Leise und klimaneutral: E-Lkw bestehen Praxistest

Leise und klimaneutral: E-Lkw bestehen Praxistest
Hohe Fahrzeugpreise stehen dem Umstieg noch im Weg.

Knapp 26 Millionen Fahrten führen Lastkraftwagen laut Statistik Austria innerhalb von Österreich jedes Jahr durch. Fast alle werden mit Diesel betrieben. Das ist nicht nur laut, sondern belastet die Umwelt. Deswegen testet die Firmenkooperation Council für nachhaltige Logistik (CNL) seit 2018 zusammen mit der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) den Einsatz von vollelektrischen Lkw.

„Das Ziel war, zu prüfen, ob sich der Betrieb im Sommer und Winter bewährt, ob die Reichweite ausreicht und ob die Fahrzeuge zuverlässig sind“, erklärt Werner Müller vom Institut für Verfahrens- und Energietechnik dem KURIER.

In das Projekt stiegen große Firmen wie Magna, Rewe, Spar und Stiegl ein. Noch bis September werden acht E-Lkw im Testbetrieb verschiedene Lieferrouten befahren. Bis zum 8. Juni legten die Fahrzeuge insgesamt 500.000 Kilometer zurück. Damit konnten sie auf den Teststrecken 350 Tonnen einsparen. Würde ausschließlich Ökostrom und nicht der durchschnittliche Strommix in Österreich verwendet, läge die Einsparung bei 522 Tonnen.

Lieferungen in der Region

Für den Test wurden die Fahrzeuge für verschiedene Szenarien eingesetzt. Verwendet wurden 26-Tonner, die für kürzere Strecken ausgelegt sind. Im Schnitt legten sie täglich 100 Kilometer zurück, ihre maximale Reichweite liegt bei 180 bis 200 Kilometer. Sie absolvierten unter anderem Filiallieferungen ins Einzelhandelsgeschäft, Regionallieferungen von Getränken und Shuttle-Lieferungen zwischen Fabriken. Müller zeigt sich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden: „Sie haben ihre Aufgabe erfüllt, die Reichweite ist für den Einsatzzweck ausreichend.“

„Kinderkrankheiten“ gebe es noch bei der Ladeinfrastruktur. Wird ein E-Lkw an eine Ladestation angeschlossen, werden Datenpakete übertragen. In einigen Fällen funktionierte die Interpretation dieser Daten aber nicht wie gewünscht. Dann unterbricht der Ladevorgang, der Lkw empfängt keinen Strom mehr. Müller fordert einen Ausbau und eine Standardisierung der verwendeten Schnittstellen: „Alle Arten von Lkw müssen mit allen Arten von Ladestationen problemlos umgehen können.“ Bei Flotten mit Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller könne sich der Betrieb sonst schwierig gestalten.

Hohe Fahrzeugpreise

Die guten Nachrichten für „Zero Emission Lieferzonen“ werden durch die hohen Preise für die elektrischen Trucks getrübt. Eigentlich würden die Firmen gern vollständig auf E-Lkw umsteigen, das Budget reicht aber nur für ein bis zwei Fahrzeuge. In einer Flotte, die zwischen 50 und 500 Fahrzeuge stark ist, wirkt das wie ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Damit ein umfassender Wandel stattfinden kann, müssen laut Müller die Rahmenbedingungen stimmen. Das ist aber eine Kostenfrage: „Solange E-Lkw deutlich teurer bleiben als Dieselfahrzeuge, wird auch die Ersparnis beim späteren Betrieb die anfänglichen Mehrkosten nicht decken. Die Firmen stehen ja in einem Wettbewerb.“ Würden die Preise nicht sinken, werde der großflächige Einsatz ausbleiben.

Die technische Entwicklung schreitet jedenfalls schnell voran. Große Lkw-Hersteller arbeiten bereits an Serienfahrzeugen, unter anderem die Münchner Firma MAN, an der VW beteiligt ist. Die Prototypen, die im CNL-Projekt verwendet wurden, waren Vorläufer von MANs „eTGM“. Die Serienvariante hat eine Reichweite von 190 Kilometern und wird mit zwölf 185-kWh-Batterien betrieben. Müller ist zuversichtlich, dass bis 2024 auch 40-Tonnen-Lkw mit Reichweiten von 400 Kilometern in Serie gehen können. „Die Fahrzeuge sind jetzt schon da. Nun bedarf es weiterer Förderung und Preissenkungen der Hersteller“, sagt Müller. So könnte der Güterverkehr nachhaltig verändert werden, um einen Beitrag zur Einhaltung der Pariser Klimaziele zu leisten.

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