Männliche Küken bleiben in Bio-Legebetrieben am Leben

Männliche Küken werden aus Kostengründen oft gleich nach dem Schlüpfen entsorgt
Männliche Küken werden ab 2016 aufgezogen. Zumindest jene von Bio-Legebetrieben.

Schlüpft ein männliches Küken, ist das für den Produktionsbetrieb vor allem eines: Ein schlechtes Geschäft. Legehenne kann aus dem Tier keine werden, zudem frisst es mehr als seine weiblichen Geschwister und ist damit auch in der Fleischproduktion teurer. Da ist es billiger, es gleich zu entsorgen, so die oft kritisierte Rechnung. Im Vorjahr wurden 9,4 Millionen männliche Küken gleich nach dem Schlupf umgebracht – allein in Österreich. Tierschützer verbuchen jetzt einen Teilerfolg.

„Die zwei großen Brütereien, der Biodachverband und der Lebensmitteleinzelhandel haben sich darauf geeinigt, die männlichen Küken der Bioeier-Produktion aufzuziehen“, sagt Heli Dungler, Präsident der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Damit werden ab 2016 jährlich rund 500.000 Bio-Hahnküken am Leben bleiben. Zumindest für rund neun Wochen, dann wiegen sie rund einen Kilo und haben ihr Schlachtgewicht erreicht. Sie landen kurz danach im Hackfleisch für Burger, in Würsteln oder in der Suppe.

Ei oder Hendl?

„Diese Hähne werden nie ein Brathendl werden“, sagt Manfred Söllradl. Der Geschäftsführer der Schlierbacher Geflügel-GmbH hat das Projekt mitentwickelt und erklärt, dass Zweinutzungsrassen eingesetzt werden. Das heißt, die Tiere können für die Fleisch- und Eierproduktion eingesetzt werden. In Hochleistungsställen sind die Tiere längst in eine Richtung getrimmt.

Legehennen sind zierlicher, das Futter soll nicht auf die Brust, sondern aufs Ei gehen. Muss es auch, schließlich werden von dem Tier jährlich 320 Eier erwartet – früher waren Bauern mit 200 zufrieden. Masthendln sind dagegen auf das schnelle Ansetzen von Fleisch gezüchtet. In beiden Fällen geht es aus unternehmerischer Sicht um den optimalen Einsatz der Futterkosten – da macht Bio keine Ausnahme. Mit der Kritik an der Vernichtung von männlichen Küken stieg zuletzt aber wieder das Interesse an Zweinutzungshühnern – vor allem im deutschsprachigen Raum. Mit der jetzt von Tierschützern durchgesetzten Einigung ab 2016 übernimmt Österreich eine Vorreiterrolle.

Ob Konsumenten künftig mehr für Bio-Eier zahlen müssen, ist noch offen. Branchenkenner gehen davon aus, dass die Packungen je nach Größe um 20, 30 Cent teurer werden – schließlich steigen die Produktionskosten. Noch teuerer wäre es allerdings, das Geschlecht der Tiere schon im Ei festzustellen und dann zu entscheiden, ob es ausgebrütet wird oder nicht. Technisch wäre das schon möglich, bezahlen will das aber niemand.

Freilandeier-Pionier Toni Hubmann bezeichnet die neue Einigung als wichtigen Schritt. Er hat vor 4 Jahren ein Junghahn-Projekt gestartet, bei dem die Tiere bis zu 120 Tage leben. „Im Vorjahr hatten wir 9000 Junghähne, heuer bauen wir auf 12.000 aus“, sagt er. Geliefert werden diese an Merkur und an die Spitzengastronomie.

Intensivtierhaltung: Bauern töten Jungbullen

Die Spezialisierung macht auch nicht vor Kuhställen halt: Früher wurden Kühe für die Milch- und Fleischproduktion gehalten, heute werden sie zu Höchstleistungen in einer der beiden Richtungen hochgezüchtet. Deshalb zahlt es sich kaum mehr aus, männliche Kälber der Milchrassen zu mästen, prangern Tierschützer an. Landwirte in Deutschland und Dänemark lassen Bullenkälber mitunter lieber sterben, als sie teuer aufzuziehen und dann zu Spottpreisen zu verkaufen, berichtete jüngst Der Spiegel. In Australien sei das völlig legal, heißt es in dem Bericht: „Jedes Jahr werden dort rund 700.000 Bullenkälber aus Milchbetrieben im Alter von fünf Tagen geschlachtet oder in abgelegenen Gegenden direkt nach der Geburt erschlagen.“ Als Lösung wird gesextes Sperma angepriesen, das allerdings eine schlechtere Qualität hat und daher kein Verkaufsschlager ist, heißt es.

Leistungsdruck steigtIn Österreich herrschen im Vergleich zur industriellen Landwirtschaft anderer Länder noch idyllische Zustände. Während Kühe in deutschen Ställen laut Statistik 8400 Kilogramm Milch im Jahr abliefern, sind es in Österreich durchschnittlich 6500 Kilogramm. Allerdings zeigt die Produktionskurve nach oben. Im Jahr 2010 hat eine Kuh in Österreich noch durchschnittlich 6100 Kilogramm Milch gegeben. Die Leistung ist vor allem vom Futter und der Züchtung abhängig.

Österreichweit werden 534.000 Milchkühe (+1,7 Prozent) gehalten, die im Vorjahr 3,49 Millionen Tonnen Rohmilch (+3 Prozent) produziert haben, teilte die Statistik Austria mit.

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