Klagen auch in Österreich: Wie Milka und Co. zur Mogelpackung werden

Zusammenfassung
- Verbraucherschützer in Deutschland und Österreich klagen gegen Hersteller wie Milka wegen schrumpfender Produktgrößen bei gleichbleibendem Preis (Shrinkflation).
- Kritisiert wird die unzureichende Kennzeichnung der verringerten Füllmenge, wodurch Verbraucher über versteckte Preiserhöhungen getäuscht werden könnten.
- Auch Qualitätsminderungen (Skimpflation) und weitere Beispiele aus dem Lebensmittelbereich könnten mit strengeren gesetzlichen Regelungen bekämpft werden.
Die Tafel Milka-Schokolade sieht zwar genauso aus wie davor, die Verpackung ist auch genauso groß. Der Inhalt ist aber um zehn Prozent geschrumpft. Statt wie bisher 100 Gramm wiegt er nur noch 90 Gramm. Die deutschen Konsumentenschützer von der Verbraucherzentrale Hamburg haben deshalb eine Klage gegen den Milka-Eigentümer Mondelez wegen unlauteren Wettbewerbs eingebracht.
Mondelez gebe zwar die tatsächliche Füllmenge klein auf der Vorderseite der Verpackung an. Der winzige Zahlenaufdruck sei aber leicht zu übersehen, monieren die Verbraucherschützer. Die Tafel sei um rund einen Millimeter dünner geworden. Es handle sich um eine „Mogelpackung“.
Klagen auch in Österreich
Auch beim österreichischen Verein für Konsumenteninformation (VKI) sieht man sich die Milka-Schokoladetafeln näher an, wie es gegenüber dem KURIER heißt. Die Konsumentenschützer haben bereits einige Verfahren gegen Lebensmittelhersteller wegen der „Shrinkflation“ eingeleitet. Gegen wen will man beim VKI derzeit nicht sagen, weil es noch keine rechtskräftigen Urteile gibt. In einigen Fällen stehen sie laut VKI-Juristin Barbara Bauer aber kurz bevor.
“Hersteller nutzen die Methode, um Preissteigerungen zu verschleiern“, sagt Bauer. Es gebe zwar keine konkreten Kennzeichnungsvorschriften, es gebe aber das Verbot, Verbraucher in die Irre zu führen: „Wenn ich ein Produkt verkleinere, ohne das deutlich zu machen, ist das Irreführung.“
Die Angabe der Füllmenge auf der Verpackung reiche nicht aus, kritisiert die Rechtsexpertin. Denn der Durchschnittsverbraucher könne nicht damit rechnen, dass das Produkt geschrumpft werde. Man wisse in der Regel auch nicht, wie viel vorher in der Verpackung gewesen sei.
Deutliche Kennzeichnung gefordert
Der VKI fordert deshalb ebenso wie die deutschen Verbraucherschützer eine deutliche Kennzeichnung, dass die Verpackung eine geringere Menge beinhalte, wenn sie gleich groß bleibt oder sich die Größe nur geringfügig verringert hat.
Shrinkflation
Werden Produkte kleiner oder enthalten weniger Inhalt, der Preis bleibt aber gleich oder steigt sogar, spricht man von „Shrinkflation“. Dabei handelt es sich um „versteckte“ Preiserhöhungen. Konsumenten merken oft nicht, dass sie für den gleichen Preis weniger bekommen.
Skimpflation
Statt bei der Menge wird bei der „Skimpflation“ bei der Qualität gespart. Bei Lebensmitteln werden hochwertige Zutaten gegen billigere von minderer Qualität getauscht. Häufig wird der Fruchtgehalt reduziert oder Palmöl statt Butter oder Sonnenblumenöl verwendet. Bei Dienstleistungen wird der Leistungsumfang verringert.
„Dauerbrenner“
Rund ein Fünftel der beim VKI zu Lebensmitteln eingehenden Konsumentenmeldungen hatten in den vergangenen Jahren geschrumpfte Produktmengen zum Thema, sagt Teresa Bauer, Ernährungswissenschaftlerin bei dem Konsumentenschutzverein. Die Zahl sei zuletzt zwar leicht zurückgegangen. Die Shrinkflation bleibe aber ein „Dauerbrenner“.
Besonders stark betroffen ist das Süßigkeiten- und Snack-Sortiment. Milka ist nicht der einzige Schokoladenhersteller, der seine Tafeln bei gleichen oder sogar höheren Preisen schrumpfen ließ. Im vergangenen Jahr verringerte etwa Lindt das Gewicht seiner „Maître Chocolatier“-Produktlinie ebenfalls um fast zehn Prozent von 110 auf 100 Gramm. Der Preis blieb gleich. Auch bei Kellys- oder Pringles-Chips, Erdnüssen von Ültje, Mikrowellenpopcorn der Rewe-Eigenmarke Clever, Tutti-Frutti-Fruchtgummi, Ovomaltine, Blaschke-Kokoskuppeln oder Twix-Riegeln schlug die Shrinkflation in unterschiedlicher Intensität zu. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Zahlreiche weitere Beispiele finden sich auf den Seiten des VKI.
Die Hersteller verringern aber nicht nur die Füllmengen, sondern verschlechtern auch die Qualität ihrer Produkte, um Preissteigerungen zu kaschieren. Auch dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Statt Sonnenblumenöl wird etwa Palmöl eingesetzt, wie beispielsweise bei den Nestle-Frühstückscerealien Cini Minis (2023) oder bei den „Pommes Homemade Style“ von Spar (ebenfalls 2023). Häufig werden auch statt Fruchtsäften lediglich Aromastoffe verarbeitet, wie etwa bei einem Beerengetränk von Gröbi.
Manchmal werden bei gleichem Preis sowohl Qualität als auch Füllmenge reduziert. So etwa beim Efko-Krautsalat mit Speck. 2023 wurde nicht nur die Menge an Salat, sondern auch der Speckanteil verringert. Bei einem Löskaffee von Jacobs gingen heuer sowohl Kaffeegehalt als auch Nettogewicht deutlich zurück.
Strengere gesetzliche Regelungen
Auch die Bundesregierung will gegen solche Mogelpackungen vorgehen. Bei der heute, Dienstag, beginnenden Regierungsklausur sollen erste Maßnahmen bekannt gegeben werden, heißt es aus dem Sozialministerium.
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