Ich will alles – und das sofort
Er heißt Hugo Hurtig, ist Key Account-Manager in Düsseldorf und hasst vor allem Eines: langes Warten. Für ein Geschäftsmeeting reist er kurzerhand nach Wien. Um keine Zeit zu verlieren, erledigt er alles von seinem Tablet-PC aus. Den Flug nach Wien und zurück suchte er über checkfelix.com aus.
Die vom Kärntner Eventmanager Hannes Jagerhofer gegründete Flugsuchmaschine wurde 2011 vom US-Anbieter Kayak geschluckt, der wiederum ein Jahr später vom US-Reiseportal Priceline (booking.com) übernommen wurde.
Hugo vermeidet Hotelzimmer, er hat es lieber ungezwungen-komfortabel. Kein Problem. Rasch verfügbare Unterkünfte aller Art findet er auf airbnb.com. Ein Design-Apartment im 7. Bezirk für 94 Euro pro Nacht trifft seinen Geschmack.
Airbnb, das 2008 in Kalifornien gegründete Quartiervermittlungs-Portal, profitiert vom Trend zur Kurzzeitvermietung und zählt zu den am stärksten wachsenden Plattformen im Internet. Mehr als 350.000 Gästezimmer in 34.000 Städten stehen zur Auswahl – oft sehr zum Ärger der lokalen Hotels. Einer der Investoren ist Amazon-Boss Jeff Bezos. Gründer Nathan Blecharczyk ist heute Multimillionär.
Mietauto
Am Flughafen angekommen, steigt Hugo in ein Mietauto von car2go.at. Die Vorreservierung hat er bereits in Deutschland erledigt, der Carsharing-Anbieter gehört zum Daimler-Konzern, der zunehmend auf Mobilitätsdienste setzt. Die Zahl der Menschen, die ein Auto nur stundenweise mieten, steigt stetig: Daimler will daher sein Carsharing-Angebot Mitte 2014 mit den Flinkster-Autos der Deutschen Bahn verknüpfen und so in Deutschland auf ein nahezu flächendeckendes Netz mit mehr als 6600 Autos kommen. In Wien verhandelt Car2Go mit den Wiener Linien über eine eigene Kombikarte aus Öffi und Mietauto. Bisher verdienen die Stuttgarter mit Car2Go noch kein Geld – 2015 wollen sie profitabel sein.
Hugo ist im 7. Bezirk in seinem Apartment angekommen und möchte am Abend mit einem Kollegen fein essen gehen. Es ist aber schon 17 Uhr. Wo bekommt er jetzt noch einen freien Tisch in einem angesagten Lokal? Er muss dafür nicht zum Hörer greifen, auf delinski.at wird ihm ein breites Angebot serviert. Das Wiener Start-up bietet so etwas wie eine Restplatzbörse für frei gebliebene Tische in Wiener und Grazer Restaurants. 129 Restaurants melden ihre freien Kapazitäten an die Plattform. Für 5 Euro Reservierungsgebühr bekommen Schnellentschlossene einen Tisch – und auch gleich einen Rabatt von 30 Prozent auf die Gesamtrechnung – wobei es Ausnahmen gibt, etwa für Mittagsmenüs oder teure Weine.
Der Tisch für 19 Uhr ist bestellt, da geht sich noch ein Friseurbesuch aus. Auf der resthaarboerse.com sind Last-minute-Kunden wie Hugo willkommen. Auf der Restplatzbörse für Friseure können Termine zum verbilligten Preis online gebucht werden. Das Portal wurde im Oktober 2013 vom Niederösterreicher Laurenz Gröbner gegründet. 30 Friseure, die meisten in Wien, bieten Damen- oder Herrenservice um 20 bis 50 Prozent verbilligt an. Darunter auch bekannte Namen wie Hairdesign Petritsch. Bei den vergünstigten Restplätzen handelt es sich – wie auch bei den Restaurants – entweder um Randzeiten oder um ausgefallene Vorbestellungen. 2000 Restplätze hat Gröbner bereits vermittelt, das Angebot wird laufend erweitert, bald schon kommen die Landeshauptstädte sowie München dazu.
Nach dem Lokalbesuch lädt Hugo Hurtig zu später Stunde seinen Kollegen noch in sein Apartment. Weil es dort keine Getränke gibt, ordert er über bierher.at – der Hauszusteller liefert bis zwei Uhr morgens.
Die Welt dreht sich immer schneller – zumindest jene der Smartphonebesitzer. „Nowismus“ lautet das Motto – das heißt soviel wie „ich will alles und das sofort“. Derzeit sind weltweit rund eine Milliarde Smartphones im Umlauf, diese Zahl soll sich laut Schätzungen binnen eines Jahres verdoppeln.
Dahmen macht „sharing“, das Teilen, als Trend aus. Früher hätte man Verfügbarkeit mit Besitz gleichgestellt – und deswegen zum Beispiel Schallplatten gekauft. Heute gehe es mehr um Verfügbarkeit als um Besitz. Autos werden verstärkt geliehen, die eigene Wohnung im Urlaub vermietet und Musik via Smartphone gestreamt.
Auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft ist Schweden wohl am weitesten. Selbst für Kleinstbeträge werden Karte oder Handy gezückt. Zum Teil auch erzwungen, weil gar kein Bargeld mehr akzeptiert wird. Fast ein Drittel der Bankfilialen geben kein Bargeld mehr aus und nehmen auch keines mehr an. Ohne Banknoten werde Schattenwirtschaft und Kriminalität erschwert, lautet die Argumentation. Bankraub, Überfälle auf Läden – sinnlos, wenn kein Bargeld da ist.
Klingt einleuchtend. Was bei der Vision von der schönen neuen Scheinlos-Welt allerdings vergessen wird, sind die vielen Gefahren und Nachteile, die lauern. Alternde Gesellschaften wie auch die österreichische sind längst nicht darauf vorbereitet, nur noch mit eGeld zu leben. Sie kennen sicher auch ältere Verwandte oder Bekannte, die sich Plastikkarten oder Smartphones verweigern. Was sollen die tun, wenn es die Pension nur noch virtuell gibt? Aber selbst wenn wir es schaffen, die Älteren von den Vorteilen der Bargeldlosigkeit zu überzeugen. Es kann doch niemand glauben, dass es in der Karten-Gesellschaft weniger Kriminalität gibt. Dann werden halt nicht Geldtaschen, sondern Online-Daten geklaut. Im ärgsten Fall die gesamte Identität. Und in Zeiten von Edward Snowdens Enthüllungen stellt sich auch die Frage, was noch alles ausspioniert werden kann, wenn sämtliche Zahlungen nachvollziehbar sind. Für eine bargeldlose Welt sind Sicherheitsmaßnahmen und Datenschutz noch viel zu löchrig.
Kommentare