LGBTI in Wien: Warum Vielfalt besser fürs Geschäft ist

Zebrastreifen zwischen Wiens Burgtheater und Rathaus (vor dem Life-Ball 2019)
Thema Diversität bei der fünften „East-meets-West“-Konferenz: Ökonomisch ist die Bilanz klar positiv, politisch durchwachsen.

LGBTI … wie bitte? Er habe ein wenig gebraucht, um sich das Kürzel richtig zu merken, gestand Hannes Mösenbacher, Risikovorstand der Raiffeisen Bank International (RBI), am Freitag bei der 5. „East-meets-West“-Konferenz in Wien.

LGBTI steht auf Deutsch für „Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transgender und Intersexuell“. Fallweise wird das Akronym um weitere Buchstaben – wie Q (Queer) – erweitert. Nichtwissen ist keine Schande, Ignoranz schon.

Um den Austausch über LGBTI-Themen im Geschäftsleben zu ermöglichen, hatten zwei engagierte Raiffeisen-Mitarbeiter, Ludo Swinnen und Pavel Šubrt, die Initiative 2013 ins Leben gerufen. Am Freitag waren 130 Teilnehmer aus 28 Ländern in Wien versammelt, terminlich parallel zur EuroPride Vienna und zur Regenbogen-Parade am Samstag.

Mehr als deutsches BIP

Aber was hat Diversität mit der Geschäftswelt zu tun? Eine Menge, wie die Organisation „Open for Business“ aufzeigen will.

Eine Unternehmenskultur, die aufgeschlossen für Minderheiten in jeder bunten Ausprägung ist, sei keine politische, kulturelle oder ideologische Entscheidung, sagte Plattform-Gründer Jon Miller. Es sei eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft.

Statistiken belegen, dass in Ländern mit hoher gleichgeschlechtlicher Akzeptanz die Wettbewerbsfähigkeit höher und Korruption geringer ist.

Die weltweite LGBTI-Community verfügt zudem laut Credit Suisse über 3,7 Billionen US-Dollar Kaufkraft – das ist mehr als die deutsche Wirtschaftsleistung (BIP).

Und an den Börsen schneiden jene 275 Unternehmen, die beim Diversitätsindex alle Punkte erreichen, besser ab als der Weltaktienindex MSCI.

Diskriminiert im Alltag

Die politische Bilanz fällt freilich nicht überall so eindeutig positiv aus. In Armenien gebe es weiterhin keine Anti-Diskriminierungsgesetze, erzählte Mamikon Hovsepyan, Menschenrechtsaktivist von Pink Armenia. Homosexuelle, die Opfer von Verbrechen wurden, müssten befürchten, von der Polizei abermals diskriminiert zu werden.

Rasante politische Fortschritte gibt es in Nordmazedonien. „Ich weiß auch nicht, was da schief läuft“, scherzte Aktivist Stefan Perovski (Subversive Front) – „bin aber unheimlich froh darüber“. Soeben wurden Anti-Diskriminierungs- und liberalere Abtreibungsgesetze beschlossen. Erstmals findet in Skopje heuer eine EuroPride-Parade statt.

Homophobie in Schweden

In den vermeintlich fortschrittlichsten Ländern steht indes nicht alles zum Besten. Selbst in Schweden, wo die Politik und Großstädte äußerst engagiert sind, werde in kleineren Städten von Rechtsradikalen vermehrt Jagd auf Schwulen-Aktivisten gemacht. Die Polizei sei damit überfordert und habe diesen empfohlen, ihren Aufenthaltsort auf Facebook und Co. besser zu verbergen, berichtete Alf Kjeller, Mitorganisator von EuroPride in Schweden.

Und in Deutschland würden just homosexuelle Politiker wie Jens Spahn (CDU) oder Alice Weidel (AfD) antifeministische oder homophobe Positionen vertreten. „Wir haben eine Politik, die spaltet und kleine Gruppen wirklich schwach dastehen lässt“, warnte Fabienne Stordiau (All Round Team). Die große Gefahr sei, die erreichte Toleranz für selbstverständlich zu halten.

Er sei als Jugendlicher in den 1960/’70ern aufgewachsen, sagte Ludo Swinnen: „Wir wollen uns nicht wieder fürchten müssen.“

Kommentare