Neue Harmonie und alte Floskeln
Börsianer haben einen Hang zur Hysterie. Das findet wohl auch Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank. Er gibt sich beim G20-Gipfel betont cool. Seiner Meinung nach schaut es in der Weltwirtschaft gar nicht so übel aus, wie die Finanzmärkte vermuten lassen. "Vielleicht könnte man sagen, die konjunkturellen Perspektiven sind besser als ihr Ruf", so Weidmann beim Gipfel in Schanghai. Zu diesem waren die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer angereist.
Zuvor hatte Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), vor einer weiteren Eintrübung der Weltwirtschaft gewarnt. Für ihren Pessimismus gibt es eine ganze Reihe von Argumenten: Etwa, dass mit dem Ölpreisverfall die Börsen verrückt spielen und Chinas Wirtschaft 2015 so langsam gewachsen ist wie seit 25 Jahren nicht mehr. Währenddessen kämpft Europa mit der Flüchtlingskrise und Großbritannien könnte mit einem Ausstieg aus der EU (Brexit) für den nächsten Krisenherd sorgen.
Der britische Premierminister David Cameron warnte seine Landsleute am Sonntag in einem Gastkommentar im Daily Telegraph vor einem Austritt. "Wenn man diejenigen, die die Kampagne für einen Austritt führen, auffordert, ein Projekt außerhalb der Union aufzuzeigen, werden sie äußerst vage." Sie böten nur einen "Sprung ins Dunkle".
Schleppendes Tempo
Viele erhellende Neuigkeiten sind auch nicht im Abschlusspapier der Notenbanker und Finanzminister zu finden. Diesmal blieb beim Gipfel selbst die Standardforderung, dass Deutschland mehr Geld für Konjunkturprogramme in die Hand nehmen soll, aus. Im Abschlusspapier stehen viele bekannte Formulierungen . Etwa, dass Reformen die Weltwirtschaft befeuern sollen. Bereits beim G20-Gipfel 2014 in Brisbane wurde ein entsprechender Maßnahmenkatalog verfasst. Von den 800 nationalen Einzelmaßnahmen ist nicht einmal die Hälfte umgesetzt. Sowohl Lagard als auch OECD-Chef Angel Gurria sind sich einig, dass das schwächelnde Wirtschaftswachstum auch mit dem schleppenden Tempo zu tun hat, in dem Reformen umgesetzt werden.
Beim Treffen der Mächtigen gab es vor allem eins: Harmonie. "Es gab keinen Streit – nix", sagt ein Unterhändler zur dpa. Aber zumindest halte man den Kontakt und kenne sich besser, um im Ernstfall schneller handeln zu können.
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