Modehandel: Rabattschlacht fix, Folgen ungewiss
Mitte voriger Woche schlug der deutsche Textilhandel Alarm. Durch die Verlängerung des Lockdowns bis mindestens Ende Jänner werde sich in den Modegeschäften „eine riesige Lawine von einer halben Milliarde unverkaufter Modeartikel auftürmen. Diese werde für viele Händler den Ruin bedeuten“, warnten Branchenvertreter.
Vier Tage später, am Sonntag, gab prompt die Modekette Adler ihre Insolvenz bekannt. Die deutsche Textilhandelskette mit 171 Märkten, davon 142 in Deutschland, soll unter Eigenverwaltung weitergeführt und saniert werden. Da die Geschäfte offen bleiben, ändert sich für Kunden erst einmal gar nichts. Auch nicht in Österreich, wo Adler mit 24 Filialen und fast 300 Beschäftigten vertreten ist. Die Österreich-Tochter sei vorerst nicht von der Insolvenz betroffen, bestätigt der Gläubigerschutzverband KSV1870. Laut APA liefen die Geschäfte hierzulande aber schon vor Corona nicht mehr so profitabel. Der Gewinn hat sich demnach 2019 auf 0,6 Millionen Euro halbiert.
Rabattschlacht
Auch in Österreich sitzen die Textilhändler auf Bergen von Winterware, während die Frühjahrskollektion quasi schon vor der Tür steht. „Nach dem Lockdown werden viele mit Rabatten von 50 Prozent aufsperren“, ist Günther Rossmanith überzeugt. Der Franchisenehmer von Mango auf der Wiener Mariahilfer Straße und Sprecher des Textilhandels fasst die Situation so zusammen: „Je teurer die Lage, desto schlechter das Geschäft.“ So gesehen müsste Rossmanith ein veritables Liquiditätsproblem haben, doch er sieht sich selbst in einer relativ komfortablen Situation. Das Risiko des vollen Lagers bleibt im Mango-Franchisesystem beim Franchisegeber, erklärt Rossmanith. Damit muss er nicht mit jenen Liquiditätsproblemen kämpfen, „die 99,9 Prozent der Modehändler gerade haben“.
Besonders zu kämpfen haben jene, die ein halbes Jahr im Voraus Ware bestellt und letztlich coronabedingt nicht verkauft haben. „Im stationären Einzelhandel hatten wir 2020 ein Umsatzminus von 25 bis 30 Prozent“, erläutert Karl Mayr, Chef der oberösterreichischen Modekette Fussl.
5 statt 60 Prozent
Zu seinem Familienunternehmen gehören 180 Filialen, davon 150 in Österreich. Trotz Krise gab es keine Kündigungen, betont Mayr. Und das, obwohl er im ersten Lockdown 23 Millionen Euro Umsatz verloren habe. Von einem 60-prozentigen Umsatzersatz vom Staat könne keine Rede sein. Schuld ist die Deckelung bei 800.000 Euro. „Wegen dieser bekommen wir umgerechnet nur fünf Prozent ersetzt, was eine himmelschreiende Sauerei ist“, findet der Chef von 1.200 Mitarbeitern. Wegen dieser Deckelung werde es speziell bei großen Firmen zu einer Insolvenzwelle kommen. Mayr: „Aber wir stehen das durch.“
Und zwar weiterhin ohne Webshop. Ein solcher sei keine Lösung, ist der Firmenchef überzeugt. Denn das Wachstum im Onlinehandel gehe vor allem auf das Konto der Versandhandelsriesen. Man müsse die Kirche im Dorf lassen. „Vor der Krise hatten die Onlineumsätze im Modehandel einen Anteil von 25 Prozent, jetzt 1,5 Prozentpunkte mehr.“ Anders formuliert: Die wegbrechenden Umsätze in den Geschäften konnten kaum abgefedert werden. Das bestätigt Rainer Trefelik, Modehändler aus der Wiener City. „Es wäre naiv zu denken, dass man mit seinem Webshop mit Konkurrenten wie Zalando mithalten kann, die jahrelang Millionen verbrannt haben, bis sie ihre heutige Logistik aufgebaut hatten.“
Wie viele Textilhändler heuer das Handtuch werfen müssen, will niemand prognostizieren. „Das hängt letztlich auch von den Maßnahmen und Förderungen ab, die noch beschlossen werden“, sagt Wirtschaftsforscher Peter Voithofer. „Aber natürlich werden es mehr als im Jahr 2020 sein, wo wir einen historischen Tiefstand hatten.“
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