Minus am Konto unnötig teuer
Das Geschäft mit dem Kontoüberziehen blüht. Und die Banken verdienen gutes Geld damit. Bawag-Kundin Gabi S. erhielt dieser Tage ein seltsames Schreiben von ihrer Bank. Darin wird sie aufgefordert, ihre „Einkaufsreserve“ auf ihrem Girokonto doch zu nutzen. Schließlich betrage der „Aktionszinssatz“ für die Kontoüberziehung bis Jahresende nur 2,9 Prozent. Ab 1. 1. 2014 steige dieser wieder auf den Standardzinssatz von 9,5 Prozent. Frau S., die noch nie ihr Konto überzogen hat, wird die Aktion nicht nutzen. Fast zeitgleich erfuhr sie nämlich über den Kontoauszug, dass ihr Überziehungsrahmen automatisch um mehr als die Hälfte gekürzt wurde.
„Wir sehen Lockangebote wie diese sehr kritisch, weil sie einen Verschuldungsanreiz bieten“, sagt Bernd Lausecker, Bankenexperte beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Viele würden es gar nicht schaffen, innerhalb des Aktionsrahmens wieder ins Plus zu kommen und erst recht in die Zinsenfalle tappen.
Ist das Konto einmal überzogen, kann es empfindlich teuer werden. Zu teuer, wie Lausecker meint. Obwohl die Leitzinsen derzeit am Boden sind und Banken sich so billig wie nie Geld besorgen können, halten sie die Überziehungszinsen seit Jahren hoch. Eine VKI-Erhebung vom März dieses Jahres ergab eine Bandbreite von 4,6 bis 13,75 Prozent. Zum Vergleich: Im August 2009 lagen die Zinssätze zwischen 4,9 und 13,25 Prozent. Lausecker kann nicht nachvollziehen, dass die Zinsen seit Jahren auf derart hohem Niveau festgefroren sind. Das Argument der hohen Refinanzierungskosten greife nicht mehr. Der VKI fordert die Banken auf, die aktuellen Niedrigzinsen an ihre Bankkunden weiterzugeben.
Geheimniskrämerei
Kritik gibt es auch an der mangelnden Transparenz der Zinssätze, die immer öfter in Kontopaketen „eingerechnet“ werden. Je höher die Kontokosten, desto günstiger die Sollzinsen. „Verbraucher müssen sich dann alles selbst durchrechnen, was nur schwer möglich ist “, so Lausecker. Zumindest die Bawag (8,5 bis 13,25 Prozent) und Bank Austria (13,25 Prozent) geben ihre Standardzinssätze bei Kontoüberziehung übersichtlich im Internet an.
„Wie die Banken ihre Sollzinsen angeben, ist jeweilige Geschäftspolitik“, meint Franz Rudorfer, Bankensprecher in der Wirtschaftskammer. Kunden sollten diesbezüglich immer das Gespräch mit ihrem Bankberater suchen. Dass die Überziehungszinsen nach wie vor so hoch seien, begründet er mit strengeren Eigenkapitalvorschriften und anderen Kostenkalkulationen als beim Kredit. „Der Einkaufsrahmen ist Bestandteil des Kontos und nur für kurzfristige, überschaubare Ausgaben.“ Und Kreditzinsen seien in Österreich im EU-Vergleich sehr niedrig.
Am 1. Februar 2014 tritt das neue europäische Zahlungssystem SEPA in Kraft. Banken dürfen Überweisungen und Lastschriften dann nur noch mit den 20-stelligen internationalen Kontonummern (IBAN) bearbeiten. Die deutsche Bankgewerkschaft warnt bereits jetzt vor einem Konto-Chaos und fordert die Banken auf, für die Umstellung zusätzliches Personal einzustellen. Viele Firmen würden nämlich erst kurz vor dem Stichtag ihre Systeme umstellen, so dass der Wechsel in den Banken binnen weniger Tage abgearbeitet werden müsse. Durch den zusätzlichen Aufwand drohten Verzögerungen etwa bei den Gehaltsauszahlungen.
In Österreich haben die Banken bereits im Vorjahr schrittweise mit der Umstellung begonnen. „Anders als in Deutschland, wo man später begonnen hat, sind die Banken in Österreich gut vorbereitet“, sagt Bankensprecher Franz Rudorfer. Sehr wohl seien aber noch viele Unternehmen, besonders Klein- und Mittelbetriebe, nicht SEPA-reif. „Der Februar wird für alle Beteiligten eine große Herausforderung.“
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