Julius V. und die Finanzmarktaufsicht

Julius Meinl V. – Anleger erfuhren vom Rückkauf erst nachher, FMA wusste schon früher Beschei.
Die FMA sei über den desaströsen MEL-Rückkauf informiert gewesen und habe zu spät reagiert.

Das schon acht Jahre dauernde Hauen und Stechen zwischen Julius Meinl V., seinen Bankern und der Finanzmarktaufsicht wird immer heftiger. Jetzt wirft die Meinl-Truppe der FMA neuerlich vor, die Aufsicht sei über den heftig umstrittenen Rückkauf von Zertifikaten der börsenotierten Immobiliengesellschaft MEL (Meinl European Land) informiert gewesen. Habe aber erst Monate später reagiert.

Meinl Bank: FMA beruft die Chefs ab

Der Rückkauf ist neben der irreführenden Sparschwein-Werbung, bei der gutgläubigen Anlegern vorgegaukelt wurde, die Zertifikate seien so sicher wie ein Sparbuch, der Hauptvorwurf gegen Meinl & Co.

Zur Erinnerung: MEL (heute Atrium samt neuen Investoren) hatte 2007 bis Ende August fast 90 Millionen an eigenen Wertpapieren zu teils überhöhten Kursen heimlich zurückgekauft. Die Folgen waren für die Anleger fatal. Der Kurs der Zertifikate stürzte ab und sorgte an der Wiener Börse für wochenlange Unruhe.

Die FMA schaute dabei tatsächlich nicht gut aus. Fakt ist, dass bereits am 28. Februar 2007 im Zusammenhang mit dem Rückkauf die erste Alarmmeldung im FMA-eigenen Überwachungssystem aufpoppte. Der Verdacht auf Marktmanipulation stand im Raum. Die FMA reagierte allerdings nicht. Kann vielleicht damit zu tun haben, dass die Behörde damals schwach aufgestellt war. Der Internationale Währungsfonds monierte in seinem Prüfbericht vom April 2008 neben anderen Kritikpunkten einen Personalmangel bei der Überwachung des Marktes.

Die Alarmmeldungen hätten Transaktionen der Meinl Bank für die MEL betroffen und seien nicht als Durchführung eines Rückkaufprogramms gemeldet worden, verteidigt sich die FMA heute. Wie wär’s mit Nachfragen gewesen?

Als der Rückkauf hinter dem Rücken der Anleger schon voll lief, kamen MEL offenbar Bedenken wegen der Veröffentlichungspflichten. Über die Anwaltskanzlei Hausmaninger teilte MEL der FMA am 5. Juli 2007 auf sechs Seiten die "Struktur des angestrebten Aktienrückkaufs" mit und ersuchte um "Bestätigung der dargestellten Rechtsauffassung".

Die FMA antwortete, zur vorgeschlagenen Vorgangsweise seien "noch folgende Punkte zu berücksichtigen ...". Dabei ging es nur noch um Details zur Veröffentlichungspflicht, aber nicht um den Rückkauf an sich.

Es handelte sich um eine "abstrakte Rechtsfrage" über einen möglicherweise durchzuführenden Rückkauf und die Publizitätsverpflichtungen, erklärt die FMA gegenüber dem KURIER. Über die Durchführung des Rückkaufs habe man erst aus dem Halbjahresbericht der MEL am 23. August 2007 erfahren. Der tatsächliche und volle Sachverhalt sei wesentlich von der Darstellung der Anwaltskanzlei abgewichen.

Trotzdem – im Februar klingelte die erste Alarmmeldung, im Juli wurde detailliert über einen Rückkauf korrespondiert und die FMA merkte nicht, dass dieser längst im Laufen war. Ein rechtzeitiges Eingreifen hätte den Anlegern vermutlich viel Geld erspart.

Erst am 18. September 2007 wurde eine Untersuchung wegen Marktmanipulation eingeleitet. Die Justiz hat bis heute keine Anklage wegen Betrugs und Untreue zustande gebracht. Das FMA-Verfahren ist verjährt.

Peter Weinzierl, Noch-Vorstand der Meinl Bank (er wurde von der FMA abberufen, die Bank legte dagegen Beschwerde ein), spricht von einem "typischen Verhaltensmuster. Die FMA weiß alles, schaut zu, unternimmt nichts und nachher sind alle verantwortlich, nur nicht die FMA".

Erinnert irgendwie an das Versagen und spätere Abputzen bei der Hypo.

Weinzierl muss sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, warum MEL nicht vor Beginn des Rückkaufs bei der FMA anfragte und die Anleger informierte. Die Antwort – die Frage einer korrekten Markt-Kommunikation sei erst während der Rückkaufs aufgetaucht, weshalb man bei der FMA um Abklärung angefragt habe –, wird die geschädigten Sparer kaum zufriedenstellen. Derzeit sind noch 891 Anlegerverfahren über insgesamt knapp 50 Millionen offen.

Julius V. und die Finanzmarktaufsicht
Claudia Annacker, Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP
Im Schiedsgerichtsverfahren mit der Meinl Bank wird die Republik Österreich vonCleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP(CGSH) vertreten. Die Causa übernimmt die ÖsterreicherinClaudia Annacker. Die Top-Juristin ist seit 2009 Partnerin der US-Kanzlei, die weltweit 1200 Anwälte beschäftigt. CGSH vertrat übrigens Russland vor dem internationalen Schiedsgericht in Den Haag gegen Ex-Aktionäre des zerschlagenen Ölkonzerns Yukos von Kreml-GegnerMichail Chodorkowski. Russland wurde zu 50 Milliarden Dollar Entschädigung verurteilt. Putin denkt natürlich nicht daran, zu zahlen. Dagegen sind die 200 Millionen Euro, die von der Meinl Bank vor dem Schiedsgericht bei der Weltbank in Washington eingefordert werden, eine Kleinigkeit.

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