Mehr Fachkräfte aus Drittstaaten
Am 1. Juli 2011 wurde sie eingeführt, das große G’riss um sie ist aber ausgeblieben: Für die Rot-Weiß-Rot-Karte – die es Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern ermöglicht, in Österreich zu leben und zu arbeiten – haben sich im ersten Jahr knapp 2000 Menschen beworben. 1522 von ihnen haben die Karte bis Ende Juni auch ausgestellt bekommen, allen voran Manager, IT-Techniker und Spitzensportler (immerhin jeder Zehnte).
Die meisten von ihnen kommen aus Russland, gefolgt von Bosnien-Herzegowina und den USA (siehe Grafik).
"Bei den Kartenbesitzern handelt es sich um Menschen, die der österreichische Arbeitsmarkt dringend braucht", betont AMS-Vorstand Johannes Kopf. "Eigentlich könnte man für diese Leute den roten Teppich am Flughafen ausrollen."
Die Realität schaut aber anders aus. "Leider gibt es vereinzelt noch immer bürokratische Hürden", ärgert sich etwa Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung. So ist es noch immer nicht möglich, den Antrag auf elektronischem Weg zu stellen. Stattdessen müssen Interessierte bei der Botschaft bzw. dem Konsulat vorstellig werden.
Seit Mitte Juni können sich auch Fachkräfte sogenannter Mangelberufe – unter anderem Tischler, Schweißer, Diplomkrankenpfleger – aus Drittstaaten um die Rot-Weiß-Rot-Karte bewerben. Kopf rechnet mit rund 1500 Interessierten, schränkt aber ein: "Im Gegensatz zu den Spitzenjobs sind die Gehälter bei diesen Berufen relativ niedrig." Ob viele Fachkräfte aus Drittstaaten übersiedeln werden, bleibe also abzuwarten.
Mentoring für Migranten
Um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, muss Österreich "an allen möglichen Schrauben drehen", betont Anna Maria Hochhauser, Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Eine der Stellschrauben ist die Integration von Migranten.
Die WKÖ hat gemeinsam mit dem AMS und dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) 2008 ein Mentoringprogramm ins Leben gerufen, das es ab Herbst flächendeckend in Österreich gibt. Dabei helfen Mentoren Zuwanderern, einen ihren Qualifikationen entsprechenden Job in Österreich zu bekommen. Einer der Mentoren ist Johann Garstenauer, Personalleiter-Stellvertreter der Volksbank AG. Er hat unter anderem einen armenischen Banker betreut, der nun einen Job bei einem österreichischen Versicherer hat. Garstenauer spricht von einer Win-Win-Situation: "Die Armenier sind viel netzwerkorientierter als wir. Mittlerweile profitiere auch ich von seinem Netzwerk." Der Armenier sei mittlerweile einer der erfolgreichsten Vertriebsmitarbeiter der Versicherung. Von den bisher 700 Teilnehmern haben 40 Prozent während des 6-monatigen Programms einen Job gefunden. Die Bewerbungsfrist für die nächste Runde in Wien und Niederösterreich läuft bis 7. September 2012.
Kriterien: Mit Punkten zur Karte
Rot-Weiß-Rot-Karte Sie ist eine Kombination aus Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für qualifizierte Arbeitskräfte aus EU-Drittstaaten. Beantragen können sie besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte in 27 Mangelberufen (wie Schweißer, Diplom-Krankenpfleger), sonstige Schlüsselkräfte und Absolventen österreichischer Hochschulen.
Punkte Per Punkterechner wird ermittelt, ob die Voraussetzungen für den Erhalt der Karte erfüllt werden. Berücksichtigt werden unter anderem Ausbildung, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse und Alter.
Massiver Jobabbau in der Eurozone befürchtet
Die Arbeitslosigkeit hat seit 2010 in mehr als der Hälfte der Euroländer laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zugenommen. Aber auch in jenen Ländern, in denen zuletzt Jobs geschaffen werden konnten – neben Österreich auch Deutschland, Belgien, Luxemburg und Malta – werde sich die Situation laut ILO wohl nicht mehr weiter verbessern.
Die UN-Sonderorganisation warnt, dass ohne politische und wirtschaftliche Gegenmaßnahmen in den kommenden vier Jahren weitere 4,5 Millionen Jobs verloren gehen könnten. Dies würde die Zahl der Arbeitslosen in der Eurozone auf rund 22 Millionen anwachsen lassen.
"Ohne zielgerichtete Maßnahmen zur Erhöhung der Investitionen in der Realwirtschaft wird sich die Krise vertiefen und die Erholung des Arbeitsmarktes wird niemals beginnen", sagt ILO-Generaldirektor Juan Somavia.
Als Gegenmaßnahme empfiehlt die ILO u. a., Aktionen zur Reparatur des Finanzsystems mit Krediten für KMU zu verbinden, die Jobs schaffen. Bei Rettungsaktionen für Banken und Unternehmen sollen zudem die jeweiligen Aktionäre zur Kasse gebeten werden, statt dafür Steuergelder zu verwenden, die besser für Job-Maßnahmen eingesetzt werden sollten.
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