Bankchef: "Wir müssen jährlich150 Millionen Euro verdienen"

Bankchef: "Wir müssen jährlich150 Millionen Euro verdienen"
Volksbank Wien-Chef Gerald Fleischmann erklärt, wo die Gruppe noch sparen muss und wie sie am Markt bestehen will.

Die österreichischen Volksbanken haben eine wahre Rosskur hinter sich: Nach der Beinahe-Pleite ihres ehemaligen Spitzeninstituts ÖVAG Ende 2011 und der Teilverstaatlichung haben sie Hunderte Mitarbeiter abgebaut und einen Großteil ihrer ehemaligen regionalen Unabhängigkeit an die neue Spitze, die Volksbank Wien, abgegeben. Der KURIER sprach mit Gerald Fleischmann, Generaldirektor der Volksbank Wien, über Kunden, Zinsen und die Chancen der Volksbanken am hart umkämpften Bankenmarkt.

KURIER: Herr Fleischmann, ist der Volksbankensektor nun endgültig saniert?

Gerald Fleischmann: Wir haben innerhalb der vergangenen vier Jahren mehr als 40 Fusionen durchgeführt und sind jetzt auf unserer Zielstruktur von acht regionalen Volksbanken plus die Ärzte- und Apothekerbank. In derselben Zeit haben wir es geschafft, uns von 10,5 Prozent Kapitalquote auf zwölf Prozent hochzuarbeiten und eine Gruppe zu schaffen, die nachhaltig Geld verdient. Wir sind aber noch nicht am Ziel.

Was ist das Ziel?

Die Kapitalquote muss weiter steigen auf 13 bis 14 Prozent und die Kosten müssen weiter sinken. Außerdem muss das restliche Staatsgeld zurückbezahlt werden.

Wie wollen die Volksbanken das alles erreichen?

Die Regionalbanken werden weitere Aufgaben an die Zentrale übertragen und der Sektor muss nachhaltig 120 bis 150 Millionen Euro im Jahr verdienen.

Wie viel konnte durch die Fusionen eingespart werden?

Seit 2015 haben wir damit die Kosten um zwölf Prozent reduziert. Jetzt ist noch eine 15-prozentige Kostenreduktion geplant. In Summe wollen wir auf minus 30 Prozent kommen. Das sind aber nicht nur die Fusionen. Wir haben insgesamt vieles optimiert. Die Natur der Volksbanken war ja, dass es viele kleine Filialen gab. Jede hat alle Aufgaben selbst gemacht. Aus den ehemals 460 kleinen sind 300 größere Filialen geworden. Deren drei zentrale Themen sind nun: Kunden, Kunden, Kunden. Alles andere machen wir in der Zentrale in Wien.

Was alles haben die Regionalbanken an die Volksbank Wien übertragen müssen?

Die Kredit- und Wertpapierabwicklung, Bilanzanalyse, Personalverrechnung und Produktentwicklung stehen unter einheitlicher Führung. Jetzt kommt noch der letzte große Schritt. Wir haben uns mit den acht regionalen Volksbanken und der Ärztebank darauf geeinigt, dass die Steuerung, die Regulatorien, das Controlling nicht mehr neun Mal, sondern ein Mal in der Volksbank Wien gemacht wird. Auch die Revision brauchen wir nicht neun Mal. Wir haben einen zentralen Pool an Revisionisten. Sie schwirren hinaus und prüfen die Banken.

Da brauchen Sie weniger Mitarbeiter ...

Unsere Zielstruktur wird sein, dass wir mit 3000 Leuten auskommen, 75 bis 80 Prozent davon sollen mit den Kunden arbeiten. Jetzt haben wir rund 3800 Beschäftigte. Das Verhältnis der Kosten zu Erträgen soll bis 2022 auf 60 Prozent zurückgehen. Aktuell liegen wir noch in der Gegend von 80 Prozent.

Werden damit auch die Gebühren für die Kunden sinken?

Wir sind im Privatkunden- sowie im Klein- und Mittelbetriebsbereich tätig. Dafür werden wir Standardprodukte billiger produzieren.

Kosten senken ist die eine Seite. Aber werden die Volksbanken auch Gewinne schreiben?

Die Volksbankengruppe muss wie gesagt nachhaltig 120 bis 150 Millionen Euro im Jahr verdienen, damit der geplante Kapitalaufbau gelingt. Dabei setzen wir normalisierte Risikokosten von 50 Millionen Euro aus. Mit einem solchen Jahresgewinn würden wir rund ein Prozent Kapital jährlich aufbauen können.

Und wann zahlen Sie die Staatsgelder zurück?

Bis Ende 2021 müssen wir 125 Millionen an den Staat zurückzahlen, bis Ende 2023 weitere 100 Millionen. Aktuell haben wir 75 Millionen zurückbezahlt. Das wird sich alles ausgehen.

Woher kommen die Gewinne? Banken jammern allgemein, dass sie bei den tiefen Zinsen wenig verdienen.

Egal, welche Bank man anschaut: Die Kreditnachfrage ist gut, Ausfälle sind kaum gegeben. Auch die Volksbanken haben einen irrsinnigen Wachstumsschub bei den Krediten. Das bringt die Gewinne. Aber mit Spareinlagen und dem Girokonto verdienen wir nichts mehr. Dieser Einkommensteil ist komplett weggebrochen. Das müssen wir mit Kostensenkungen kompensieren.

Haben die Volksbanken noch Geld bei der EZB liegen?

Leider sehr viel. Bei minus 0,4 Prozent Zinsen. Das brauchen wir zur Aussteuerung der Liquidität.

Erwarten Sie, dass die Volksbanken langfristig eigenständig bleiben können?

Die Volksbanken müssen als gemeinsame Bankengruppe agieren. Dann haben wir 1,1 Millionen Kunden, eine Bilanzsumme von rund 30 Milliarden Euro und können dreistellig verdienen. Unter diesen Bedingungen gehen wir davon aus, dass wir alleinstehend bleiben können. Wir sind aber auf Kooperationen angewiesen. Wir verkaufen Fonds der Union, wir haben keine eigene Fondsgesellschaft mehr. Auch Konsumkredite vergeben wir nicht mehr selbst. Die kommen von der deutschen TeamBank.

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