Nespresso startet im Kaffeehaus-Geschäft

Nespresso-Manager Christophe Cornu sieht Potenzial für eine Kaffeehauskette. Gestartet wird in Wien.
Edle Kaffeehäuser und Boutiquen werten die Marke auf. Verkauft wird aber viel übers Web.

Nespresso startet mit dem Nobel-Caterer DO&CO im Kaffeehaus-Geschäft. Am 30. April wird das weltweit erste Lokal in der Wiener Mariahilfer Straße eröffnet, ein zweites in London folgt im Laufe des Jahres. Nespresso-Manager Christophe Cornu über Kaffeehäuser, Kapseln aus dem Automaten und das Einsammeln von gebrauchten Kapseln.

KURIER: George Clooneys Slogan "Nespresso – what else?" stimmt nicht mehr. 2011 hatte Nespresso schon 40 Mitbewerber – wie viele sind es heute?

Christophe Cornu: Etwa 190, aber es sind ja auch viele kleine darunter ...

Der europäische Kapselmarkt soll schon 7,5 Milliarden Dollar schwer sein – gibt es da noch viel Luft nach oben?

Auf jeden Fall, er entwickelt sich so rasant wie kein anderer Markt am Kaffeesektor. Wir sehen noch Potenzial.

Vor allem in Europa? Oder in den USA, wo noch immer am liebsten Kaffee aus großen Kannen getrunken wird?

Überall. Letztes Jahr sind wir unter anderem in Senegal und Ghana an den Start gegangen und haben unsere erste Boutique in Rumänien eröffnet.

Jetzt wollen Sie den Kaffee ja auch in eigenen Nespresso-Kaffeehäusern verkaufen. Wem ist das eingefallen? Nespresso oder ihrem Partner DO&CO?

Uns. Mit DO&CO haben wir einen international starken Partner gefunden, der sich um Essen in Premium-Qualität kümmert. Es gibt ja schon Hunderte Coffeeshops, wir müssen also etwas Besonderes machen.

Wie viele Lokale sollen folgen?

Wir sind jetzt einmal in einer Testphase, auf jeden Fall kommt im Laufe des Jahres ein zweites in London.

Die Kaffeemaschine im Lokal wird mit Pads gefüttert. Wie viele Kaffees können denn pro Stunde zubereitet werden?

Rund 300.

Klingt auch nach viel Müll. In Österreich gibt es schon 1400 Sammelstellen, bei denen man die gebrauchten Kapseln abgeben kann. Wie viel Prozent werden denn wirklich abgegeben?

Dazu geben wir keine Zahlen bekannt, aber wir haben 2009 in Österreich ein eigenständiges Sammelsystem eingeführt. In Österreich haben 84 Prozent der Leute eine Sammelstelle im Umkreis von fünf Kilometern. Das ist im internationalen Vergleich viel – da liegt die Quote bei 75 Prozent.

In Österreich gibt es aktuell zehn Nespresso-Shops. Sehen Sie Platz für noch mehr?

Ja, es müssen ja nicht immer große Boutiquen sein.

Sondern?

Im Lokal in Wien werden wir auch einen Automaten haben, bei dem man die Kaffeekapseln kaufen kann. Wenn das von unseren Kunden angenommen wird, könnte dieses Konzept künftig für Einkaufszentren interessant werden.

Haben Sie das schon erprobt?

Ja, wir haben schon sechs solcher Automaten, unter anderem an Flughäfen. Sie werden gut angenommen.

In den USA macht Nespresso 60 Prozent des Umsatzes über den Verkauf im Internet. Ist die Quote in Europa ähnlich?

Es sind alle Vertriebslinien – Internet, Boutique und Callcenter – wichtig. Genaue Zahlen sagen wir nicht – und sie unterscheiden sich auch von Land zu Land stark. In den USA wird schon allein wegen der großen Distanzen zum nächsten Shop viel online gekauft.

Rufen wirklich noch viele Leute am Service-Telefon an, um Kapseln zu bestellen?

Nein, es sind wirklich nicht so viele. Nespresso geht es dabei aber nicht um den Umsatz, sondern um den Service.

Große Mitbewerber von Nespresso pressen nun auch Tee in Kapseln. Werden Sie bald nachziehen?

Nein, wir bleiben beim Kaffeegeschäft.

In den Boutiquen verkauft Nespresso aber so ziemlich alles, von der Kaffeetasse über die Schokolade bis hin zum Zucker. Werden solche Zusatzgeschäfte wichtiger?

Nein, aber sie runden unser Angebot weiter ab und passen zum Gesamterlebnis von Nespresso.

Was verkauft Nespresso – ein Erlebnis oder Kaffee?

Ein Erlebnis, vielleicht ein Kaffee-Erlebnis (lacht).

Nestlé-Tochterfirma: Nespresso ist eine Tochter des größten Lebensmittelherstellers der Welt, der Schweizer Nestlé-Gruppe. Das Unternehmen, gegründet 1986, hat als erstes Kaffee in Kapseln auf den Markt gebracht, damit allerdings die ersten neun Jahre Verluste geschrieben. Heute gilt Nespresso als eine Cashcow von Nestlé. Der Jahresumsatz wird auf mehr als 4,2 Mrd. Schweizer Franken (4 Mrd. Euro) geschätzt. Das Management hat es sich zum Ziel gesetzt, den Umsatz jährlich um 500 Mio. Franken zu steigern.

Christophe Cornu: Der Franzose ist seit 2008 Chief Commercial Officer von Nespresso und damit in 60 Ländern für die Marke verantwortlich. Er ist seit 1997 bei Nespresso tätig.

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