Lidl verpasst sich Österreich-Anstrich

Will mit regionalen Produkten punkten: Lidl-Österreich-Chef Schug
Der Diskonter setzt auf die verbliebenen Wachstumsfelder der Branche – Regionalität und Fertigprodukte.

Eines vorweg: Der Markt für Lebensmittel ist gesättigt. Dennoch steigen die Branchenumsätze Jahr für Jahr. Das Wachstum spielt sich vor allem in drei Bereichen ab: Bio, Regionalität und Convenience, also dem Geschäft mit essfertigen Produkten, bestätigt auch Christian Schug, seit Oktober Chef von Lidl Österreich.

Im Vorjahr hat der deutsche Diskonter seinen Österreich-Umsatz um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Euro ausgebaut, dieses Jahr soll das Plus mindestens so hoch ausfallen. Schug: "Wir eröffnen heuer acht neue Filialen, im Vorjahr sind nur drei neue dazugekommen." Die Zahl der übernommenen Zielpunkt-Märkte hält sich in Grenzen. Viele seien mit 500 Quadratmetern schlicht zu klein für Lidl.

Zielpunkt-Übernahmen

Dazu kommt, dass nur die Mietverhältnisse übernommen wurden, sprich erst mit den Eigentümern der Immobilien über etwaige Umbauten verhandelt werden muss. Schug: "Ich schätze, dass wir drei oder vier ehemalige Zielpunkt-Filialen neu eröffnen werden, abhängig davon, ob wir die nötigen Genehmigungen bekommen." Viele ehemalige Zielpunkt-Standorte sind veraltet, es wurde über Jahre nichts investiert.

Lidl ist erst 1998 in Österreich gestartet und hat seitdem ein Filialnetz mit aktuell 200 Standorten und rund 4500 Mitarbeitern aufgezogen. Erst nach und nach wurde ein Lieferanten-Netzwerk in Österreich aufgebaut. "Der Österreich-Anteil hat sich in den vergangenen zehn Jahren sicher verdoppelt. Mittlerweile kommt mehr als ein Drittel unseres Sortiments von österreichischen Lieferanten", sagt Schug.

Lieferanten expandieren mit

Einige der Hersteller expandieren mittlerweile mit Lidl ins Ausland. "Im Vorjahr haben wir mehr als vier Millionen Flaschen Wein, 500 Tonnen Wurst und 1500 Tonnen Käse aus Österreich in europäische Lidl-Filialen gebracht", ist Schug stolz. Gefragt sind Lebensmittel Made in Austria vor allem bei Österreich-Urlaubern, also in Deutschland oder den Niederlanden. Lidl fährt in diesen Ländern sogenannte "Alpen-Wochen", in denen Produkte von rund 50 österreichischen Lieferanten, darunter Radatz, Wiesbauer oder Handl Tyrol, angeboten werden. Was sich bewährt, schafft es mit Glück auch außerhalb dieser Aktionswochen in Lidl-Märkte, von denen es mehr als 10.000 in 26 Ländern gibt. Mit einem Umsatz von 59 Milliarden Euro ist der Diskonter mit Sitz in Neckarsulm sogar größer als Rivale Aldi. Die Expansion wird weiter voran getrieben – 2018 soll der Markteintritt in den USA erfolgen.

Fix & fertig

Wohin der Trend in den Lebensmittelmärkten geht, zeigen Länder wie die USA oder Großbritannien: Mittlerweile gibt es große Abteilungen mit vorgeschnittenen Obst und Gemüse, also Waren, die entweder essfertig oder zumindest kochfertig sind. Nach Einschätzung von Schug wird sich auch Österreich in diese Richtung entwickeln. "Uns beschäftigen derzeit Snackartikel, von der Pizzaschnitte bis zum Schinken-Käse-Croissant." Seit 2010 hat Lidl seine Backshops ausgebaut und damit die Konkurrenz vor sich hergetrieben; Konkurrent Hofer zog etwas zeitverzögert nach.

In unsicheren Zeiten wollen die Menschen zumindest mit Sicherheit wissen, woher das Essen auf ihren Tellern kommt, erklären Marktforscher den Regionalitätstrend. Händler reagieren – auch weil Konsumenten für Regionales gerne mehr bezahlen.

Spar-Chef Gerhard Drexel will den Eigenversorgungsgrad von Tomaten und Paprika bei Spar von 50 auf 70 Prozent steigern. Die Firma Frutura plant dafür ein 27 Hektar großes Glashausprojekt in die steirische Thermenregion, das exklusiv an Spar liefern soll. Aufgrund von Anrainerprotesten startete Frutura vorerst im kleineren Stil – auf 4,3 Hektar. Währenddessen hat in Niederösterreich auf 80.000 Quadratmetern ein Tomatenhaus den Betrieb aufgenommen. Bis zu 17 Stunden am Tag leuchten dort Wachstumslampen, etwa 300.000 Pflanzen sorgen dafür, dass es genügend Nachschub gibt – und zwar exklusiv für Rewe (Billa, Merkur). Wöchentlich werden bis zu 100 Tonnen aus dem Glashaus gekarrt.

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