Mehr Marktmacht für die Molkereien

Mehr Marktmacht für die Molkereien
Der Ruf nach Fusionen am heimischen Milchmarkt wird lauter.

In den kommenden Monaten werden die Weichen für die Zukunft der heimischen Landwirtschaft gestellt. Die Diskussion über die künftige Organisation des gemeinsamen EU-Agrarmarktes hat bereits begonnen. Am Montag wird EU-Agrarkommissar Phil Hogan bei der Wintertagung des Ökosozialen Forums dazu Stellung nehmen.

Reform

Gleichzeitig läuft eine Diskussion über Reformen in der heimischen Molkereiwirtschaft. "Wir müssen die Marktmacht gegenüber dem Handel erhöhen. Daran führt kein Weg vorbei ", lautet die klare Vorgabe von Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosozialen Forum und Agrar-Landesrat in Niederösterreich. Es sei kein Problem für die drei Großen im Lebensmitteleinzelhandel, die vielen kleineren Molkereien gegeneinander auszuspielen. Bei Preisverhandlungen mit dem Handel sind große Molkereien mit einem entsprechenden Marktanteil in einer besseren Position. Die Funktionäre in den genossenschaftlich organisierten Molkereien müssen, so Pernkopf, "munter werden".

In Deutschland gab es 2010 die Fusion von Humana Milchunion und Nordmilch. Der neue Branchenriese Deutsches Milchkantor kam 2016 auf einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro. Die deutsche Wettbewerbsbehörde hatte mit der Fusion kein Problem, weil es mehrere große deutsche Molkereien wie etwa Müllner Milch mit einem Jahresumsatz von 1,8 Milliarden Euro gibt.

In Österreich wird immer wieder über eine Fusion von Berglandmilch und NÖM spekuliert. Dadurch würde eine Molkerei entstehen, die um ein Vielfaches größer ist als die Nummer Drei am heimischen Markt, die Gmundner Milch (siehe Grafik).

Auflagen

Es ist offen, ob und mit welchen Auflagen die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde einer solchen Fusion zustimmen würde. Bauernbundpräsident Jakob Auer hat est kürzlich die "vielen Auflagen" der Wettbewerbsbehörde bei der Fusion von Molkereien kritisiert.

Ein Fusions-Konzept wurde bislang allerdings nicht vorgelegt. "Es hat keine offizielle Anmeldung oder Pränotifizierung stattgefunden", betont Natalie Harsdorf, stellvertretende Geschäftsstellenleiterin der Bundeswettbewerbsbehörde. Harsdorf kann sich durchaus vorstellen, das ein Verhaltenskatalog erstellt wird, der die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Lebensmittelhandel und den vielen Molkereien regelt.

Geldstrafen

„Der österreichische Lebensmitteleinzelhandel ist durch eine hohe Marktkonzentration gekennzeichnet“, heißt es im Urteil zu Preisabsprachen bei Milchprodukten. Die Bundeswettbewerbsbehörde hatte das Verfahren beantragt. Allein im Bereich des Lebensmittelhandels wurden seit 2011 für Verstoße gegen das Wettbewerbsrecht Geldstrafen von fast 69 Millionen Euro verhängt. Es ging auch um Absprachen in den Bereichen Bier, Fruchtsäfte, oder Molkereiprodukte.
Die nicht weisungsgebundene Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wurde 2002 gegründet. Zuvor waren die Sozialpartner für Kartellfragen zuständig. Die BWB führt die Ermittlungen bei Kartellverstößen und stellt Geldbußenanträge an das Kartellgericht. Verglichen mit anderen europäischen Ländern ist die österreichische Behörde mit nur 34 Mitarbeitern (im Jahr 2015) eher schütter besetzt. In Finnland wachen 114 Mitarbeiter über das Kartellrecht. In Dänemark 232.

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