Lebensmittelhandel: Fast ein Drittel arbeitet im Niedriglohnsektor

Eine Person wählt Spülmittel der Marken Clever und Fairy in einem Supermarktregal aus.
Arbeitsklima-Index zeigt hohe Unzufriedenheit mit dem Einkommen. Ruf nach sozial gestaffelter Gehaltserhöhung.

Der heimische Handel ist eine Frauen- und Teilzeitbranche. Besonders hoch ist der Anteil im Lebensmittelhandel. Dort sind von den 155.000 Beschäftigten zwei Drittel Frauen, 57 Prozent davon arbeiten in Teilzeit, geht aus einer Erhebung der L+R Sozialforschung hervor.

Ob der hohen Teilzeitquote seien im Lebensmitteleinzelhandel  (LEH) 32 Prozent der Beschäftigten dem so genannten Niedriglohnsektor zuzurechnen. Dies sind mehr als doppelt so viele wie  über alle Branchen mit 14 Prozent, so Nadja Bergmann von der L&R-Sozialforschung in einem Pressegespräch vom Wissenschaftsnetzwerk Diskurs. Von einem Niedriglohn spricht man dann, wenn das Einkommen unter zwei Dritteln (66,7 %) des nationalen Median-Bruttostundenlohns liegt.

Im Lebensmitteleinzelhandel lag der Bruttomonatslohn bei vollzeitbeschäftigten Frauen  2023 bei 34.178 Euro, bei Männern bei 38.781 Euro. Im Vergleich dazu: Bei allen ganzjährig vollzeitbeschäftigten Frauen über alle Branchen hinweg ist der entsprechende Betrag 47.154 und bei Männern 53.694 Euro, verweist Bergmann auf Zahlen der Statistik Austria. 

Sozial gestaffelte  KV-Erhöhung

Die Sozialforscherin spricht sich bei den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen für eine gestaffelte Gehaltserhöhung aus, also niedrigere Löhne stärker anzuheben. Auch sollten neue Aufgaben im Zusammenhang mit der Digitalisierung wie etwa die Betreuung von Selfservicekassen, Abwicklung der Rabattpickerl-Aktionen, in den Kollektivvertrag "hineinverhandelt" werden.

Auch Reinhard Raml von Institut für empirische Sozialforschung (IFES) spricht von einer hohen Gehaltsungleichheit ob der hohen Teilzeitquote und hält eine gestaffelte Anhebung für sinnvoll, „um im Niedriglohnbereich etwas zu tun“.

Hohe Unzufriedenheit mit dem Einkommen

Laut einer von IFES-Institut im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich durchgeführten Auswertung des Arbeitsklimaindex hat sich die Arbeitszufriedenheit im heimischen Handel seit der Corona-Pandemie noch verschlechtert. Mit einem Zufriedenheitswert von 64,2 Punkten liegt die Branche klar hinter der allgemeinen Zufriedenheit über alle Branchen  von 65,2 Punkte. Ab 70 Punkte sprechen die Forscher von einem guten Arbeitsklima.

Große Unzufriedenheit gibt es mit dem Einkommen. Nur 42 Prozent geben an, mit dem Einkommen gut leben zu können, während es über alle Branchen 56 Prozent sind. 

Mehr als ein Viertel will wechseln

Mehr als ein Viertel (27 Prozent) möchte Unternehmen oder Beruf wechseln. Der Prozentsatz ist zwar deutlich geringer als etwa in der Gastronomie sind es 37 Prozent, aber auch höher als in der Baubranche mit 19 Prozent.

Im Vergleich relativ zufrieden sind die befragten Teilzeitkräfte mit ihrer Arbeitszeit. Zwar wünscht sich jede/r Vierte eine Aufstockung der Arbeitszeit, die Mehrheit ist jedoch mit der aktuellen Lage zufrieden oder wünscht sich sogar eine weitere Reduzierung. Bei den Vollzeitbeschäftigten wollen mehr als die Hälfte weniger arbeiten, Mehrstunden können sich nur ganz wenige vorstellen. 

Handel-KV-Verhandlungen wieder am Montag

Die Kollektivvertrags-Verhandlungen gehen am kommenden Montag (24.11.) in die dritte Runde. Vergangenen Donnerstag in der zweiten KV-Rundel waren Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch weit voneinander entfernt. Erstere boten ein Gehaltsplus von 2,25 Prozent, Zweitere legten 2,9 Prozent auf den Tisch. Die den Verhandlungen zu Grunde liegende Jahresinflation beträgt 3 Prozent.

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