als 75 Prozent der im Ausland geborenen Beschäftigen hierzulande eine im Ausland erworbene Qualifikation. Europaweit sind es so wie in den USA nur 70 Prozent. Zudem habe die Qualifikation der Zuwanderer in Österreich in den vergangenen zehn Jahren viel stärker zugenommen als jene im EU-Durchschnitt, betont Liebig.

Das Problem in Österreich sei also nicht so sehr die Ausbildung der Zuwanderer, als vielmehr die Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer versprach bei der Tagung ein Bundesgesetz zur Anerkennung ausländischer Ausbildungen. Der Prozess soll schneller und vor allem transparenter werden. Denn viele Zuwanderer würden derzeit gar nicht erst versuchen, ihre ausländischen Ausbildungen in Österreich anerkennen zu lassen. Gut ein Drittel aller Zuwanderer arbeiteten daher unter ihren Qualifikationen.

Verdrängungseffekt

Durch den verstärkten Zuzug gut qualifizierter Ausländer geraten gering Qualifizierte immer stärker unter Druck. Schon seit Monaten steigt die Ausländer-Arbeitslosigkeit doppelt so stark wie jene der Inländer. Ende Mai waren 73.120 Ausländer auf Jobsuche, um 27,3 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Insgesamt stieg die Mai-Arbeitslosigkeit inklusive Schulungsteilnehmer um 12,1 Prozent auf rund 370.000 Betroffene (mehr dazu siehe unten).

Auch wenn die aktuellen Arbeitslosenzahlen hoch seien, müsse Österreich langfristig auf Zuwanderer setzen, um den Wohlstand erhalten zu können, ist Hundstorfer überzeugt. Größte Herausforderung für die Arbeitsmarktpolitik bleiben die Älteren, die mangels Jobangeboten vermehrt zu Langzeitarbeitslosen werden (+69 Prozent). Das AMS versucht mit Lohnsubventionen und mehr Beschäftigungsprojekten gegenzusteuern.

Die Arbeitslosigkeit ist im Mai weiter gestiegen. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen kletterte auf 290.892, Schulungen des AMS wurden von 79.251 Personen besucht. Insgesamt waren Ende Mai also 370.143 Personen (Arbeitslose und Schulungsteilnehmer) ohne Job, ein Zuwachs um 12,1 Prozent im Vergleich zum Mai 2013. Die Arbeitslosenquote in Österreich beträgt somit 7,7 Prozent - im EU-Vergleich ist das weiterhin die niedrigste vor Deutschland.

Neue Zuwanderer: Gut gebildet, falsch eingesetzt
Auch im Mai setzte sich derTrend der vergangenen Monateweiter fort, so Sozialminister Rudolf Hundstorfer am Montag: Zwar stieg die Beschäftigung weiter, doch das Arbeitskräfteangebot stieg noch stärker. Dies sorge bei nach wie vor schwacher Konjunktur für eine weitere Zunahme der Arbeitslosen. Bei den angebotenen offenen Lehrstellen war sogar ein Rückgang zu verzeichnen. 4.289 registrierten Lehrstellensuchenden stehen nur 2.904 gemeldete offene Lehrstellen gegenüber.

Immer mehr Langzeitarbeitslose

Starke Zuwächse bei der Arbeitslosigkeit wurden im Mai bei Ausländern (+27,3 Prozent), Langzeitarbeitslosen (+69,5 Prozent, Details siehe unten) und Personen ab 50 (+23 Prozent) verzeichnet. Nach Branchen betrachtet war am Bau die stärkste Zunahme mit 22,4 Prozent zu verzeichnen. Bei der Arbeitskräfteüberlassung nahm die Zahl der arbeitslosen Leiharbeiter um 17,6 Prozent überdurchschnittlich zu. In der Warenproduktion (11,3 Prozent mehr Arbeitslose) und im Tourismus (13,2 Prozent) fiel der Zuwachs etwas geringer aus.

Gegliedert nach Bundesländern war das größte prozentuelle und absolute Plus in Wien zu verzeichnen, wo es im Mai um 19,7 Prozent mehr vorgemerkte Arbeitslose als im Vorjahr gab, knapp gefolgt von Oberösterreich mit 19,5 Prozent.

Kommentare