Mehr als ein Einkaufsgutschein

Mehr als ein Einkaufsgutschein
Vor Weihnachten wird in vielen Regionen Österreichs nicht nur in Euro gezahlt. Besonders gut geht der steirische Stiefingtaler.

Die Eurokrise verunsichert die Österreicher, dennoch wird das Geld vor Weihnachten mit vollen Händen ausgegeben. In etlichen Regionen Österreichs wird dabei nicht mit Euros, sondern mit Regionalwährungen gezahlt. Ein Lokalaugenschein ergab, dass die Geschäfte zum Teil sehr gut laufen.

30 Kilometer südlich von Graz: Vom Steuerberater bis zum Tankstellenpächter und Solarkollektoren-Installateur werden nicht nur Euros genommen. Denn in acht steirischen Gemeinden „regiert“ der Stiefingtaler. Er ist mehr als nur ein Einkaufsgutschein.

„600.000 Euro werden auf diese Weise heuer umgesetzt“, sagt Wolfgang Neubauer, der Obmann der Kleinregion Stiefingtal. „Die Kaufkraft bleibt in der Region. Insgesamt machen 630 Betriebe mit.“ Um jeweils 10 und 50 Euro sind die fälschungssicheren Scheine bei Bankinstituten einzuwechseln. „In der Vorweihnachtszeit geht bei uns das Doppelte an Stiefingtalern raus“, sagt Christine Rauch von der Raiffeisenbank St. Georgen.

Förderanreize

Neubauer, auch Bürgermeister von St. Georgen, konnte seine Amtskollegen überzeugen, Förderungen für Kanal oder Solaranlagen über den Stiefingtaler auszuzahlen. „Auch die Vereine bekommen ihre Zuwendungen in der Regionalwährung.“ Die umliegenden Einkaufszentren in Leibnitz und Gralla seien vergrämt, weil sie Kunden verlieren. „Gebühren und Verwaltungsstrafen kann man mit dem Stiefingtaler nicht zahlen“, betont der ÖVP-Bürgermeister. Das Kapital solle ja zur Belebung in die Wirtschaft dienen.

„Ich bin jetzt als Prediger in anderen Kleinregionen unterwegs. Das Interesse an einer Regionalwährung ist sehr groß.“ Gerade jetzt, wo im Zuge der steirischen Reform Gemeindezusammenlegungen bevorstünden, werde den Menschen stärker bewusst, dass ländliche Regionen nicht ausgedünnt werden dürfen. „Wenn der Bäcker nicht mehr da ist, das Lebensmittelgeschäft zusperrt, Arbeitsplätze auch im Gewerbe verloren gehen, da sind wir alle aufgewacht.“

Derzeit hat die Bevölkerung in den acht Gemeinden noch Wohlstand: Die Betriebe kommen auf 130 Mio. Euro Jahresumsatz und sichern rund 2700 Jobs.

"Dornröschenschlaf"

Nicht alles funktioniert. In Graz greift der Styrrion nicht so richtig. Das Zahlungsmittel wurde an der Freien Waldorfschule erfunden und soll Schülern die Bedeutung von Bioregionalismus näher bringen. 60.000 Euro werden pro Jahr umgesetzt. Einzulösen ist die Währung in alternativen Geschäften. Mit dabei ist Bioladen-Besitzer Micha Matzer. „Der Styrrion liegt im Dornröschenschlaf. Aber vor Weihnachten werden damit bei uns verstärkt Lebensmittel und Naturkosmetik gekauft.“

Münzen und Scheine als nettes Weihnachtspräsent

Mehr als ein Einkaufsgutschein

Das ist eine gute und unterstützenswerte Idee, um die Kaufkraft und die Wertschöpfung in der Region zu halten“, sagt Rene Tritscher, Geschäftsführer der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich. Aber der Erfolg hänge von der Akzeptanz der Bevölkerung und der Unternehmer ab.

Seit 2003 gilt in mehr als 500 Geschäften der Klagenfurt er Innenstadt der „City Zehner“: Eine Gutscheinmünze kostet 10 Euro, zu Weihnachten 2010 wurden City-Zehner um 350.000 Euro verkauft. Adriana Zuzzi-Stietka akzeptiert die Lokalwährung in ihrem Geschäft „Pötzl Geschenkartikel“: „Es ist ein schönes Geschenk und wir können die Münzen problemlos eintauschen.“ Viele Banken in der Innenstadt nehmen sie an und buchen den Betrag dem Geschäftskonto gut.

Vor vier Jahren schlug im burgenländischen Oberpullendorf die Geburtsstunde des „Krebslers“. „Zunächst war er als Geschenkmünze für Weihnachten gedacht“, erklärt Stadtmarketing-Obfrau Maria Bauer. Mittlerweile sei der Krebsler (Spitzname für die Oberpullendorfer) das ganze Jahr über gefragt und könne bei 72 Betrieben eingelöst werden. Heuer wurden Münzen (zu je 10 Euro) um 55.000 Euro „gekauft“.

Erst im Oktober ausgegeben, entwickelt sich in Wieselburg , NÖ, eine der jüngsten Regionalwährungen zum Selbstläufer. Vom „Wieselburger-10er“ wurden schon Zehntausende Stück ausgegeben. „Der 10er kann in 118 Betrieben eingetauscht werden und ist ein richtiger Renner“, bestätigt die Chefin des Haarstudios „Kamm & Schere“, Andrea Brunner.

Die Blechmünze kommt im edlen Look: Der Hallein er Kelten-Euro ist zwar nur im Wert von 10 Euro verfügbar, erfreut sich aber zunehmender Beliebtheit: „Es ist eine wichtige Strategie gegen den Kaufkraftabfluss in die Einkaufszentren der Landeshauptstadt“, betont etwa Rudi Grossauer, Wirt im Gasthaus Stadtkrug.

Für rund 500.000 Euro werden vor Weihnachten in Innsbruck Innenstadt-Geschenkmünzen zu zehn und 50 Euro eingewechselt. „Das hat sich in den vergangenen 25 Jahren gut entwickelt“, sagt Peter Zelger vom Verein Innsbrucker Innenstadt. 150 Kaufleute nehmen das an.

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