Manpower-Chef: "Job-Bonus wird kein großer Renner"
Zwei Milliarden Euro pumpt die Regierung in die Wirtschaft, um mit einem Beschäftigungs-Bonus Neuanstellungen zu fördern. Firmen, die zusätzlich eine Arbeitskraft für mindestens sechs Monate aufnehmen, ersparen sich bis zu drei Jahre lang die Hälfte der Lohnnebenkosten. 160.000 Jobs sollen damit ab Juli zusätzlich geschaffen werden.
Was in der Theorie gut klingt, sorgt in der Praxis für Rätselraten und Skepsis. Gerade in jenen Branchen, die am meisten Personal rekrutieren und daher profitieren sollten – die Zeitarbeit und der Tourismus –, stößt der Bonus auf wenig Gegenliebe. "Der Beschäftigungs-Bonus wird kein großer Renner, das ist höchstens eine Mini-Maßnahme", sagt Manpower-Chef Erich Pichorner zum KURIER. "Es wird vielleicht ein paar Tausend Leute geben, für die der Bonus mitgenommen wird, aber es werden deswegen keine 160.000 Jobs geschaffen. Das kann ich mir nicht vorstellen."
Zusätzlichkeit?
Pichorner, der auch Sprecher der Personaldienstleister in der Wirtschaftskammer (WKO) ist, hält den für den Bonus vorgeschriebenen "Zuwachs an Beschäftigung" (Stichtagsregelung) für kaum darstellbar. Auf dem dynamischen österreichischen Arbeitsmarkt gebe es jedes Jahr riesige Umwälzungen, immerhin 1,7 Millionen Dienstverhältnisse werden neu begründet. "Wir haben allein bei Manpower pro Jahr 6000 bis 7000 Neueinstellungen bei einem Beschäftigtenstand von rund 3000", erläutert Pichorner. "Wir rekrutieren auch gar nicht nach eigenem Bedarf, sondern jenem in einer bestimmten Region oder Industrie." Darunter sind freilich auch viele kurzfristige Einsätze oder geringfügige Beschäftigung, etwa Studentenjobs. Was gilt also als zusätzlicher Arbeitsplatz?
"So wie das Ganze aussieht wird das Prozedere sehr bürokratisch werden. Das schaut nach fünf Seiten Förderkriterien aus", so der Manpower-Chef.
Ausländerbremse
Nicht nachvollziehbar ist für Pichorner die Exklusivität des Bonus für schon in Österreich arbeitende bzw. ausgebildete Menschen. "Die Unternehmen suchen doch nicht nach bestimmten Personen, sondern nach Qualifikationen." Keine Firma stelle einen schlecht qualifizierten Arbeitslosen ein, nur weil er als Österreicher gefördert wird. Höchstens bei gleich gut Qualifizierten könne der Bonus den Ausschlag geben.
Von den im Vorjahr beschäftigten 70.000 Leiharbeitern in Österreich hatten laut Statistik rund 20.000 einen ausländischen Pass. Die Hälfte davon kam aus Ungarn oder Deutschland. Ob sie zuvor schon in Österreich waren, wurde nicht erfasst.
Für die heimische Ferienhotellerie wird der Bonus durch die Auflagen gar zum Malus gegenüber andere Branchen. Sie rekrutieren ihre Fachkräfte längst international, der Ausländeranteil unter den Beschäftigten ist daher höher. "Die Lohnnebenkostensenkung wurde so konstruiert, dass Hotels davon nicht profitieren", meint Martin Stanits, Sprecher der Österreichischen Hoteliersvereinigung (ÖHV). Die Job-Maßnahme komme in erster Linie Start-ups und Industriebetrieben im Technologiebereich zugute, während sie für Saisonbetriebe im Tourismus wegen der sechs Monate Mindestbeschäftigungsdauer "völlig sinnlos" sei. Die Arbeitslosigkeit werde dadurch nicht gesenkt.
Die Förderrichtlinien für den Bonus werden in den nächsten Wochen festgelegt. Die Abwicklung erfolgt über die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) oder die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT). Für Kontrollen sollen sie auf Prüf-Ergebnisse von Finanz und Krankenkassen (GPLA-Prüfungen) zurückgreifen dürfen.
Jänner-Hoch
Ende Jänner waren in Österreich 76.000 Menschen in der Zeitarbeitsbranche beschäftigt, ein Plus von 9,8 Prozent gegenüber Jänner 2016. Rund 18.000 davon waren Angestellte, 7200 geringfügig Beschäftigte. Zugleich waren 41.500 arbeitslos gemeldet (-2,2 Prozent).
Industrie voran
Im Jahresdurchschnitt 2016 gab es 69.000 Leiharbeiter in Österreich, um 2,3 Prozent mehr als 2015, aber vier Prozent weniger als 2014. Kaum Veränderungen gibt es nach den Branchen: Etwa 40 Prozent entfallen auf die Industrie, gefolgt von Gewerbe und Handwerk mit 30 Prozent und Handel bzw. Transport/Verkehr mit 14 Prozent. Der kollektivvertragliche Mindestlohn in der Arbeitskräfteüberlassung beträgt seit Jänner 1556,82 Euro.
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