Mit Wodka-Zuckerwatte gegen Krise

Mit Wodka-Zuckerwatte gegen Krise
In den USA boomen neue Geschmacksrichtungen. Hersteller drängen nach China, wo traditioneller Schnaps beliebt ist.

Einen Grund zum Feiern gibt es immer. Und in schlechteren Zeiten wird nicht unbedingt mit edlen Tropfen angestoßen. "Spirituosen-Marken leiden unter der Finanzkrise", sagt Marcus Thieme, Chef von Jägermeister für die Region Westeuropa. Allein in Großbritannien seien in den letzten Jahren acht billige Nachahmprodukte des deutschen Kräuterlikörs auf den Markt gekommen. Thieme: "Das kostet uns bis zu 600.000 Flaschen Absatz im Jahr."

Markenhersteller kommen also unter Druck – und damit auch ihre Kreativabteilungen. Speziell in den USA überschwemmen sie mit immer neuen Geschmacksrichtungen den Markt. So bietet der Hersteller Pinnacle in den USA mehr als 30 Wodka-Geschmackssorten – von Torte, Zuckerwatte und Marshmallow bis Doppelter Espresso. Und selbst die weltweite Nummer fünf der Spirituosenmarken – Jack Daniel’s – bietet seinen Tennessee Whiskey neuerdings auch mit Honig verfeinert an. Die neuen Produkte sollen die Absatz- und Umsatzzahlen stützen. Zudem werden die US-Geschäfte derzeit verstärkt mit Dumpingpreisen angekurbelt, beobachtet Thieme. Ob die Entwicklungen in den USA bald nach Europa überschwappen werden, ist in der Branche umstritten.

China

Feststeht, dass Hersteller aus aller Welt nach China drängen, wo derzeit am liebsten zu Flaschen nationaler Marken gegriffen wird. Schätzungen zufolge entfällt die Hälfte der Alkoholika-Umsätze auf Baijiu – die traditionellen Schnäpse. Entsprechend lang ist die Schlange internationaler Spirituosenvertreter, die auf Geschäfte mit Lokalbetreibern hoffen. "Die Einzigen, die dort derzeit richtig Spaß haben, sind chinesische Barbesitzer", meint Thieme. Jägermeister – aktuell in 90 Ländern vertreten – verkauft im 1,34-Milliarden-Einwohnerland gerade einmal 111.000 Flaschen im Jahr – in etwa so viel wie im Großraum Wien.

Die weltgrößten Hersteller holen sich ihre Wachstumsraten aber längst aus Asien. Die Nummer eins, der britische Konzern Diageo (Marken wie Johnny Walker, Smirnoff, Baileys), ebenso wie die Franzosen Pernod Ricard. Diageo hat im Vorjahr knapp elf Milliarden Pfund umgesetzt. Konkurrenz Pernod Ricard (Labels wie Ricard, Wodka Absolut und Martell) hält bei 8,2 Milliarden Euro. Beide schreiben Milliardengewinne. Und die Großkonzerne schlucken weiter kleinere Marken, um den Bars die gesamte Palette – von Rum über Gin bis Wodka – aus einer Hand aufzutischen und so den Konkurrenten ein Lokalverbot zu erteilen.

 

Werbevorschriften

So unterschiedlich wie die Trinkgewohnheiten – in Australien und in den USA trinkt man Jägermeister beispielsweise mit einem Energydrink – so unterschiedlich sind auch die Werbevorschriften. Österreich rangiert – was Letzteres betrifft – im Mittelfeld. So darf hierzulande Hochprozentiges nicht im Fernsehen und im Radio beworben werden. Das ist im Vergleich zu Slowenien eine sehr liberale Lösung. Dort gilt seit 2006 ein generelles Werbeverbot für Alkoholika – so wie auch in Norwegen. Was solche Verbote bringen, ist umstritten. In Slowenien wird seit Einführung des Werbeverbotes um vier Prozent mehr Alkohol konsumiert, so ein EU-Report.

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