Lufthansa: "Jetzt jede Woche Streiks möglich"

Ein Pilot der Lufhansa.
Piloten streiken am Dienstag und Mittwoch ganztägig - Gewerkschaft bekämpft Billig-Schiene Eurowings mit Zentrale in Wien.

Schon wieder. Pünktlich zum Ferienende streiken die 5400 Piloten der Lufthansa zum 13. Mal. Betroffen sind alle Langstreckenflüge (ausgenommen die Frachtflüge) ab Dienstag acht Uhr bis Mitternacht. Die Lufthansa hofft, den Großteil der Passagiere auf die Tochter-Airlines Swiss, AUA und Brussels sowie auf konzernfremde Fluggesellschaft umzubuchen.

Doch das ist noch nicht alles. Am Mittwoch geht der Ausstand weiter – dann ganztägig auf den Kurz- und Mittelstrecken.Die konkreten Auswirkungen dieses zusätzlichen Streiktages blieben zunächst offen. Lufthansa plant täglich rund 1500 Flüge, die Masse davon entfällt auf die Kurz- und Mittelstrecken. Es seien jetzt jede Woche neue Streiks möglich, warnte ein Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit am Montagabend.

Seit April 2014 kosteten die Arbeitskämpfe Europas größten Luftfahrt-Konzern rund 300 Millionen Euro. Der 13. Streik wird besonders teuer, Langstreckenflüge sind wesentlich lukrativer als Kurz- und Mittelstrecken.

Grundsätzlich geht es zwischen Lufthansa-Boss Carsten Spohr und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit um die Pensions- und Vorruhestandsregelungen. Wegen der niedrigen Zinsen musste die Lufthansa die Rückstellungen für die Pilotenpensionen zuletzt um 50 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro aufstocken.

Eurowings: Europa-Zentrale in Wien

Im Hintergrund schwelte allerdings längst ein weiterer Konflikt. Spohr will mit der Marke Eurowings eine konzerninterne Billig-Schiene aufbauen. Nur so könne Europas größter Airline-Konzern der Konkurrenz der Low-Cost-Carrier und den Überfliegern aus den Golfstaaten Paroli bieten.

Die Europa-Zentrale von Eurowings wurde kürzlich in Wien gegründet. Ab dem Spätherbst werden vorläufig zwei Eurowings-Maschinen in Wien-Schwechat stationiert und mit AUA-Crews geflogen. Österreich könnte als Billig-Standort weiter ausgebaut werden, kündigte Spohr vergangene Woche in Wien an.

Das Gehaltsgefälle zwischen Lufthansa, Eurowings und AUA ist groß. Das Einstiegsgehalt eines Eurowings-Co-Piloten liegt mit rund 44.000 Euro um 21.000 Euro unter den Lufthansa-Gagen. Der neue AUA-Kollektivvertrag für Kapitäne ist teilweise noch kostengünstiger als das Eurowings-Lohnschema. Ein Kapitän bei der Lufthansa beginnt mit 136.000 Grundgehalt, bei Eurowings mit 78.000 Euro und bei der AUA mit 75.000 Euro.

Gewerkschaft: "Hoher wirtschaftlicher Schaden"

Die Vereinigung Cockpit (VC) begründet den Streik damit, dass die Lufthansa den Ausbau von Eurowings während der Verhandlungen mit der Gewerkschaft nicht auf Eis legen wollte.

Die Lufthansa sagte für Dienstag 84 Langstrecken-Flüge ab. 90 Überseeflüge sowie die Frachtflüge können hingegen durchgeführt werden. Es kommt für die Passagiere aber noch schlimmer. Die Pilotengewerkschaft hat sich vorbehalten, den aktuellen Streik möglicherweise zeitlich und auf andere Bereiche (Kurz- und Mittelstrecke) auszuweiten. Man werde Aktionen jeweils einen Tag vorher ankündigen. "Es geht bei einem Streik schließlich darum, mit einem hohen wirtschaftlichen Schaden Eindruck beim Gegenüber zu hinterlassen", betonte VC-Sprecher Markus Wahl.

Die Auswirkungen auf den Flughafen Wien seien noch nicht absehbar, hieß es dort. Flughafen-Pressesprecher Peter Kleemann riet dazu, sich rechtzeitig bei der Airline zu erkundigen.

Passagiere: Bei Streiks wenig Rechte.

Die Airlines stufen Streiks ebenso wie schlechtes Wetter als außergewöhnlichen Umstand ein. Daher gibt es für die Passagiere keine Entschädigungszahlungen.
Der Kunde kann einen Flug, der streikbedingt gecancelt wird, stornieren. Nur in diesem Fall bekommt er sein Geld zurück. Wer trotzdem fliegen will, hat Anspruch auf einen späteren Flug oder eine Umbuchung – das kann allerdings dauern. Bei einer Flugstrecke ab 3500 Kilometern und mehr als vier Stunden Verspätung haben die Kunden Anspruch auf Betreuung – Telefonate, Getränke, Mahlzeiten und allenfalls eine Hotelübernachtung.

Erster Ansprechpartner ist die Airline, bei Pauschalreisen der Reiseveranstalter. Wer eine Mobil-Nummer bei der Buchung angegeben hat, wird per SMS laufend von der Lufthansa informiert.

Die Welt über den Wolken hat sich verändert, auch wenn das die 5400 Piloten der Lufthansa nicht wahrhaben wollen. Die Kunden sind nicht mehr bereit, die hohen Gehälter und die großzügige Altersversorgung zu bezahlen. Streik ist ein legitimes Recht von Arbeitnehmern. Doch Gewerkschaft und Piloten haben das Augenmaß verloren. Dass sich jetzt schon die Flugbegleiter wegen der Streiks um ihre Arbeitsplätze sorgen, sollte den abgehobenen Herrschaften im Cockpit zu denken geben.

Mit ihrem derzeitigen Geschäftsmodell hat die Lufthansa auf Dauer keine Chancen gegen die staatlichen Konkurrenten aus den Emiraten und die Low-Cost-Airlines. Die AUA-Mutter braucht dringend ein Billig-Standbein. Außerdem geht es nicht nur um den direkten Schaden durch die Streiks. Die Piloten ruinieren kontinuierlich und vorsätzlich das Image als zuverlässige Netzwerk-Airline. Viele Passagiere werden sich künftig drei Mal überlegen, Lufthansa zu buchen.

Emirates, Ryanair und Co. können gelassen zuschauen, wie eine privilegierte Berufsgruppe die Zukunft von Europas größtem Luftfahrtkonzern gefährdet.

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