Milliardenflucht aus der Schweiz

Milliardenflucht aus der Schweiz
Die Fahndung nach Steuerflüchtlingen und die geplanten Steuerabkommen machen den sicheren Hafen unsicher.

Die goldenen Zeiten für den Finanzplatz Schweiz scheinen endgültig vorbei. Jahrzehntelang galt er für Vermögende aus aller Welt als sicherer Hafen, um legale oder nicht ganz legale Einkünfte vor dem heimischen Fiskus zu verbergen. Die Verwaltung ausländischer Vermögen macht einen Gutteil des Bankengeschäftes aus.

Doch Schwarzgeld und Steuerhinterziehung werden angesichts knapper Staatskassen in vielen Ländern nicht mehr länger toleriert. Vor allem die USA und Deutschland üben massiven Druck auf die Schweiz aus, das Bankgeheimnis zu lüften und reiche Steuerflüchtlinge bei Nachforschungen der Finanzämter nicht mehr länger zu schützen. Die geplante Abgeltungssteuer mit Deutschland und Österreich macht Schweizer Konten für Superreiche teurer und daher weniger attraktiv. Die Folge: Ausländische Kunden laufen den Banken in Scharen davon und ziehen ihr Geld ab. "Wir gehen davon aus, dass insgesamt Hunderte Milliarden Franken aus der Schweiz abfließen werden", sagt Jürg Zeltner, Vermögensverwaltungschef der Großbank UBS.

Allein bei UBS dürften es zwölf bis 30 Milliarden Franken (9,9 bis 24,7 Mrd. Euro) sein. Derzeit verwaltet die größte Schweizer Bank 783 Mrd. Franken (644 Mrd. Euro) für Vermögende aus dem Ausland. Noch stärker trifft die zweitgrößte Bank Credit Suisse der Exodus. Sie rechnet in den nächsten zwei Jahren mit einem Abgang von 25 bis 35 Mrd. Franken (20,6 bis 28,8 Mrd. Euro).

Unversteuert

Der Großteil davon ist nicht versteuertes Geld aus Westeuropa. Einer Studie der Unternehmensberatung ZEB zufolge dürfte bis 2016 ein Viertel der in der Schweiz geparkten geschätzten 800 Mrd. Franken wieder außer Landes gebracht werden.

"Für Steuerflüchtlinge aus Deutschland ist der Finanzplatz Schweiz tot", sagt der deutsche Publizist Hans-Lothar Merten zum KURIER. Merten ist Autor des neuen Buches "Steuerflucht. Das Milliardengeschäft mit dem Schwarzgeld". Weil das margenstarke Geschäft mit den Ausländern einbreche, werde es im Schweizer Bankensektor zu Jobabbau, Fusionen und sogar Schließungen kommen. Besonders kleinere Institute werde es treffen.

Singapur

UBS und Credit Suisse würden ihren Kunden hingegen längst anbieten, unversteuertes Geld tiefer zu vergraben, etwa im boomenden Steuerparadies Singapur. "Der Fluchtpunkt Singapur ist für die Schweizer Großbanken sehr wichtig geworden, sie sind dort mit Tausenden von Mitarbeitern vertreten", so Merten. Reiche, die es dorthin zieht, müssten nicht einmal in den Flieger steigen, der Schweizer Bankberater erledige das sehr diskret. Devise: Weg aus der Schweiz, aber immer noch in Schweizer Hand.

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