Modeschmuck "made in Austria"
Der feine „Herr Graf“, wie er allseits genannt wird, wirkt noch etwas deplatziert im schmucklosen Firmengebäude von Pierre Lang in Wien-Liesing. Seit der 57-jährige Adelige aus dem bayrischen Pullach im Dezember überraschend den insolventen Modeschmuckhersteller übernahm, herrscht jedoch Aufbruchstimmung. Schließlich verspricht der neue Eigentümer trotz preisaggressiver Asien-Konkurrenz die Schmuck-Produktionen in Wien (180 Mitarbeiter) und Dublin (170) zu erhalten und wälzt als „langfristiger Investor“ ehrgeizige Expansionspläne.
„Pierre Lang wurde nur falsch geführt“, erläutert Hieronymus Graf Wolff Metternich im Gespräch mit dem KURIER, „die Firma ist im Kern gesund, Qualität, Design und Preis stimmen.“ Den Kaufpreis will er nicht verraten –„das ist eine sehr indiskrete Frage“ –, in das Unternehmen soll aber „ein zweistelliger Millionenbetrag“ investiert werden.
Pierre Lang, 1961 von Hans und Peter Andersen gegründet, musste im September des Vorjahres Insolvenz anmelden, weil der bisherige Eigentümer, der deutsche Direktvetriebs-Unternehmer Helmut Spikker, das Unternehmen finanziell aushöhlte und so in den Ruin trieb. Gegen Spikker wird in Deutschland ermittelt, in Wien gibt es bisher keine Strafanzeige. „Spikker spielt keine Rolle mehr“, sagt Metternich und lässt mögliche Schadenersatzforderungen prüfen.
Pierre Lang ist derzeit in neun Ländern aktiv. Metternich will „weiter nach Osteuropa“ vordringen. Zunächst geht es aber darum, mehr Schmuckberaterinnen für den Direktvertrieb zu gewinnen. Von den europaweit 6000 selbstständigen Beraterinnen, die jährlich fünf Millionen Schmuckstücke bei privaten Schmuckpartys verkaufen, sind durch die Insolvenz etwa 2000 abgesprungen. In Österreich blieben von den mehr als 800 nur noch rund 300 übrig.
Roadshow
Eine europaweite Pierre-Lang-Roadshow mit der neuen Frühjahrskollektion soll den Direktvertrieb wieder ankurbeln. Bei der Vermarktung will Metternich die Herkunft des Schmucks mehr in den Vordergrund stellen. „Pierre Lang ist made in Europe und kein Ramsch aus Fernost.“ Im Wiener Werk entwerfen rund 70 Schmuckdesigner die jeweiligen Kollektionen. Die Schmuckstücke werden teilweise in Handarbeit gefertigt und dann ausgeliefert. Am Direktvertrieb will Metternich nicht rütteln, eigene Shops sind nicht geplant. Die Schmuckpartys mögen zwar anachronistisch anmuten, meint er, aber gerade in Zeiten der Reizüberflutung spiele die Wohlfühlatmosphäre im Verkauf eine immer größere Rolle. „Social Commerce“ sei auch bei Investoren hoch im Kurs.
Pierre Lang ist das erste Österreich-Engagement der auf mittelständische Sanierungsfälle spezialisierten SMB Beteiligungsgesellschaft von Graf Metternich, Martin und Christoph Schoeller (Schoeller-Gruppe). Über eine weitere Beteiligung wird gerade verhandelt, verrät der Graf: „Ich schaue mir gerade mehrere mittelständische Unternehmen in Österreich an, uns interessieren vor allem Produktionsbetriebe“. Nachsatz: „Eine Schraubenfirma wäre aber nicht ganz so lustig wie eine Schmuckfirma.“
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