Meinl-Gutachter schießt scharf gegen Staatsanwalt

APA3412946-2 - 13012011 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Der Sachverständiger Fritz Kleiner am Donnerstag, 13. Jänner 2011, vor Beginn der Verhandlung im AvW Prozess in Klagenfurt. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Der renommierte Sachverständige fühlte sich unter Druck gesetzt. Nun streitet er um knapp 457.000 Euro Honorar.

Der ehemalige Meinl-Gutachter Fritz Kleiner lehnt sich weit aus dem Fenster. Ausführlich legte er nun dem Wiener Landesgericht dar, wie die Staatsanwaltschaft Druck auf ihn ausgeübt habe. Das 214 Seiten dicke Konvolut, das Kleiner am 10. Juni ablieferte, wirft ein bezeichnendes Licht auf das Hauen und Stechen zwischen Staatsanwaltschaft und Julius Meinl V.

Die Justiz ermittelt schon seit fünf Jahren gegen Meinl und einige Manager wegen der Vorgänge um Meinl European Land (MEL). Am 5. Februar 2010 wurde Kleiner von der Staatsanwaltschaft Wien als Gutachter bestellt. Im November 2011 legte er zurück. Mit der Begründung, er fühle sich von der Staatsanwaltschaft unter Druck gesetzt.

Der renommierte Sachverständige streitet seitdem um knapp 457.000 Euro Honorar, bis dato wurden ihm 116.000 Euro zuerkannt. Das Oberlandesgericht forderte Kleiner auf, Unterlagen vorzulegen, dass er den Job nicht aus eigenem Verschulden hinwarf.

Kleiner lieferte. Er legte unter anderem eine Tagebuch-Eintragung vom 6. Mai 2011 vor: Staatsanwalt F. „weist mich durchaus öfters darauf hin, dass ich nicht beeinflusst werden soll. Mein Gefühl ist aber doch das, dass (ich) hier mein Gutachten mit dem der Polizei abgleichen soll, was ich mit Sicherheit nicht tun werde“. Die seit 30. März 2011 immer wiederholte Aussage des Staatsanwaltes, „dass ich nicht beeinflusst werden soll, hat mich stutzig gemacht“. Wiederholt sei er auf Abstimmung mit der Befundung der Polizei (LKA Niederösterreich) hingewiesen worden, deren leitender Ermittler habe zu intervenieren begonnen.

Meinl-Gutachter schießt scharf gegen Staatsanwalt
Julius Meinl, Meinl Bank honorarfrei
Es kommt noch stärker. Nämlich der bemerkenswerte Vorschlag des Staatsanwaltes, „Zwischenberichte als Befund abzugeben, nicht für den Akt, sondern nur für ihn selber (!!?)...“. Diese Befunde sollten dann zwischen Kleiner, Staatsanwalt und Polizei „abgestimmt werden“.

Der Staatsanwalt habe von einer „Blackbox“ gesprochen – einem Gutachten, dessen Inhalt er nicht kenne, das er aber vorher bezahlen müsse. Resumee Kleiner: „Ich habe in mehr als dreißig Gutachterjahren nicht nur niemals ein Gutachten vor seiner Fertigstellung mit Gericht und/oder Staatsanwaltschaft besprochen, noch wurde dies von mir erwartet. Was sonst als eine gezielte Einflussnahme auf das abzugebende Gutachten vor dessen Fertigstellung hätte diese Bemerkung denn bedeuten sollen?“

Alles sehr couragiert für einen Gutachter. Weitere Aufträge der Justiz dürfte Kleiner wohl nicht mehr so rasch erhalten. Gegenüber dem KURIER sagt er nur: „Ich wollte ein Gutachten machen. Weder für jemanden noch gegen jemanden.“

Derzeit wühlt sich mit Martin Geyer schon der dritte Sachverständige durch die Meinl-Aktenberge. Erstgutachter Günther Havranek wurde wegen Befangenheit abberufen und erhielt mehr als 700.000 Euro Honorar.

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