Nationalbank: Neues Direktorium wieder reiner Männerclub
Die öffentliche Kritik war überschaubar. Nur Andrea Brunner, Geschäftsführerin der SPÖ-Frauen, zeigte auf und erklärte die 100-prozentige Männerquote im neuen Direktorium der Nationalbank zum „weiteren Armutszeugnis für die Frauenpolitik dieser Bundesregierung“.
Unter den 28 Bewerbern waren nur fünf Frauen. „Viele Frauen bewerben sich oft gar nicht, weil sie das Gefühl haben, sie hätten ohnehin keine Chance. Ich hätte mir sehr eine Frau gewünscht, es liegt sicher nicht daran, dass es keine qualifizierten Frauen gegeben hätte“, bedauert Maria Rauch-Kallat. Die Ex-ÖVP-Ministerin ist im Vorstand der Dr. Maria Schaumayer Stiftung. Die Stifterin war nicht nur Österreichs erste Frau an der Spitze einer Notenbank, sondern bei ihrer Bestellung 1990 weltweit die erste Präsidentin einer Nationalbank. Zweck ihrer Stiftung ist es, „Frauen Mut zu machen, vor allem akademische Führungspositionen selbstbewusst anzustreben“. Gefördert werden hervorragende wissenschaftliche Leistungen von Frauen.
Wer Maria Schaumayer gekannt hat, dem ist klar, dass die aktuelle Entscheidung nicht im Sinne der verstorbenen Top-Managerin ist. Seit 1945 schaffte es bis heute nur noch Gertrude Tumpel-Gugerell ins Direktorium.
Es ist nicht so, dass sich unter den Bewerberinnen keine qualifizierten Frauen gefunden hätten. Eva Eberhartinger, Professorin an der Wirtschaftsuni Wien und Leiterin der Abteilung für betriebswirtschaftliche Steuerlehre, war für den Gouverneur auf Platz drei und für den Vize-Gouverneur auf Rang zwei gereiht.
Eberhartinger ist in den Aufsichtsräten der Raiffeisen Bank International und der OeBFA, der Bundesfinanzierungsagentur. Die Professorin hat noch einen direkten Bezug zu Schaumayer. Sie erhielt ein Habilitationsstipendium der Stiftung.
Beworben hat sich wieder Martha Oberndorfer, Ex- Chefin der OeBFA. Sie leitete zuletzt die Staatsholding ÖBIB und hätte Erfahrung mit Staatsfinanzen plus dem Management von Großunternehmen mitgebracht. Den Karrieresprung ins Notenbank-Direktorium schaffte jetzt aber Oberndorfers ebenfalls ÖVP-naher Ex-Kollege Thomas Steiner.
Das Direktorium leitet die Bank und entspricht einem Vorstand. Die Agenden eines Aufsichtsrates hat der Generalrat. Dessen Spitze (Präsidium) muss die Hearings mit den Kandidaten abhalten und der Regierung pro Position einen Dreier-Vorschlag präsentieren. An diesen kann sich die Politik halten, muss aber nicht.
Das neue Direktorium stand politisch längst fest, aus rot-schwarz wurde türkis-blau. Gouverneur wird wie berichtet der FPÖ-Kandidat und Ex-Weltbanker Robert Holzmann, sein Vize der ÖVP-nahe Univ.Prof. Gottfried Haber und dann muss auch noch der blaue Wiener Landtagsabgeordnete Eduard Schock hinein.
Da war kein Platz mehr für eine Frau. Trotz aller grundsätzlichen Beteuerungen von Bundeskanzler Kurz und Finanzminister Löger zu Frauen in Führungspositionen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist das Frauen-Thema weniger ein Anliegen.
Dabei wäre für den Gouverneurs-Job Tumpel-Gugerell besser qualifiziert als alle Männer. Sie kennt das Notenbank-Geschäft von der Pike auf, war acht Jahre im Direktorium der EZB und hat hohe internationale Reputation. Unter der Vorgänger-Regierung galt sie als Top-Favoritin. Da sie der SPÖ zugerechnet wird, kommt die Spitzenbankerin für Türkis-Blau nicht in Frage. Das ist österreichische Realpolitik.
Generalrats-Präsident Harald Mahrer will die Entscheidung nicht kommentieren. Der Chef der Wirtschaftskammer setzt sich sonst stark für Frauen in Top-Positionen ein. „Wir brauchen mehr Top-Ökonominnen in der Geld- und Finanzpolitik. Hier haben wir wirklich großen Aufholbedarf und da werde ich in Zukunft ein Auge darauf haben. Auch die Zahl an weiblichen Vorständen in österreichischen Banken bzw. Finanzinstituten ist verbesserungswürdig. Da werden wir die Nachwuchsförderung weiter verbessern müssen“, sagte Mahrer kürzlich bei einem Frühstücks-Talk mit Finanzmarktexperten. Er konterte die hierzulande immer noch weit verbreitete Meinung, es gebe zu wenig qualifizierte Managerinnen, schon mal als chauvinistischen Schwachsinn und „billige Ausrede von Alt-Machos“ .
Seine blaue Stellvertreterin im Generalrat, Barbara Kolm, meint dazu: „Es stimmt natürlich, dass ich gerne eine weitere Frau in der Führungsetage der Nationalbank gesehen hätte. Faktum ist, dass es im Bewerberkreis viel mehr Männer als Frauen gab und es daher – rein statistisch – nicht verwundert, wenn die Männer hier vergleichsweise überrepräsentiert sind“.
Wichtiger als das Geschlecht sei für sie aber „ohnehin die Qualifikation der sich bewerbenden Person. Übrigens darf ich anmerken, dass im zweiten Führungsgremium der OeNB, dem Generalrat, die Frauen im Vergleich zur Anzahl von Frauen in der Finanzindustrie überrepräsentiert sind“.
Stimmt schon, Kolm ist die erste Frau im Präsidium des Generalrates, insgesamt sitzen vier Vertreterinnen in dem Gremium. Aber der Generalrat führt nicht die Bank und Geldpolitik ist Angelegenheit des Gouverneurs.
Kolm sitzt für die FPÖ noch im Aufsichtsrat der ÖBB-Holding und des Vereins Wiener Städtische, der 70 Prozent am börsenotierten VIG-Konzern hält. Im 14-köpfigen Generalrat ist noch Bettina Glatz-Kremsner, ÖVP-nahe Vorstandsdirektorin der teilstaatlichen Casinos Austria. Das Mandat von Gabriele Payr läuft in diesem Jahr aus. Die Ex-Chefin der Wiener Stadtwerke hat ein altes SPÖ-Ticket. 2019 endet auch die Funktionsperiode von Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner. Komfortabel für die Regierung, dass zwei Mandate ablaufen, da kann wieder proporzmäßig türkis-blau nachbesetzt werden. Für die Belegschaft ist noch Birgit Sauerzopf vertreten, sie ist Vize-Chefin des Zentralbetriebsrates.
Im Eigentum der Republik, unterliegt die Nationalbank dem Bundesgleichbehandlungsgesetz. Heißt, bei gleicher Qualifikation sind Frauen solange zu bevorzugen, bis Gleichstand erreicht ist. 2017 lag der Frauenanteil in Management-Positionen bei 30 Prozent und auf Expertenebene bei 35 Prozent. Noch zuwenig, aber „wir sind auf einem guten Weg, die Quote in den nächsten Jahren in Richtung 50 Prozent zu verbessern“, sagt Bank-Sprecher Christian Gutlederer.
Maria Schaumayer
KarriereSie wurde 1990 nicht nur die erste Frau in Österreich an der Spitze der Notenbank, sondern die erste Nationalbankchefin weltweit. Schaumayer begann in der CA, ging als Stadträtin für die ÖVP in die Wiener Kommunalpolitik und war bis 1989 Finanzchefin der OMV. Sie war schon fünf Jahre in Pension, als sie 2000 ehrenamtlich als Regierungsbeauftragte die Entschädigung für Zwangsarbeiter abwickelte. Zu ihrem 60. Geburtstag gründete sie die Schaumayer-Stiftung. Sie starb im Jänner 2013.
Sie begann 1975 in der Volkswirtschaftlichen Abteilung der OeNB , schaffte den Aufstieg bankintern und war von 1998 bis 2003 Vize-Gouverneurin. Von 2003 bis 2011 war sie als bisher einzige Österreicherin im Direktorium der Europäischen Zentralbank. Die SPÖ-nahe Top-Bankerin ist Vize-Aufsichtsratschefin der OMV und Aufsichtsrätin im VIG-Konzern sowie in der deutschen Commerzbank. Sie war mit dem 2018 verstorbenen AK-Präsidenten Herbert Tumpel verheiratet.
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