Geld zurück für ungültige Klauseln? Was Mieter jetzt wissen sollten

Können Österreichs Mieter Milliarden an Mietzahlungen von ihrem Vermieter zurückfordern? Die Aufregung in der Immobilienbranche ist groß. Schon vor eineinhalb Jahren erklärte der Oberste Gerichtshof (OGH) die Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen für ungültig, wenn nicht dezidiert darin steht, dass in den ersten zwei Monaten eine Mietzinserhöhung ausgeschlossen ist. Kürzlich entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH), dass das Konsumentenschutzgesetz gewisse Wertsicherungsklauseln untersagen darf. Was bedeutet das für Mieter? Der KURIER fasst die wichtigsten Fragen zusammen.
Wann sind Wertsicherungsklauseln ungültig?
„Es muss in dem Mietvertrag drinnen stehen, dass in den ersten zwei Monaten keine Preiserhöhung stattfinden darf“, erklärt Daniela Holzinger-Vogtenhuber vom Verbraucherschutzverein (VSV). Fehlt dieser Passus, sei die Wertsicherungsklausel ungültig und jede Erhöhung, die auf dieser Klausel gefußt habe, rechtswidrig. „Wenn Sie vor zehn Jahren einen Vertrag abgeschlossen haben, haben sie das Recht, den Mietzins zu verlangen, den sie vor zehn Jahren unterschrieben haben und alles, was sie bisher zu viel gezahlt haben, können sie zurückverlangen.“
Wo im Mietvertrag stehen diese Wertsicherungsklauseln?
In der Regel in der Rubrik Mietzins.
Sind alle Mietverträge in Österreich betroffen?
Nein, nur Verträge mit gewerblichen Vermietern, keine mit privaten. Ein Vermieter ist dann unternehmerisch tätig, wenn er mindestens fünf Wohnungen vermietet.
In welcher Form muss der Vertrag vorliegen?
Der Mietvertrag muss in Form eines vorgefertigten Standard-Vertragsblatts abgeschlossen worden sein und es darf sich nicht um einen individuell vereinbarten Vertrag handeln.
Gilt das auch für Gemeindewohnungen?
Ja, auch für Mietverträge in Gemeindewohnung gilt diese Rechtssprechung. Das könnte zum Beispiel für Wiener Wohnen teuer werden.
Was sollen Mieter tun?
Sie können ihre Mietverträge auf rechtswidrige Klauseln untersuchen und die Erhöhungen zurückfordern. Nach aktueller Rechtslage in der Regel bis zu 30 Jahre rückwirkend. Das gilt auch für alte Mietverträge, wenn die Wohnung gewechselt wurde.
An wen können sich die betroffenen Mieter mit ihrem Anliegen wenden?
Wichtig: Jeder einzelne Fall muss geklärt werden, Sammelklagen gibt es nicht. Unterstützung bieten die Mietervereinigung, der Mieterschutzverband oder den Verbraucherschutzverein (VSV). Der VSV hat vor eineinhalb Jahren eine kostenlose Sammelaktion gestartet und schon für rund 300 Mieter Geld zurückgeholt.
Wird der Vermieter in der Regel geklagt und wie hoch sind die Erfolgschancen?
Die Voraussetzungen hängen vom jeweiligen Einzelfall ab. „Wir schreiben an die Vermieter und suchen einen Vergleich“, sagt Holzinger-Vogtenhuber. „Wenn wir 70 Prozent zurückbekommen, dann unterschreibt der Mieter gern einen neuen gültigen Vertrag.
Wie reagieren die Vermieter?
Der Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) fordert rasch eine gesetzliche Lösung für die Wertsicherungsvereinbarung. Viele Fragen seien unklar, etwa die Verjährungsfristen und ob die Klauseln nun zur Gänze oder nur in Teilbereichen gestrichen werden müssen. Sollten tatsächlich in Summe Milliarden-Rückforderungen erstritten werden, hätte dies fatale Auswirkungen auf die Erträge, Bewertungen, Investitionen und das Vertrauen in den Immobilienstandort Österreich.
Welche Gesetzesanpassung wird es nun geben?
Die Regierung kommt der Immobranche entgegen und plant eine Begrenzung der Verjährungsfristen für Mietzinsrückforderungen auf fünf Jahre. Begründet wird dies mit überraschenden Vorgaben durch die Judikatur, auf die sich die Betroffenen nicht einstellen konnten. Der Gesetzesentwurf, der auch eine Mindest-Befristung des Mietvertrages von fünf Jahren vorsieht, soll im Herbst ins Parlament kommen.
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