Angriff der Optiker aus dem Internet

Angriff der Optiker aus dem Internet
Mister Spex: Führender europäischer Anbieter will 100.000 Kunden in Österreich. Ganz ohne Laden geht's nicht.

Wer ist Mister Spex? Während der Name in Österreich noch wenig bekannt ist, sorgen die "Optiker-Rebellen" aus Berlin am Heimmarkt Deutschland für Rumoren in der Branche. Vor allem der Einstieg der US-Investmentbank Goldman Sachs und die kürzlich avisierten Börsepläne lassen aufhorchen.

Angriff der Optiker aus dem Internet
Mister Spex
Mit Gratis-Versand und Diskont-Preisen schwang sich Mister Spex seit der Gründung vor acht Jahren zum führenden Online-Optiker in Europa auf. Zwei Millionen Menschen haben bereits Brillen dort eingekauft, die Hälfte davon in Deutschland. Seit einem Jahr ist Mister Spex auch in Österreich vertreten, inzwischen wird mit TV-Spots um Klientel geworben. "Wir wollen 100.000 Kunden in Österreich, weit sind wir davon nicht mehr entfernt", kündigt Mister Spex-Geschäftsführer Mirko Caspar im KURIER-Gespräch an.

7000 Brillen

Mehr als 7000 Brillen und Sehbehelfe offeriert das Unternehmen über seine Website, der Schwerpunkt liegt auf Marken- und Designerware. "Wir wollen die Art und Weise, wie man Brillen kauft, verändern", lautet das Credo. Das Konzept: Bis zu vier Brillen werden vom Kunden ausgesucht und kostenlos zur Anprobe nach Hause geliefert. Auch eine "Online-Anprobe" mittels 3-D-Bild ist möglich. Nach Rücksendung und Angabe der Sehstärke wird die ausgesuchte Brille nach einigen Tagen geliefert. Sehtests zur Feststellung der Sehstärke bzw. Anpassungen sind bei Partner-Optikern möglich. Die Kostenersparnis gegenüber dem unverbindlichen Verkaufspreis der Hersteller beträgt zwischen 30 und 40 Prozent.

Partner-Optiker

Neben dem Online-Handel sucht Mister Spex den Schulterschluss mit lokalen Optikern, die Beratung und Service anbieten. In Deutschland umfasst das Netz 500 lokale Partner, in Österreich konnte seit dem Markteintritt 30 Partner gewonnen werden. Weitere werden noch gesucht.

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Mister Spex-Geschäftsführer Mirko Caspar
"Ein lokaler Optiker verkauft etwa zwei bis drei Brillen pro Tag, mit uns können sie zusätzliche und auch ganz neue Käuferschichten in ihre Läden bringen", wirbt Caspar um Kooperationen. Die Online-Kundschaft sei jünger, das Durchschnittsalter liege bei 35 Jahren. Die Partner-Optiker sind am Umsatz beteiligt.

Unter den heimischen Augenoptikern herrscht Skepsis: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich viele Optiker zu bloßen Dienstleistern eines Online-Händlers machen lassen", sagt Bundesinnungsmeister Anton Koller. Die EU würde es zwar erlauben, dass jeder Kunde seine Brille machen lassen kann, wo er will, der reine Online-Handel funktioniere aber nicht. Die Korrektionsbrille sei ein beratungsintensives Produkt, das perfekt sitzen müsse. Für die richtige Zentrierung der Gläser müssten Pupillendistanz und Hornhautscheitelabstand genau ausgemessen werden. Beides sei via Internet nicht möglich, warnt Koller. Falsch sitzende Brillen könnten zu gesundheitlichen Beschwerden führen.

"Keine Angst"

Ähnlich argumentiert auch Robert Hartlauer, Chef der gleichnamigen Optiker-Kette: "Wir haben keine Angst vor Web-Anbietern." Brillen via Internet zu verkaufen sei in einer bestimmten Qualität gar nicht möglich und man wolle keine Kunden vergraulen. Weil Brillenkäufer zunehmend im Internet "gustieren" wollen, rüstet Hartlauer aber ebenfalls sein Web-Angebot nach und stellt das Sortiment online. "Der Kunde wird online vieles machen können, nur nicht bestellen." Dafür müsse er weiterhin in die Filiale kommen.

Der deutsche Premium-Anbieter Fielmann reagierte auf Mister Spex mit dem Start des Online-Vertriebs von Kontaktlinsen – vorerst aber nur in Österreich. Wie sehr der Markt in Bewegung ist, zeigt die Expansion weiterer Internet-Anbieter. So kaufte die britische MyOptique-Gruppe zuletzt in Deutschland zu.

Optiker-Branche

Mit Brillen, optischen Sonnenbrillen und Kontaktlinsen wurden 2014 in Österreich 486 Mio. Euro umgesetzt. Ein Jahr davor waren es 452 Mio. Euro. Es gibt 1184 Optiker-Geschäfte, darunter sind 306 Filialen von Hartlauer (161), Pearl (110) und Fielmann (35). Optikerketten und Fachopitker teilen sich etwa die Hälfte des Branchenumsatzes. Die Branche beschäftigt 4900 Mitarbeiter, darunter 490 Lehrlinge.

Brillenträger

51 Prozent der Österreicher ab 16 Jahren tragen eine Brille, wobei ein Viertel ständige Brillenträger sind und 26 Prozent gelegentliche. Bei den über 60-Jährigen sind 79 Prozent Brillenträger.

Brillenverkauf

Im Vorjahr wurden 1,49 Millionen optische Brillen verkauft. Der Durschnittspreis betrug 287 Euro. Elf Prozent der Österreicher sind Kontaktlinsen-Träger. 22 Prozent der Kontaktlinsen werden im Internet gekauft.

Mister Spex
Die Mister Spex GmbH mit Sitz in Berlin wurde 2007 gegründet, ist in elf Ländern aktiv und beschäftigt 350 Mitarbeiter, darunter 50 Optiker. 2014 setzte das Unternehmen 65 Mio. Euro um (+38 Prozent gegenüber dem Vorjahr) und schrieb operativ schwarze Zahlen. Das US-Investmenthaus Goldman Sachs erwarb zu Jahresbeginn 20 Prozent und stellte dafür ein Kapital von 32 Millionen Euro zur Verfügung. Das zentrale Brillen- Auslieferungslager ist in Berlin.

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