Hochleistungshennen für die Welt
KURIER: Sie haben gerade in fünfjähriger Entwicklungszeit ein Zweinutzungshuhn gezüchtet. Also ein Huhn, das Eier legen und gegessen werden kann. Klingt banal.
Rudolf Preisinger: Ist es nicht, weil das zwei ganz unterschiedliche Dinge sind. Seit dem Zweiten Weltkrieg werden Rassen für die Ei- und andere Rassen für die Fleischproduktion gezüchtet.
Was macht den Erfolg ihrer Legehennen-Zucht aus?
Masthühner sollen in kurzer Zeit viel Fleisch ansetzen, vor allem im Brustbereich. Legehennen sind zierlicher, das Futter soll nicht auf die Brust, sondern aufs Ei gehen. Da geht es auch um die Futterkosten für den Bauern, die sich mit 70 Prozent in der Kalkulation niederschlagen. Vor 40 Jahren hat man mit 300 Gramm Futter pro Ei kalkuliert, mit unseren heutigen Züchtungen sind wir bei 150 Gramm pro Ei. Früher haben Hennen 200 Eier im Jahr gelegt, unsere Züchtungen legen heute 320. Ein Erfolg unserer Züchtungen ist, dass die Schale der Eier sehr stabil ist.
Weniger Futter, weniger Kosten, mehr Gewinn ...
In den USA beliefern wir Unternehmen mit mehr als zehn Millionen Legehennen. Wenn da jede Henne ein Ei mehr im Jahr legt, sind das zehn Millionen Eier im Jahr mehr. Da geht es für den Landwirt schon um Beträge.
Tierschützer kritisieren immer schärfer, dass männliche Küken gleich nach der Geburt aus wirtschaftlichen Gründen umgebracht werden. Gibt es dafür auch eine Lösung?
Ein männliches Küken aufzuziehen ist teuer. Nicht nur, weil es naturgemäß keine Eier legt, sondern auch, weil es mehr frisst und weniger schnell Fleisch ansetzt. In zwei, drei Jahren wird es möglich sein, das Geschlecht schon im Ei zu bestimmen. Im Labor ist das schon jetzt möglich, allerdings erst ab den 10. Tag und die Bestimmung kostet rund 30 Cent pro Ei.
Wie stehen die Chancen für das Zweinutzunghuhn?
Das ist von Land zu Land unterschiedlich, die Holländer sind zum Beispiel gänzlich dagegen. Im deutschsprachigen Raum ist das Interesse am größten.
Und in der Biolandwirtschaft, oder?
Prinzipiell ja. Aber die Züchtung muss noch wirtschaftlicher werden. Derzeit legen die Zweinutzungshennen mindestens 65 Eier weniger im Jahr als unsere Hochleistungshennen, aber gleichzeitig fressen sie mehr. Das heißt die Eiproduktion ist bis zu 40 Prozent teurer. Und das Zweinutzungshuhn setzt weniger schnell Fleisch an. Nach 56 Tagen wiegt es 2,3 Kilogramm, ein Masthähnchen wiegt zu der Zeit schon 3,2 Kilogramm. Da muss man realistisch sein. Das heißt, der Bauer verdient weniger und verliert schnell die Freude daran.
Jedes dritte Ei auf der Welt hat ihren Ursprung in der Firma Lohmann, heißt es. Wie funktioniert eigentlich Ihr Geschäft?
Wir liefern die Zuchttiere, das heißt, die Elterntiere der Legehennen, an die Brütereien. Und zwar im Verhältnis 1:10, das heißt einen Hahn für zehn Hennen.
Und wie erfolgt die Lieferung?
Die frisch geschlüpften Küken werden verschickt. In den ersten 24 Stunden brauchen sie von Natur aus keine Nahrung, bis zu 60 Stunden nach dem Schlüpfen darf man sie verschicken.
Und wie werden Sie verschickt?
Wenn ein Kunde aus Japan anruft und sagt, er braucht am 21. Mai 20.000 Küken, buchen wir in einem Flugzeug, dass am 21. Mai in Japan landet, Plätze für 20.000 Küken und sorgen dafür, dass sie am Abflugtag in der Früh schlüpfen. Das heißt, 21 Tage vor Abflug kommen die Eier in die Brutstation.
Klingt nach hohen Transportkosten ...
Die Kosten hängen natürlich von der Destination ab. Nach Japan etwa 1,10 Euro pro Küken, nach Algerien etwa 50 Cent pro Stück.
Eier von Lohmann-Hennen gibt es in mehr als hundert Ländern. Gleicht eines dem anderen?
Nein. Die größten Eier wollen die Kunden in Israel – dort sollen die Eier um mindestens zehn Gramm schwerer sein als in Österreich. In Indien und Mexiko wollen sie kleine, weiße Eier haben. In Persien sind nur weiße Eier gefragt, im Nachbarland Irak dagegen nur braune.
Wie groß ist ihr Vertriebsteam?
Wir haben nur 15 Leute im Vertrieb, weil der Markt sehr konzentriert ist. Große Länder wie die USA haben keine 20 Brütereien, kleine Länder wie Finnland oder Norwegen nur eine einzige. In Österreich beliefern wir zwei Brütereien. Acht von zehn Legehennen in Österreich kommen von uns.
Wer sind eigentlich Ihre Konkurrenten?
Im Wesentlichen insgesamt drei Züchter aus Frankreich, Holland und den USA und dann vielleicht noch ein ungarisches Unternehmen, das aber vergleichsweise klein ist. Wir teilen uns 90 Prozent des Weltmarktes.
Der gebürtige Bayer ist seit 1998 Geschäftsführer und Chefgenetiker der Lohmann Tierzucht GmbH. Er hat Landwirtschaft studiert und seine Doktorarbeit und Habilitation über Rinderzucht geschrieben. Preisinger ist auch Professor an der Christian-Albrecht-Universität in Kiel.
Lohmann Tierzucht
Der Familienbetrieb hat einen Jahresumsatz von 60 Millionen Euro, 15 Prozent davon fließen in die Forschung und Entwicklung. Das Unternehmen beschäftigt 200 Mitarbeiter und ist laut eigenen Angaben der weltweit größte Züchter von Legehennen mit Abnehmern in mehr als 100 Ländern. Am Stammsitz in Cuxhaven schlüpfen jährlich sechs Millionen Tiere. Um das Risiko im Fall von Krankheiten zu streuen, hat Lohmann auch Standorte in Kanada, Brasilien und Japan.
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